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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 03.08.2019

Arthrose des Sternoclaviculargelenks

Verfasst von: Frank Martetschläger
Die Arthrose des Sternoclaviculargelenks (SCG) stellt eine häufige Pathologie dar und kann bei 60-jährigen Patienten in bis zu 60 % der Fälle nachgewiesen werden. Während die Erkrankung häufig asymptomatisch verläuft und somit keiner Therapie bedarf, gibt es andererseits Verläufe mit starker Schmerzhaftigkeit und konsekutiver Einschränkung der Schulterfunktion. In diesen seltenen Fällen kann nach Ausschöpfung der konservativen Möglichkeiten eine operative Therapie notwendig werden. Bei der Operation, die offen oder arthroskopisch durchgeführt werden kann, werden die zerschlissenen Discusanteile entfernt, die arthrotischen Anteile der medialen Clavicula und des Sternum reseziert (ca. 8 mm) und die Kapsel stabil wieder verschlossen. Die postoperativen Ergebnisse der SCG-Resektion sind in der Literatur als verlässlich und gut bis sehr gut beschrieben. Aufgrund der wichtigen anatomischen Strukturen, die direkt retrosternal gelegen sind, sollte dieser Eingriff nur von Chirurgen mit Erfahrung auf dem Gebiet der Chirurgie am Sternoclaviculargelenk und exakter Kenntnis der Anatomie in diesem Bereich durchgeführt werden.

Einleitung

Degenerative Veränderungen des Sternoclaviculargelenks (SCG) stellen eine häufige Pathologie dar. In einer Post-mortem-Untersuchung fanden Silberberg et al. (1959) bei 60 % der Verstorbenen im Alter von über 60 Jahren degenerative Veränderungen am SCG. Die Arthrose des SCG ist zwar oftmals asymptomatisch, stellt jedoch die häufigste Ursache für Schmerzen und Schwellung am SCG dar.

Anatomie

Das SCG ist ein diarthrodisches Sattelgelenk, das von Discus intra-articularis, anteriorem und posteriorem sternoclavicularen Ligament, costoclavicularem Ligament und interclavicularem Ligament stabilisiert wird (Brossmann et al. 1996). Die knöcherne Artikulation zwischen medialer Clavicula und Sternum beträgt weniger als 50 %, was das Gelenk potenziell zur Instabilität prädisponiert. Die posteriore Kapsel (SC-Ligament) ist wichtiger Stabilisator für die vordere und hintere Translation, wohingegen die vordere Kapsel vor allem die anteriore Translation beschränkt (Abb. 1).

Ätiologie

Frauen nach der Menopause sind häufiger betroffen als Frauen vor der Menopause oder Männer. Weitere Risikofaktoren sind eine chronische Instabilität oder ein körperlich belastender Handwerksberuf (Higginbotham und Kuhn 2005). In manchen Post-mortem-Studien konnten degenerative Veränderungen sogar bei allen Verstorbenen ab dem 50. Lebensjahr nachgewiesen werden (Baker et al. 2003; Silberberg et al. 1959).
Die Arthrose des SCG kann zudem Folge einer traumatischen Luxation oder chronischen Instabilität des SCG sein. Die traumatische Instabilität des SCG ist allerdings eine Seltenheit. Nur ca. 1 % aller Luxationen des Körpers und nur ca. 3 % der Luxationen des Schultergürtels betreffen das SCG (Martetschlager et al. 2014).
Auch bei Patienten mit rheumatoider Arthritis und Schmerzen im Bereich des SCG muss an eine entzündliche Arthritis des SCG gedacht werden. Bei etwa einem Drittel der Patienten mit rheumatoider Arthritis kommt es auch zu Pannusformation und degenerativen Veränderungen des SCG (Rodriguez-Henriquez et al. 2013). Ankylosierende Spondylitis, Reiter-Syndrom oder Psoriasisarthritis können ebenfalls das SCG betreffen (Robinson et al. 2008).
Wie an anderen Gelenken auch kann eine akute oder chronische Infektion des SCG zu einem Gelenkverschleiß führen, meist verursacht durch Staphylokokken oder Streptokokken. Bei einer Infektion mit Candida oder Pseudomonas besteht gehäuft eine Assoziation zum intravenösen Drogenkonsum (Robinson et al. 2008).

