Noch eine Indikation für SGLT2-Hemmer?

Versicherungsdaten aus Südkorea deuten auf eine weitere Patientengruppe, die von SGLT2-Inhibitoren besonders profitieren könnte: an Typ-2-Diabetes Erkrankte in der Akutphase eines Myokardinfarkts. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. SGLT2-Hemmer bieten bekanntlich nicht nur bei Typ-2-Diabetes, sondern auch bei Herzinsuffizienz Schutz vor kardiovaskulären Komplikationen. Ob die Schutzwirkung auch Menschen mit akutem Myokardinfarkt zugutekommt, ist nicht bekannt, da diese Patienten von den zulassungsrelevanten Studien ausgeschlossen waren. Erste Hinweise dazu liefert nun eine Analyse von Versicherungsdaten aus Südkorea: Versicherte mit Typ-2-Diabetes hatten eine deutlich bessere Prognose, wenn kurz nach überstandenem Herzinfarkt eine Behandlung mit einem SGLT2-Hemmer eingeleitet worden war. Zwischen 2014 und 2018 hatten sich in Südkorea 938 Typ-2-Diabetiker (80% Männer) wegen eines akuten Herzinfarkts einer PCI unterzogen und waren innerhalb von 14 Tagen nach dem Ereignis erstmals mit einem SGLT-2-Hemmer behandelt worden, etwa zwei Drittel mit Dapagliflozin und ein Drittel mit Empagliflozin. Jedem von ihnen wurden jeweils zwei passende Personen gegenübergestellt, die in den ersten zwei Wochen nach Infarkt und PCI keinen SGLT-2-Hemmer bekommen hatten, aber die gleichen Voraussetzungen für eine solche Therapie mitbrachten (Propensity Score Matching). Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug etwas mehr als zwei Jahre. Risiko für Tod oder Klinikaufnahme wegen Herzinsuffizienz um ein Drittel geringer Todesfälle oder Herzinsuffizienz-bedingte stationäre Aufnahmen, sie bildeten den kombinierten primären Endpunkt, ereigneten sich innerhalb der ersten zwei Jahre in der Gruppe mit SGLT2-Hemmer signifikant seltener als in der Vergleichsgruppe (9,8% vs. 13,9%), das adjustierte Risiko war damit um 32% niedriger. Auch einzeln betrachtet waren das Risiko zu sterben (3,7% vs. 6,6%) und das Risiko, wegen Herzinsuffizienz stationär behandelt zu werden (7,4% vs. 9,8%), mit der frühen SGLT2-Hemmer-Therapie signifikant reduziert, und zwar um 45% und 26%. Der sekundäre Endpunkt MACE (Major Cardiovascular Events: nichttödlicher Herzinfarkt, nichttödlicher Schlaganfall oder Tod jedweder Ursache) war mit SGLT2-Inihibitor ebenfalls signifikant seltener als ohne (9,1% vs. 11,6%, Risikoreduktion um 23%). Der treibende Faktor war hier die Gesamtmortalität, die Raten von nichttödlichen Herzinfarkten bzw. nichttödlichen Schlaganfällen waren nicht signifikant verschieden. Das bessere Abschneiden der SGLT2-Hemmer-Patienten in primärem und sekundärem Endpunkt war unabhängig von ihrem Alter, Geschlecht, sonstiger Medikation, kardiovaskulären Risikofaktoren und dem Grad der Komorbidität. Laufende Studien DAPA-MI und EMPACT-MI „Unseren Ergebnissen zufolge ist es wahrscheinlich, dass Patienten nach einem akuten Herzinfarkt einen Nutzen haben, wenn noch im Krankenhaus mit einer SGLT2-Hemmer-Therapie begonnen wird“, schreibt Studienerstautor Osung Kwon von der katholischen Universität von Korea in Seoul. Kwon und seine Mitforschenden vermuten außerdem, dass der beobachtete positive Effekt der SGLT2-Inhibitoren auch auf Infarktpatienten ohne Diabetes übertragbar sein könnte. Sie betonen allerdings, dass ihre retrospektive Studie erhebliche Limitationen aufweise und die Ergebnisse daher nur als Hypothesen-generierend angesehen werden könnten. Auch die Verfasser eines studienbegleitenden Editorials stellen klar, dass sich aus der Beobachtungsstudie keine praktischen Konsequenzen ableiten lassen, sondern dass hierfür die Resultate der laufenden randomisierten kontrollierten Studien DAPA-MI und EMPACT-MI abgewartet werden müssten. „Momentan ist aber die retrospektive Analyse von Kwon et al. das Beste, was es zu diesem Thema gibt“, so Jairo Nunes und Jacob Udell von der University of Toronto. Das Wichtigste in Kürze Frage: Was bringt eine frühe SGLT2-Hemmer-Therapie bei Typ-2-Diabetes-Patienten und -Patientinnen mit akutem Myokardinfarkt? Antwort: Bei früher SGLT2-Hemmer-Behandlung war das Risiko, innerhalb der nächsten zwei Jahre zu sterben oder wegen Herzinsuffizienz stationär behandelt zu werden, um 32% niedriger als ohne SGLT2-Inhibitor. Das MACE-Risiko war um 23% reduziert. Bedeutung: SGLT2-Inhibitoren könnten auch Patienten in der Akutphase eines Myokardinfarktes zugutekommen. Einschränkung: Retrospektive Auswertung von Versicherungsdaten, kein Kausalitätsnachweis möglich.

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