Grundsätzlich lassen sich molekulare Analysen unterteilen in solche, die an zytologischen Präparaten bzw. zytologiebasiert erfolgen sowie in flüssigkeitsbasierte Methoden zur Detektion von Proteinen oder molekularen Veränderung im Urin oder Blut ohne morphologische Korrelation [
24]. Letztere werden in der Regel außerhalb eines zytologischen Labors durchgeführt und sind deshalb nicht Thema dieses Beitrags.
Verschiedene genetische Veränderungen wie wiederkehrende Mutationen und Kopienzahlveränderungen lassen sich in > 95 % der low-grade und high-grade Urothelkarzinome nachweisen und stellen somit das Rationale zur ergänzenden diagnostischen Testung dar [
27‐
29]. Die Gene
TERT (21–73 %),
FGFR3 (13–45 %),
PIK3CA (20–23 %),
KDM6A (26–48 %) und
ARID1A (10–20 %) sind beim Urothelkarzinom je nach Stadium und Lokalisation besonders häufig mutiert und daher in molekularen Assays oft vertreten [
30,
31]. Einige der häufigen Genmutationen haben prognostische Implikationen und wurden z. B. mit Tumorgrad und Stadium bei Präsentation assoziiert, andere korrelieren mit Therapieansprechen [
5]. Insbesondere
FGFR-Alterationen, die in ca. 15 % der fortgeschrittenen Urothelkarzinome vorkommen, gelten als prädiktiv für das Ansprechen auf FGFR-Inhibitoren [
14]. Dank des technischen Fortschritts in den letzten Jahren ist die klassische Sanger-Sequenzierung zunehmend durch neue Sequenziertechniken (Next Generation Sequencing, NGS) ersetzt worden. NGS erlaubt nicht nur den Nachweis von Mutationen und Fusionen, sondern auch von epigenetischen Veränderungen (DNA-Methylierung) und Kopienzahlveränderungen und bietet den Vorteil, dass diese gleichzeitig nachgewiesen werden können. Allerdings ist anzumerken, dass RNA-basierte Untersuchungen zum Nachweis von Genfusionen aus zytologischen Präparaten je nach Fixierungsmethode und Menge an Tumorzellen schwieriger sein können als aus Paraffinblöcken. NGS-basierte Analysen von zytologischen Präparaten des Harntrakts versprechen somit eine hohe Sensitivität und werden zukünftig wahrscheinlich eine Anwendung im diagnostischen Alltag finden. Als gutes Beispiel dient der UroSEEK-Assay am Urin, bei dem 11 ausgewählte Gene auf Mutationen oder Veränderungen der Kopienzahl untersucht werden. Dieser Test wurde für die Nachkontrolle von Patienten mit resezierten Urothelkarzinomen und für die Abklärung von zytologischen Atypien entwickelt [
28,
32,
33]. In einer retrospektiven Studie zeigte er vor allem bei low-grade nichtinvasiven papillären Urothelkarzinomen eine hohe Sensitivität im Vergleich zur Zytologie [
32]. Allerdings ist für die Diagnose von low-grade nichtinvasiven papillären Urothelkarzinomen, die zystoskopisch gut sichtbar sind, die Indikation fragwürdig, da der Test in Relation zu den hohen Kosten wenig klinisch relevante Zusatzinformationen liefert. In einer Follow-up-Kohorte von Patienten mit „Atypien“ in der Harntraktzytologie (AUC- und SHGUC-Kategorien zusammengenommen) erwies sich der UroSEEK-Assay mit einer Sensitivität von 74 % und einem negativen prädiktiven Wert von 53 % als weniger robust [
33]. Die wichtigste Voraussetzung für die NGS-Analyse ist eine ausreichende Anzahl bzw. ein relativer Anteil an Tumorzellen von mind. 2 % in der zytologischen Probe. Daher bieten sich insbesondere zellreiche Urinzytologieproben für eine NGS-Testung an. In einer kürzlich veröffentlichten Übersichtsarbeit zur Rolle des NGS in der Urinzytologie wurde vorgeschlagen, die Urinzytologie als Triage zu benutzen. Somit ließe sich beurteilen, welche Präparate für eine direkte NGS-Testung geeignet sind und bei welchen die Tumorzellen, z. B mittels Laser-Mikrodissektion, angereichert werden müssten [
5]. Obwohl NGS zweifellos eine vielversprechende Methode in der Harntraktzytologie darstellt und mit weiteren technischen Fortschritten auf diesem Gebiet zu rechnen ist, sind umfassende Studien zur Festlegung der Wertigkeit und der optimalen Indikationen notwendig. Neben technischen Faktoren muss vor allem auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis kritisch untersucht werden. Ökonomische Interessen an einer breiten Anwendung sollten dem medizinischen Zusatzgewinn im Vergleich zu einer standardisierten zytologischen Diagnose gegenübergestellt werden.