Klinische Untersuchung und Bildgebung

Bei der Inspektion des betroffenen Gelenks ist auf eine Schwellung und Rötung des Gelenks zu achten. Bei der klinischen Untersuchung gibt der Patient Schmerzen bei der Armbewegung direkt über dem SCG an. In diesem Bereich ist häufig auch ein Druckschmerz (Push-Down-Test) auslösbar und bisweilen eine Krepitation spürbar. Der Crossbody-Test und der Abduction-Resistence-Test lösen ebenfalls Symptome aus (Iannotti und Williams 1999). Schließlich wird das Gelenk auf eine mögliche Instabilität untersucht, um eine mögliche Ursache für den Gelenkverschleiß nicht zu übersehen.
Bei der radiologischen Untersuchung kommen nativradiologisch eine a.p. und eine „Serendipity“-Aufnahme zum Einsatz. Als Charakteristika wurden Gelenkspaltverschmälerung, Osteophyten, Sklerosierung und Zysten beschrieben (Kier et al. 1986). Aufgrund der Überlagerungen ist die Beurteilung im Röntgen jedoch deutlich eingeschränkt.
Die Computertomografie (CT) dagegen erlaubt die exakte Darstellung der knöchernen Pathologie (Abb. 2). Auch eine Magnetresonanztomografie (MRT) ist bei der Diagnosefindung sehr hilfreich. Knorpel, Discus, Weichteile, Knochenödeme sowie die Verschmälerung des Gelenkspalts, Osteophyten und Kapselhypertrophie lassen sich gut darstellen. Ein MRT- oder CT-Angiogramm kann zur Beurteilung der retrosternalen Strukturen vor einem geplanten Eingriff herangezogen werden (Martetschlager et al. 2014).

Therapie

Konservative Therapie

Bei der Arthrose des SCG wird immer zunächst ein konservativer Therapieversuch unternommen. Dazu gehört die Schonung des Gelenks mit Vermeiden der schmerzauslösenden Bewegungen sowie Kühlung und die Einnahme von nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAR). Zudem kann zur Akuttherapie eine intraartikuläre Injektion mit einem Kortikosteroid erfolgen.

