Skip to main content

Prodrug

Verfasst von: T. Arndt
Prodrug
Englischer Begriff
prodrug
Definition
Originär nicht oder wenig pharmakologisch wirksamer Stoff, der erst im Organismus in einen pharmakologisch wirksamen oder stärker wirksamen Metaboliten umgewandelt wird.
Beschreibung
Pharmaka werden gewöhnlich durch sog. Phase-I- und Phase-II-Reaktionen biotransformiert.
Phase-I-Reaktionen sind Funktionalisierungsreaktionen, durch die funktionelle Gruppen in das Molekül eingeführt (z. B. Hydroxylierung) oder in diesem freigelegt (z. B. Demethylierung) werden. Es handelt sich hierbei um Oxidations-, Reduktions-, Hydrolyse- und Hydratisierungsreaktionen. Beispiele sind Hydroxylierung von Risperidon zu 9-OH-Risperidon und die Demethylierung von Codein zu Morphin.
Phase-II-Reaktionen sind Konjugationsreaktionen, in denen polare Gruppen des Pharmakonmoleküls mit sehr polaren, negativ geladenen, endogenen Gruppen gekoppelt werden. Die entstehenden Konjugate sind sehr polar, sehr gut wasserlöslich und dadurch gut nierengängig. Typische Phase-II-Reaktionen sind Glukuronidierung, Sulfatierung, Acetylierung.
Ausgangssubstanzen, deren Phase-I-Metabolit(e) selbst pharmakologisch wirksam ist (sind) und u. U. sogar das eigentliche Wirkprinzip darstellen, bezeichnet man als Prodrugs. Ein typisches Beispiel ist Codein, das seine analgetische Wirkung ausschließlich durch seinen Metaboliten Morphin (Morphin(derivate)) vermittelt. Das o. g. Risperidon ist ein Beispiel für eine pharmakologisch wirksame Ausgangssubstanz mit einem etwa gleichwertig pharmakologischen Metaboliten (9-OH-Risperidon). Beide Substanzen sind als individuelles Pharmakon im Handel.
Auch das derzeit einzig nicht dem Betäubungsmittelgesetz (BtmG) unterstellte Opioid-Analgetikum (Opioide) Tramadol (Tramal) ist ein Prodrug. Sein hepatogener Metabolit O-Desmethyltramadol ist das eigentliche Wirkprinzip mit einer zur Muttersubstanz etwa 4-fachen analgetischen Wirkung. In der Drogenszene als Kräutermischungen, Badesalze und Felgenreiniger vertriebene Produkte enthielten oder enthalten auch Metabolite von Prodrugs, um den Nachweis eines Drogenkonsums durch Blut- oder insbesondere Urinanalysen zu erschweren (da in diesen Fällen die Suche nach der Muttersubstanz negativ ausfallen wird).
Literatur
Aktories K, Förstermann U, Hofmann FB, Starke K (2005) Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. Urban & Fischer, München/Jena
Arndt T, Claussen U, Güssregen B, Schröfel S, Stürzer B, Werle A, Wolf G (2011) Kratom alkaloids and O-desmethyltramadol in urine of a „Krypton“ herbal mixture consumer. Forensic Sci Int 208:47–52