Heißes Klima – stärkere Insulinwirkung

Wenn die ersten Nebelschwaden durchs Land ziehen, wächst bei vielen Menschen die Sehnsucht nach einem Urlaub in der Sonne. Insulinpflichtige Diabetiker müssen einiges beachten, damit sie auch während der Reise gut versorgt sind. Ob Diabetiker ähnliche Urlaube machen können wie Menschen ohne die chronische Krankheit, ist heute keine Frage mehr. Auch Fernreisen sind kein Problem, wenn einige Besonderheiten bedacht werden: Insulin in die Kühlbox und zusammen mit Pen, Teststreifen, Blutzuckermessgerät und dem ärztlichen Attest ins Handgepäck, und los geht’s. Doch selbst bei optimaler Lagerung des Medikaments bleibt die Frage, wie sich das Insulin unter veränderten Umgebungsbedingungen im Körper verhält. Ahmed Al-Qaissi von der britischen University of Hull und Kollegen haben untersucht, welchen Einfluss Umgebungstemperatur und relative Luftfeuchtigkeit auf die Pharmakodynamik von Insulin bei Typ-1-Diabetikern zwischen 18 und 55 Jahren nehmen. Über Nacht und für die Dauer des sechsstündigen Versuchs fasteten die Studienteilnehmer. In einer Klimakammer untersuchten Al-Qaissi und Kollegen das phamakodynamische Profil einer Einzeldosis (0,2 Units/kg) kurz wirksamen Insulins (Insulin lispro) unter drei verschiedenen Umgebungsbedingungen an zehn Probanden (15°C und 10% Luftfeuchtigkeit; 30°C und 10% Luftfeuchtigkeit; 30°C und 60% Luftfeuchtigkeit). Mittels kontinuierlichen Messungen und der Zufuhr von Glukose durch die Glukose-Clamp-Technik wurde der Blutglukosespiegel der Studienteilnehmer konstant bei 100 mg/dl gehalten. Die exogene Glukosezufuhrrate (GIR) wurde alle 5–10 Minuten bestimmt. Pharmakokinetische Endpunkte waren die maximale Glukoseinfusionsrate (GIRmax) und die Zeit bis zum Erreichen der maximalen Glukoseinfusionsrate (tGIRmax). Temperaturabhängige Wirksamkeit Bei einer Temperatur von 30°C und einer Luftfeuchtigkeit von 10% war die GIRmax signifikant höher und die tGIRmax wurde später erreicht als bei 15°C und gleicher Luftfeuchtigkeit. Dass die Luftfeuchtigkeit kurzfristig keinen Einfluss auf die pharmakodynamischen Parameter des Insulins hat, konnte durch den Vergleich der Bedingungen 30°C/10% Luftfeuchtigkeit vs. 30°C/60% Luftfeuchtigkeit belegt werden. Wurden die Effekte beider Parameter in Kombination untersucht, wurde tGIRmax bei einer Temperatur von 15°C und einer Luftfeuchtigkeit von 10% um 44 Minuten früher erreicht als bei 30°C und 60% Luftfeuchtigkeit. Bei niedriger Temperatur und niedriger relativer Luftfeuchtigkeit wurde demnach weniger Glukose benötigt. Dabei war der späte pharmakokinetische Effekt 2–6 Stunden nach Insulingabe bei 15°C und 10% Luftfeuchtigkeit geringer als bei 30°C und 60% Luftfeuchtigkeit. Die Studienergebnisse ließen erkennen, so Al-Qaissi und Kollegen, dass plötzliche Veränderungen der Umgebungsbedingungen die Pharmakokinketik von kurz wirksamen Insulinanaloga beeinflussen. Bei höheren Temperaturen stieg unter konstanter Luftfeuchtigkeit gegenüber niedriger Temperatur der Bedarf an Glukose, was auf eine verbesserte Insulinresorption und einen stärkeren Insulinpeak-Effekt hinweise. In der Praxis bedeute dies ein höheres Hypoglykämierisiko für Typ-1-Diabetiker, die sich in heißeren Gegenden aufhalten.

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