Operative Therapie

Bei frustraner konservativer Therapie sollte mit dem Patienten die Option einer operativen Therapie besprochen werden.
Bei der operativen Behandlung der SCG-Arthrose wird, ähnlich wie bei der Arthrose des Acromioclaviculargelenks (ACG), eine partielle Resektion der degenerativ veränderten Gelenkanteile durchgeführt.
Dazu wird der Patient in Rückenlage positioniert und der Oberkörper ca. 20° angehoben. Der komplette Thorax mit beiden SCG wird steril abgedeckt, um eine optimale Orientierung zu gewährleisten. Die knöchernen Landmarken und die Inzision werden eingezeichnet.
Die Inzision erfolgt im Längsverlauf und wird von der Clavicula über das SCG bis auf das Sternum gezogen. Die Insertion des M. sternocleidomastoideus wird geschont und die anteriore Kapsel dargestellt. Im nächsten Schritt wird die Kapsel im Längsverlauf geöffnet und zusammen mit dem Periost von Clavicula und Sternum abpräpariert. Dabei wird das Lig. costoclaviculare geschont, um die Stabilität des Gelenks nicht zu gefährden. Im nächsten Schritt erfolgt die Resektion der medialen Clavicula entweder mit einer oszillierenden Säge oder schrittweise mit dem Luer, nachdem der Discus reseziert wurde. Dabei müssen stumpfe Retraktoren eingesetzt werden, um die posteriore Kapsel und die retrosternalen Strukturen zu schützen. Die Resektion erfolgt parallel zur Gelenklinie und beträgt 5–10 mm. Lee et al. konnten zeigen, dass das Lig. costoclaviculare 12 mm lateral des SCG inseriert, sodass keinesfalls mehr als 10 mm reseziert werden sollten (Abb. 3). Im eigenen Vorgehen erfolgt die Erweiterung des Gelenkspalts biplanar, sodass von Sternum und Clavicula jeweils 3–4 mm reseziert werden. Die knöchernen Enden werden mit Luer und Knochenfeile abgerundet.
Vor und nach Resektion wird das Gelenk auf Instabilität geprüft, sodass im Falle einer Instabilität eine Stabilisierung mit einem Graft oder Tape erfolgen kann (Katthagen et al. 2017; Martetschlager et al. 2014, 2016; Willinger et al. 2016). Zuletzt folgt der stabile Verschluss der anterioren Kapsel mit dem Periost (Vicryl-Stärke 1).
In den vergangenen Jahren wurden mehrere Beschreibungen von arthroskopischen Techniken zur Resektion des SCG veröffentlicht (Martetschlager und Tytherleigh-Strong 2018; Tytherleigh-Strong und Griffith 2013). Theoretische Vorteile können die minimalinvasive Technik ohne Verletzung der Kapselbandstrukturen und die Schonung des umliegenden Gewebes sein.
Bei der arthroskopischen Technik wird der Patient analog zum offenen Verfahren gelagert und abgedeckt. Mit einer Kanüle wird das Gelenk lokalisiert und mit Spüllösung aufgefüllt. Es erfolgt die Anlage eines inferioren Portals am distalen Gelenkspalt, in den der Trokar mit einem Winkel von ca. 30° vorsichtig vorgeschoben wird, anschließend eine diagnostische Arthroskopie und eine Prüfung auf Stabilität. Als nächstes muss unter direkter Visualisierung ein zusätzliches superiores Portal angelegt werden. Der zerschlissene Discus wird mittels Shaver reseziert. Im nächsten Schritt erfolgt die knöcherne Resektion mit Hilfe einer arthroskopischen Knochenfräse. Auch hierbei muss penibel darauf geachtet werden, dass die anterioren, posterioren und superioren Kapselanteile mit den Ansätzen des M. sternocleidomastoideus intakt bleiben. Zunächst werden ca. 6–8 mm im Bereich der medialen Clavicula reseziert, dann die sternale Seite debridiert. Auch eine biplanare Resektion ist arthroskopisch möglich. Zuletzt wird die Optik umgesteckt, um eine komplette Resektion zu bestätigen (Abb. 4).
Eine Ruhigstellung in einer Schlinge zur Entlastung wird für 1–2 Wochen verordnet. In der ersten Woche erfolgt eine passive Beübung der Schulter im schmerzfreien Bereich. Ab der 2. Woche beginnen aktiv-assistive Übungen. Im Anschluss werden Bewegungsumfang und Belastung schmerzadaptiert gesteigert.

Mögliche Komplikationen und Prognose

Als mögliche Komplikationen sind die Verletzung wichtiger retrosternaler Strukturen zu nennen, weshalb dieser Eingriff nur von geübten Arthroskopeuren mit exakter Kenntnis der Anatomie durchgeführt werden sollte. Zudem kann es bei Verletzung der Bandstrukturen zu einer Instabilität des Gelenks kommen. Die restlichen Risiken umfassen die Standardrisiken eines operativen Eingriffs.
Die Prognose nach operativer SCG-Resektion ist gut. Mehrere Studien haben in den letzten Jahren eine deutliche Besserung der Beschwerden und Schulterfunktion beschrieben (Katthagen et al. 2017; Pingsmann et al. 2002; Tavakkolizadeh et al. 2009; Tytherleigh-Strong und Griffith 2013). In einer aktuellen Studie von Katthagen et al. konnte anhand von 17 SCG-Resektionen gezeigt werden, dass Schmerz und Schulterfunktion (DASH-Score) signifikant verbessert werden konnten. Zudem konnten die Sporthäufigkeit und Kraft sowie Ausdauer beim Sport signifikant gesteigert werden (Katthagen et al. 2017).

Zusammenfassung

Die isolierte Arthrose des SCG lässt bei fehlgeschlagener konservativer Therapie erfolgreich behandeln. Aufgrund der möglichen Komplikationen und der Seltenheit der Indikation sollten die Eingriffe von Operateuren mit Erfahrung am SCG durchgeführt werden.
Literatur
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