Die Infektionsgefahr bei Physiotherapie
ist sowohl für Patienten als auch Therapeuten gering. Die Verfahren der Physiotherapie dienen einerseits der Wiederherstellung der Gesundheit, andererseits der Prophylaxe und Prävention sowie Vermeidung von Komplikationen während des Krankenhausaufenthaltes. Obwohl Physiotherapeuten mit vielen verschiedenen Patienten direkten Körperkontakt haben und somit vielfältige Möglichkeiten für Kreuzübertragungen bestehen, sind sie nur selten die Quelle von Infektionsübertragungen (Kralovic und Linnemanns
2004). Invasive Maßnahmen finden nicht statt. Mobiliar- bzw. Geräteflächen sollten problemlos desinfizierbar sein. Benötigte Geräte bzw. Materialien sind, falls nicht als Einwegprodukte verwendet, problemlos aufbereitbar. In der Regel sind daher in der Physiotherapie die Standardhygienemaßnahmen völlig ausreichend.
Problematischer ist allerdings die Hydrotherapie bei Verbrennungspatienten, die jedoch hier nicht behandelt werden soll (Tredget et al.
1992). Außerordentlich gering ist die Infektionsgefährdung durch Verschlucken von Badewasser in Bewegungs- und Therapiebädern, weil der Verdünnungseffekt, selbst wenn zum Beispiel durch einen inkontinenten Patienten darmpathogene Erreger in das Wasser gelangten, sehr groß ist. Im Folgenden sollen die wichtigsten Maßnahmen zur Verhütung von Infektionen im Rahmen der Physiotherapie dargestellt werden.
Allgemeine Hygienemaßnahmen
Um die Standardhygienemaßnahmen in der Physiotherapie durchführen zu können, ist als organisatorische bzw. bauliche Voraussetzung die Anbringung von Händedesinfektionsmittelspendern zwischen den einzelnen Behandlungsplätzen bzw. Behandlungskabinen unabdingbar. In der Nähe der Behandlungsplätze muss gut erreichbar ein Handwaschbecken mit Flüssigseifenspender vorhanden sein.
Bei der Ausbildung und Fortbildung des Personals müssen Hygieneregeln angemessen behandelt werden, damit das Bewusstsein für das Risiko, Infektionen auf Patienten übertragen zu können, vorhanden ist.
Die wichtigsten Maßnahmen, die sowohl zur Prävention von Kreuzinfektionen, aber auch dem Personalschutz dienen, werden im Folgenden kurz zusammengefasst. Die erweiterten Hygieneanforderungen bei der Behandlung von Patienten mit Nachweis von isolierungspflichtigen Erregern werden anschließend erläutert.
Händehygiene
Die hygienische Händedesinfektion ist bei der krankengymnastischen und Massagebehandlung die wichtigste Maßnahme zur Verhinderung einer Erregerübertragung. Eine Desinfektion der Hände muss deshalb immer zwischen der Behandlung der Patienten durchgeführt werden. Deswegen müssen in der Physiotherapieabteilung genügend Desinfektionsmittelspender, die vom Personal leicht erreicht werden können, zur Verfügung stehen. Eine Auswahl geeigneter Desinfektionsmittel und Hautpflegemittel sollte vorhanden sein.
Handschuhe
Das Tragen von Handschuhen ist generell bei Gefahr der Kontamination mit potenziell infektiösem Patientenmaterial (z. B. Blut, Sekrete und Exkrete) notwendig. Nach dem Ausziehen ist eine Händedesinfektion erforderlich, da die Handschuhe nicht selten Mikroperforationen aufweisen oder die Hände beim Ausziehen der Handschuhe kontaminiert werden können.
Schutzkittel
Physiotherapeuten sollten bei der Arbeit mit Patienten auf Intensivstationen einen langärmligen Kittel tragen. Aber auch auf „der Normalstation“ ist das Tragen von Schutzkitteln sinnvoll, wenn während der Therapie enger Kontakt mit dem Patienten oder auch seiner Bettwäsche notwendig ist. In diesem Zusammenhang sei die Patientenmobilisierung nach kinästhetischen Gesichtspunkten oder auf neurophysiologischer Grundlage wie nach dem Bobath-Konzept genannt. Hier unterstützen bzw. übernehmen Therapeuten unter engem körperlichen Kontakt geschwächte bzw. ausgefallene Bewegungsfunktionen des Patienten.
