Inkretinmimetika vor Endoskopie absetzen?

Die US-Anästhesiologen raten zu einem Absetzen von Inkretinmimetika vor einer Endoskopie, um Aspirationen zu vermeiden. Die US-Gastroenterologen sind mit solchen Empfehlungen weit vorsichtiger und empfehlen einen individuellen Ansatz. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. GLP-1-Rezeptoragonisten verlangsamen die Magenmotilität und verzögern damit die Magenentleerung. Die auch als Inkretinmimetika bezeichneten Wirkstoffe könnten daher eine erfolgreiche Endoskopie beeinträchtigen, sofern Speisereste im Magen zurückbleiben. Darüber hinaus besteht möglicherweise ein erhöhtes Aspirationsrisiko während der Sedierung. Wie hoch das Komplikationsrisiko bei einer Endoskopie unter Inkretinmimetika tatsächlich ist, lässt sich derzeit aber kaum abschätzen, dafür gibt es letztlich noch zu wenig belastbare Untersuchungen. Aufgrund von Sicherheitsbedenken ist in den USA die American Society of Anesthesiologists (ASA) im Juni dieses Jahres aber bereits vorgeprescht und empfiehlt, täglich eingenommene Inkretinmimetika am Tag der Prozedur nicht zu nehmen, wöchentlich verabreichte sollten eine Woche zuvor abgesetzt werden. Steigt dadurch das Hyperglykämierisiko, sollte eine Überbrückungstherapie erfolgen. Haben Betroffene mit einer GLP1-Rezeptoragonisten-Therapie am Tag der Prozedur gastrointestinale Beschwerden, wird eine Verschiebung der Endoskopie empfohlen. Wurden die Inkretinmimetika nicht wie empfohlen abgesetzt, etwa bei einem notfallmäßigen Eingriff, sollten Ärztinnen und Ärzte von einem vollen Magen ausgehen und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen in Erwägung ziehen, etwa eine Bestimmung des Magenvolumens per Ultraschall. Auf die ASA-Empfehlungen folgte im August eine Stellungnahme von fünf internistischen US-Gesellschaften, darunter auch der American Gastroenterological Association (AGA), die zu einem Best-Practice-Vorgehen rät: „Zwar gibt es anekdotische Erfahrungen, dass ein erhöhtes Gastropareserisiko dosisabhängig auftreten kann oder davon abhängt, ob das Medikament zur Diabeteskontrolle oder zur Gewichtsreduktion eingesetzt wird. Aber wir erkennen auch an, dass es nur wenige oder gar keine Daten über das relative Risiko von Komplikationen durch Aspiration gibt“, heißt es in dem Statement. „Da keine verwertbaren Daten vorliegen, ermutigen wir unsere Mitglieder, bei Endoskopien bei Patienten, die GLP-1-Rezeptoragonisten einnehmen, bewährte Verfahren anzuwenden.“ Empfehlung der Redaktion Gastroenterologie – Unsere Themenseite Sie suchen geballtes Wissen aus dem Fachgebiet Gastroenterologie? Mit Updates zu Leitlinien, spannenden Kasuistiken, aktuellen Meldungen und mehr informiert diese Seite umfassend und strukturiert zum Thema. Auf dem Laufenden bleiben in Sachen CED, Pankreatitis, Reizdarm & Co! Die AGA hat nun zusätzlich ein „Rapid Clinical Practice Update“ zu dem Thema veröffentlicht. Darin sieht die Gesellschaft ausreichend Evidenz aus Studien, dass Inkretinmimetika tatsächlich die Magenmotilität beeinträchtigen und die Magenentleerung verzögern, was ein erhöhtes Aspirationsrisiko nahelegt. Auf der anderen Seite sei weitgehend unklar, welche Relevanz diese Effekte hätten. Statt die Medikamente abzusetzen, sei es vielleicht besser, am Tag vor der Prozedur auf feste Nahrung zu verzichten, um unerwünschte Wirkungen des Absetzens zu vermeiden. Die AGA rät statt dem obligatorischen Absetzen, wie von der ASA vorgeschlagen, zu einer individuellen Strategie. Die wichtigsten Punkte: Das klinische Team sollte sich über die Indikation für Inkretinmimetika im Klaren sein: Absetzen bei einer Diabetestherapie birgt mehr Risiken als bei einer Behandlung gegen Adipositas. Es sollten Dosis und Häufigkeit der Einnahme, andere Begleiterkrankungen und Medikamente sowie gastrointestinale Symptome und Nebenwirkungen der Medikamente notiert werden, etwa Übelkeit, Erbrechen, Dyspepsie und frühzeitige Sättigung. Werden die Medikamente ausschließlich zur Gewichtsabnahme eingenommen, ist beim Absetzen von einem geringen Schaden auszugehen. Es ist jedoch unklar, ob das Zurückhalten des Medikaments für nur eine Dosis ausreicht, damit sich die Magenmotilität wieder normalisiert. Die Empfehlungen der ASA haben zur Folge, dass das periprozedurale Medikamentenmanagement komplexer wird, was zu Problemen bei der Versorgung führen kann. Die AGA rät bei Patienten, die Inkretinmimetika einnehmen und die perioperativen Standardverfahren befolgt haben (typischerweise ein achtstündiges Fasten ohne feste Nahrung und ein zweistündiges Fasten ohne Flüssigkeit), mit der Endoskopie fortzufahren, sofern die Patienten keine gastrointestinalen Symptome wie Übelkeit, Erbrechen oder Dyspepsie verspüren. Bei Patienten mit Symptomen, die auf einen zurückgebliebenen Mageninhalt deuten, kann zur Beurteilung des Magens eine transabdominale Ultraschalluntersuchung erfolgen. Bei symptomatischen Patienten, bei denen eine Verzögerung der Endoskopie negative klinische Folgen haben könnte, ist eine schnelle Intubation eine Überlegung wert. Schließlich kann es hilfreich sein, Patienten am Tag vor sedierenden Eingriffen auf eine Flüssigdiät zu setzen, anstatt Inkretinmimetika abzusetzen.

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