Studie: Hypoglykämien führen nicht zu höherer Sterblichkeit

Insulinpflichtige Patienten mit Typ-2-Diabetes, die von Hypoglykämie-Episoden berichten, weisen laut Ergebnissen einer niederländischen Untersuchung keine erhöhte Mortalität auf. Eine Forschergruppe um Simone Rauh vom Medizinischen Zentrum der Freien Universität Amsterdam hat für eine Studie zu den Folgen von Hypoglykämien Daten von knapp 1700 Typ-2-Diabetikern ausgewertet, die in den Jahren 2010 bis 2012 im Diabetes-Versorgungszentrum Hoorn, Westfriesland, betreut und mit Insulin behandelt wurden. Von Interesse war der Zusammenhang zwischen Hypoglykämien, von denen die Patienten selbst berichteten, und der Sterblichkeit in einem Folgezeitraum von knapp zwei Jahren. Die Patienten wurden dafür nach drei Kategorien unterteilt: solche, die im vorangegangenen Jahr keine Hypoglykämien erlebt hatten (59%; Referenzgruppe); solche, die über leichte Hypoglykämien berichteten (37%), und solche, die subjektiv schwere Hypoglykämien durchgemacht hatten (4%). Der Unterschied zwischen leicht und schwer bestand definitionsgemäß darin, dass bei schweren Hypoglykämien die Hilfe Dritter benötigt wurde, bei leichten nicht. Drei von vier Patienten bekamen neben Insulin auch noch orale Antidiabetika, am häufigsten Metformin. In der Nachbeobachtungszeit verstarben 98 Patienten (5,9%). Milde Hypoglykämien erhöhten das Sterberisiko nicht. Im Gegenteil wiesen die betroffenen Patienten als Gruppe betrachtet und verglichen mit den Patienten ohne Hypoglykämien sogar eine um rund 50% reduzierte Mortalität auf. Schwere Hypoglykämien führten im Durchschnitt zu einer um knapp 40% gesteigerten Sterblichkeit. Allerdings reichte die Streuung von minus 70% bis plus 500%, sodass sich kein statistisch signifikanter Zusammenhang ergab, womöglich Folge einer zu geringen Patientenzahl. Unterschiede im Gespür? Bei Patienten mit Hypoglykämien lag die Diabetesdiagnose im Mittel länger zurück als bei den Patienten, die keine Hypoglykämien erlebt hatten. Sie waren auch bereits länger auf Insulin eingestellt und wurden häufiger mit rasch wirkenden Präparaten behandelt. Als möglichen Grund dafür, weshalb zumal milde Hypoglykämien die Sterblichkeit senken könnten, nennen Rauh und Kollegen unter anderem Unterschiede in der Fähigkeit, Hypoglykämie-Symptome zu erkennen. Wer bereits milde Anzeichen zu spüren vermöge, könne entsprechend handeln, sein Verhalten ändern, Komplikationen abwenden und sein Sterberisiko senken. Wer hingegen weniger Gespür besitze, sei stärker gefährdet, tiefer in die Hypoglykämie abzugleiten. Die niederländischen Wissenschaftler hatten Eigenberichte der Patienten bewusst als Hypoglykämie-Kriterium gewählt. Sie nahmen nämlich an, dass die sonst in Studien übliche Objektivierung über die Blutzuckermessung bzw. medizinische Dokumentation zu einer Unterschätzung der Häufigkeit solcher Episoden führe. Darin liegt jedoch gleichzeitig ein Manko der Studie: Ob die berichteten Hypoglykämien alle echt waren oder ob es sich bisweilen um Pseudohypoglykämien handelte, bei denen trotz charakteristischer Symptome die Konzentration der Blutglukose nicht erniedrigt war, muss offenbleiben.

Springer Medizin

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