Erschienen in:
08.11.2017 | Belastungsinkontinenz | Leitthema
Implantate bei Genitalprolaps
Kontra Mesh-Operation
verfasst von:
Prof. Dr. C. Hampel
Erschienen in:
Die Urologie
|
Ausgabe 12/2017
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Zusammenfassung
In der Prolapschirurgie hat die transvaginale Implantation alloplastischer Netze zur Beckenbodenaugmentation einen ähnlichen Siegeszug angetreten wie die spannungsfreien alloplastischen Urethralschlingen in der chirurgischen Versorgung der weiblichen Belastungsinkontinenz, ohne allerdings eine überzeugende Datenlage vorweisen zu können. Die Einfachheit des Verfahrens erleichtert die Verbreitung unter Inkaufnahme einer höheren Revisions- und Komplikationsrate. Die Verlagerung vieler Prolapsoperationen in den beleg- oder konsiliarärztlichen Bereich behindert die Pflege und Weitergabe pathophysiologieadaptierter Alternativtechniken zusätzlich, obwohl diese in der Rezidiv- oder Komplikationssituation von großem Wert sein können. Es darf bezweifelt werden, dass die leitliniengerechte Aufklärung der Prolapspatientinnen im Einzelfall durchgeführt wird – zu sehr übersteigen die Implantationszahlen transvaginaler alloplastischer Netze die Patientenzahlen mit leitliniengerechter Indikation. Obwohl über die Datenlage international kein Dissens besteht, scheinen Klagewellen in USA, Firmeninsolvenzen wegen unbezahlbarer Schadensersatzforderungen und unmissverständliche Warnungen ausländischer Fachgesellschaften die deutsche Urogynäkologie unbeeindruckt zu lassen. Die vorhandene Prolapsliteratur fokussiert beinahe ausschließlich auf das POP-Stadium („pelvic organ prolapse“) und seine Verbesserung durch die Therapie. Tatsächlich sollten prolapstypische Symptome die Therapieentscheidung beeinflussen und die Verbesserung dieser Symptome sollte oberstes Behandlungsziel sein. Es ist aus forensischen Gründen empfehlenswert, den ausdrücklichen Patientenwunsch nach detaillierter Aufklärung über Risiken und Therapiealternativen präoperativ schriftlich zu dokumentieren und von der Patientin unterschreiben zu lassen.