Der Kittel wird erst vor Patientenkontakt angezogen und bleibt nach Gebrauch in der Nähe des Patientenbettes.
Sofern keine Einwegkittel benutzt werden, kann der (nicht kontaminierte) Kittel zwischenzeitlich auch von anderen Personen benutzt werden. Je nach Ausmaß des Körperkontakts kann aber auch eine Schürze ausreichend sein.
Mundschutz
Bei der Therapie von Tuberkulosepatienten
ist gemäß der TRBA 250 Biologische Arbeitsstoffe 2014 Ziffer 4.3.4 das Tragen von Atemschutz mindestens der Klasse FFP2 erforderlich (s. auch Ziegler et al.
2012).
Flächendesinfektion
Eine Wischdesinfektion der direkten Patientenkontaktflächen von Gehwagen, Geräten, Mobiliar oder Gymnastikmatten sollte nach Abschluss jeder Behandlung eines Patienten erfolgen, um das Risiko der Erregerübertragung auf andere Patienten so gering wie möglich zu halten.
Hygienemaßnahmen in der Physiotherapie bei isolierungspflichtigen Patienten
Bei der Therapie mit isolierten Patienten ist die rechtzeitige Information von größter Wichtigkeit. Die Physiotherapeuten müssen vom Krankenhauspersonal (ggf. vom Hygienefachpersonal) über spezielle
Hygienemaßnahmen instruiert werden. Auch in diesen Fällen ist ein Merkblattsystem empfehlenswert, in dem grundlegende Informationen über die jeweiligen Krankheitserreger mit Hygieneempfehlungen verbunden sind.
Nach Möglichkeit soll angestrebt werden, bei isolierungspflichtigen Patienten – z. B.
Clostridium-difficile-Enteritis, postoperative Infektion im OP-Gebiet mit einem
multiresistenten Erreger oder Infektion/Besiedlung mit methicillinresistentem
Staphylococcus aureus (
MRSA) – die Behandlung im Patientenzimmer vorzunehmen. Dies gilt besonders, wenn eine Einzelzimmerisolierung empfohlen wurde. Zur Therapie benötigte Materialien müssen im Patientenzimmer bleiben bzw. vor der Benutzung bei anderen Patienten wischdesinfiziert werden. Der Nachweis eines multiresistenten Erregers darf nicht zur Vorenthaltung von medizinisch notwendigen Maßnahmen führen. Daher kann die Behandlung bei strenger medizinischer Indikation (z. B. die Nutzung bestimmter Geräte oder Platzmangel im Patientenzimmer) auch in der Physiotherapieabteilung oder im Freien durchgeführt werden. Dabei müssen Vorkehrungen getroffen werden, um eine Verbreitung des Infektionserregers zu verhindern:
-
Grundsätzlich sollten nur kooperative, informierte Patienten bzw. gut führbare Patienten außerhalb des Patientenzimmers behandelt werden. Der Patient soll ebenso wie der Physiotherapeut oder die Begleitperson eine gründliche Händedesinfektion (mindestens 30 s) durchführen.
-
Bei Wundinfektionen muss darauf geachtet werden, dass der Patient einen gut sitzenden, trockenen und sauberen Verband hat.
-
Bei Ganzkörperbesiedlung, die bei Staphylokokken-(MRSA-)Infektionen, aber auch anderen multiresistenten Erregern möglich ist, sollte der Patient frische Kleidung oder einen Schutzkittel über seine Kleidung anziehen. Auch das Physiotherapiepersonal soll (wie auch bei der Behandlung im Patientenzimmer) einen frischen Schutzkittel tragen.
-
Bei nasaler Besiedlung/Ganzkörperbesiedlung mit MRSA, aber auch bei noch unklarem Trägerstatus soll der Patient mit Infektions- bzw. Kolonisationsverdacht außerhalb des Zimmers einen chirurgischen Mund/Nasenschutz tragen. Das Physiotherapiepersonal trägt während der Behandlung (wie auch im Patientenzimmer) ebenfalls einen chirurgischen Mundschutz.
