„Stiller“ Reflux: Darum sollte sich der HNO-Arzt kümmern

Ein Reflux von Mageninhalt kann die supraösophagealen Schleimhäute schädigen. Bei unklaren Beschwerden wie Räusperzwang, Heiserkeit oder Reizhusten sollte der HNO-Arzt daher auch an einen laryngopharyngealen Reflux denken. Eine Inkompetenz des unteren bzw. des oberen Ösophagussphinkters, eine verzögerte Entleerung des Mageninhalts in den Dünndarm mit einer unmittelbar nach der Nahrungsaufnahme einsetzenden Peristaltik und eine verminderte Clearance-Funktion des Ösophagus gelten als wesentliche Pathomechansimen einer Refluxerkrankung. Ein Reflux von Mageninhalt kann jedoch nicht nur den Ösophagus, sondern auch supraösophageale Strukturen schädigen, erklärte Prof. Dr. Detlef Brehmer, HNO-Praxis Göttingen. Reflux greift auch supraösophageale Schleimhäute an Im Gegensatz zur Speiseröhre verfügen die Schleimhäute im Nasen-Rachen-Raum, im Larynx, in der Trachea und in den Bronchien über keine elektiven Schutzmechanismen gegen Säure und Pepsin. Während bis zu 50 Refluxepisoden pro Tag für den Ösophagus als normal betrachtet werden, reichen an der Larynxschleimhaut schon drei Episoden aus, um eine signifikante Erkrankung hervorzurufen. Aufsteigende Flüssigkeit oder Aerosol beeinträchtigen die ziliäre Funktion der posterioren Larynxschleimhaut, begünstigen eine Anhäufung von Schleim und lösen lokale Entzündungsreaktionen aus. Während Kardinalsymptome wie Sodbrennen und Regurgitation auf einen gastroösophagealen Reflux hinweisen, fehlen solche pathognomischen Symptome beim laryngopharyngealen Reflux (LRP). Der sogenannte „stille“ Reflux kann zu einer Vielzahl unspezifischer Beschwerden führen, die anders als beim gastroösophagealen Reflux meist in aufrechter Position auftreten. Dazu zählen chronischer Reizhusten, Brennen im Hals oder an der Zunge, Heiserkeit, Globusgefühl oder Räusperzwang bis hin zu Laryngospasmen. Außerdem gibt es Hinweise, dass ein LPR Erkrankungen wie Asthma, eine chronische Rhinosinusitis, ein Schlafapnoe-Syndrom oder rezidivierende Paukenergüsse bei Kindern begünstigt, so Brehmer. Refluat aus dem Magen spielt zudem eine Rolle in der Karzinogenese an Pharynx und Larynx [1]. 24-Stunden-pH-Metrie diagnostisch wegweisend Um so wichtiger ist es, bei den genannten unspezifischen Symptomen einen LPR in die Differentialdiagnostik einzubeziehen. Die diagnostische Aussagekraft der Anamnese, der Endoskopie, von krankheitsspezifischen Fragebögen und auch die 2- oder 3-Kanal-pH-Metrie sind jedoch begrenzt, sagte Brehmer. Zielführend sei dagegen eine pharyngeale 24-Stunden-pH-Metrie. In der Behandlung des LPR stehen zunächst Änderungen des Lebensstils im Vordergrund. Bewährt haben sich insbesondere eine Gewichtsreduktion und ein nächtliches Hochlagern des Kopfes. Zudem kann es hilfreich sein, Kaffee, Alkohol und Nikotin sowie schwere Mahlzeiten am Abend zu vermeiden. Bei ausgeprägten und anhaltenden Beschwerden können chirurgische Antireflux-Maßnahmen wie eine Fundoplikatio erwogen werden. Protonenpumenhemmer (PPI) bleiben beim LPR meist wirkungslos und können vor allem in der Langzeitbehandlung zu einer Vielzahl an Nebenwirkungen führen, so Brehmer. basierend auf: Brehmer D.: Aktuelle Konzepte in der Diagnostik und Therapie des laryngopharyngealen Reflux. 50. Fortbildungsveranstaltung für Hals-Nasen-Ohrenärzte, Mannheim, 27. Oktober 2016

Springer Medizin

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