Gehäuft Niereninsuffizienz bei Hyperchlorämie

Auf Intensivstationen sollten Ärzte vielleicht vorsichtiger mit supraphysiologischen Kochsalzlösungen umgehen: Ein Großteil der Patienten hat bereits eine Hyperchlorämie, und diese kann offenbar eine akute Niereninsuffizienz fördern. Eine Hyperchlorämie ist bei Patienten auf Intensivstationen keine Seltenheit, sie kann zusätzlich durch isotone Kochsalzlösungen mit supraphysiologischem Chloridgehalt verstärkt werden. Da zu viele Chloridionen im Serum eine renale Vasokonstriktion und eine Reduktion der glomerulären Filtrationsrate begünstigen, wäre es zumindest biologisch plausibel, dass eine Hyperchlorämie eine akute Niereninsuffizienz fördert. Forscher um Dr. Suvi Vaara von der Universität in Helsinki wollten diese Hypothese nun anhand einer Teiluntersuchung der finnischen Studie zu akutem Nierenversagen (FinnAki) prüfen. Dazu haben sie retrospektiv Angaben von 17 finnischen Intensivstationen aus den Jahren 2011 und 2012 ausgewertet. Sie fanden 445 Patienten, die mindestens 24 Stunden auf den Stationen betreut worden waren und in dieser Zeit ausreichend Daten zu Chloridwerten liefern konnten. Die Patienten hatten im Schnitt am ersten Tag auf der Intensivstation knapp 200 ml einer 0,9%igen Salzlösung sowie rund 1200 ml Ringerlösung erhalten. Ein großer Teil (43%) war aufgrund einer Herz-Op. intensivmedizinisch betreut worden, knapp 23% wegen einer Sepsis. Von sämtlichen Patienten hatten etwas mehr als ein Drittel (35%) innerhalb der ersten 24 Stunden ein akutes Nierenversagen entwickelt, bei 14% geschah dies nach den ersten 24 Stunden. Insgesamt trat also bei knapp der Hälfte eine akute Niereninsuffizienz auf, 16% aller Patienten entwickelten eine Stadium-III-Insuffizienz und benötigten eine Dialyse. Im Schnitt wurden die Chloridspiegel elfmal am ersten Tag gemessen. Erhöhte Werte (> 106 mmol/l) zeigten dabei 72% bei der ersten Messung, 80% beim Durchschnittswert und 90% beim Maximalwert. Eine schwere Hyperchlorämie (> 114 mmol/l) konnten die Ärzte bei 11% der Teilnehmer beobachten. Risiko für Niereninsuffizienz bei Hyperchlorämie um 10% erhöht Die Studienärzte um Vaara interessierten sich nun besonders für die 62 Patienten, die nach den ersten 24 Stunden eine Niereninsuffizienz entwickelt hatten. Bei ihnen waren die Chloridwerte am ersten Tag auf der Intensivstation deutlich erhöht – sie lagen im Median bei 110,5 mmol/l, bei denen ohne Niereninsuffizienz betrugen sie im Median 109,3 mmol/l. Zudem zeigte sich ein Zusammenhang mit dem Ausmaß der Niereninsuffizienz: Bei Patienten mit Stadium I betrug der Chloridmittelwert 110,2 mmol/l, im Stadium II 111,0 mmol/l und im Stadium 3 113,2 mmol/l. Berücksichtigten die Ärzte eine Reihe von Begleitfaktoren, ließ sich bei einer Hyperchlorämie in den ersten 24 Stunden ein signifikant um rund 10% erhöhtes Risiko für eine Niereninsuffizienz berechnen. Mit einem p-Wert von 0,044 wurde das Signifikanzniveau allerdings nur knapp erreicht. Für Patienten mit ausgeprägter Hyperchlorämie zeigte sich kein statistisch belastbarer Zusammenhang – hier war wohl die Zahl der Betroffenen zu klein. 68 Patienten (15%) starben in den ersten drei Monaten nach dem Eingriff. Es zeigte sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen Chloridwerten und Sterberate, wenngleich die Rate bei Patienten mit ausgeprägter Hyperchlorämie etwas höher war (18,9 versus 15,0%). Eine Hyperchlorämie scheint nach diesen Daten das Risiko für eine Niereninsuffizienz leicht zu erhöhen. Es könnte sich also lohnen, etwas restriktiver mit Kochsalzlösungen umzugehen, deren Chloridkonzentration den physiologischen Wert überschreitet.

Springer Medizin

Gehäuft Niereninsuffizienz bei Hyperchlorämie

Weiterführende Themen

Neu im Fachgebiet AINS

Hinter dieser Appendizitis steckte ein Erreger

Ärztliche Empathie hilft gegen Rückenschmerzen

Mehr Schaden als Nutzen durch präoperatives Aussetzen von GLP-1-Agonisten?

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Update AINS