Maßnahmen der Hydrotherapie
Therapie- und Bewegungsbäder
Wannenbäder und Packungen
Da Acrylbadewannen, die bezüglich Reinigung und Desinfektion problematisch sind, immer mehr Verwendung finden, sind im Folgenden die wichtigsten Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen zusammengestellt. Acrylglas (Plexiglas) ist ein nicht kratzfester Kunststoff, der gegenüber verschiedenen chemischen Substanzen nicht oder nur bedingt beständig ist.
Reinigungs- und Desinfektionsplan in der Physiotherapie
Siehe Tab.
3.
Tab. 3
Reinigungs- und Desinfektionsplan in der Physiotherapie
Händewaschen | Bei Betreten bzw. Verlassen des Arbeitsbereiches | Flüssigseife aus Spender | Hände waschen, mit Einmalhandtuch abtrocknen; alternativ Händedesinfektion |
Hygienische Händedesinfektion | Vor und nach Patientenkontakt Nach Kontamination (bei grober Verschmutzung vorher Hände waschen) Nach Ausziehen der Handschuhe | Alkolholisches Händedesinfektionsmittel | Ausreichende Menge entnehmen, damit die Hände vollständig benetzt sind, verreiben bis Hände trocken sind (30 s), kein Wasser dazugeben |
Atemtrainer | Wöchentlich Nach Kontamination Bei Patientenwechsel | Reinigungs- und Desinfektionsautomat oder nach Herstellerangaben in Absprache mit der Hygieneabteilung |
Blutdruckmanschette | Nach Kontamination | Alkoholisches Schnelldesinfektionsmittel oder Reinigungs- und Desinfektionsautomat | Ggf. reinigen, wischdesinfizieren |
Kompressionsstrümpfe | Spätestens alle 48 h wechseln | Waschmaschine | Als Krankenhauswäsche desinfizierend waschen |
Kühlkompresse (immer Schutzbezug verwenden) | Nach Gebrauch | Flächendesinfektionsmittel, ggf. alkoholisches Schnelldesinfektionsmittel | Wischdesinfizieren |
Liftertücher | Nach Kontamination Bei Patientenwechsel | Waschmaschine | Als Krankenhauswäsche desinfizierend waschen, Herstellerangaben beachten |
Stethoskop | Nach Kontamination | Alkoholisches Schnelldesinfektionsmittel | Ggf. reinigen, wischdesinfizieren |
Einmal täglich; bei Patientenwechsel; nach Kontamination | Flächendesinfektionsmittel oder alkoholisches Schnelldesinfektionsmittel | Reinigen, wischdesinfizieren, Herstellerangaben beachten |
Waschschüssel | Nach Gebrauch | Flächendesinfektionsmittel | Wischdesinfizieren |
Geräte, Mobiliar | Einmal täglich | | Reinigen |
Nach Kontamination | Flächendesinfektionsmittel | Wischdesinfizieren |
Aufbewahrungsboxen, Schubladen etc. | Nach Bedarf | | Reinigen |
Nach Kontamination | Flächendesinfektionsmittel | Desinfizieren |
Badewannen, Duschen | Nach Gebrauch | | Reinigen |
Nach Kontamination | Flächendesinfektionsmittel | Wischdesinfizieren, nachspülen, trocknen |
Turnmatten/Fußmatten | Einmal täglich | Hausübliches Reinigungssystem | |
Nach Kontamination | Flächendesinfektionsmittel Herstellerangaben beachten | Wischdesinfizieren |
Fußboden | Einmal täglich | Hausübliches Reinigungssystem | |
Nach Kontamination | Flächendesinfektionsmittel | Wischdesinfizieren |
Waschbecken (inkl. Armaturen) | Einmal täglich | Haushaltsüblicher Reiniger | Reinigen |
Nach Kontamination | Flächendesinfektionsmittel | Wischdesinfizieren |
Strahlregler | Einmal/Monat | Reinigungs- und Desinfektionsautomat oder Geschirrspülmaschine |