Erschienen in:
02.11.2022 | Insuline | Leitthema
Algorithmen für die automatisierte Insulindosierung (AID): ein Überblick
verfasst von:
Dr. Andreas Thomas, Prof. Dr. Lutz Heinemann
Erschienen in:
Die Diabetologie
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Ausgabe 8/2022
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Zusammenfassung
Um ein System zur automatisierten Insulindosierung (AID) aufzubauen, werden seitens der Hardware eine Insulinpumpe mit entsprechendem Zubehör und ein System zum kontinuierlichen Glukosemonitoring (CGM) benötigt. Beide Geräte müssen miteinander kommunizieren, entweder direkt oder über ein Smartphone mit einer entsprechenden App. Zur Realisierung der automatischen Insulinzufuhr ist weiterhin ein in die Software integrierter Algorithmus erforderlich, welcher für eine geeignete Übersetzung der Glukosedaten sorgt, sodass die richtige Insulindosierung zu einem bestimmten Zeitpunkt zugeführt wird, damit der Glukosespiegel im Körper im Zielbereich verbleibt. Diese Software kann entweder in der Insulinpumpe integriert (z. B. bei den Systemen Medtronic MiniMed™ 670G/770G/780G oder der Tandem t:slim X2 Control IQ™) oder als App auf einem Smartphone installiert sein, welches mit der Insulinpumpe und dem CGM-System verbunden ist. Es mag einfach erscheinen, die richtige Insulindosis zu berechnen und die Pumpe so zu steuern, dass diese die aktuell notwendige Insulindosis verabreicht, allerdings wird das Insulin nach der Infusion ins subkutane Fettgewebe eher langsam resorbiert und anschließend metabolisch aktiv. Die Besonderheiten dieses dynamischen Prozesses müssen in der Software berücksichtig werden. Ein Ziel ist es, dass die AID-Systeme effizient sind, sie sollen dafür sorgen, dass der Anteil der Zeit, die die Glukosewerte im Zielbereich von 70–180 mg/dl (3,9–10,0 mmol/l) liegen, maximal ist (wenigstens 70 % beträgt) und gleichzeitig die Zeit im hypoglykämischen Bereich < 70 mg/dl (3,9 mmol/l) bzw. < 54 mg/dl (3,0 mmol/l) minimal ist (höchstens 4 % < 70 mg/dl und 1 % < 54 mg/dl). Andererseits sollen die AID-Systeme sicher in der Anwendung sein, d. h. es sollen insbesondere keine schweren Hypoglykämien auftreten. In diesem Übersichtsartikel werden die verschiedenen Arten von AID-Algorithmen charakterisiert, die in den letzten Jahrzehnten entwickelt wurden. Mit Hilfe eines systematischen Ansatzes werden sie klassifiziert. Eine systematische Bewertung der Leistungsfähigkeit der verschiedenen Algorithmen in dem angesprochenen Sinne fehlt nicht nur bei der klinischen Entwicklung von AID-Systemen, sondern auch in der täglichen Praxis. Vermutlich werden in Letzterer andere Faktoren darüber entscheiden, welche Algorithmen bei den jeweiligen AID-Systemen eingesetzt werden und welche davon sich am Markt durchsetzen.