Innovative temporäre Herzunterstützungssysteme verbessern die Behandlungsergebnisse

Bei akutem Linksherzversagen kann ein hämodynamisches Unterstützungssystem das Herz entlasten und die Erholung des Herzmuskels fördern. Mikroaxialpumpensysteme ermöglichen eine einfache, schnelle und sichere Entlastung des Herzens, die mit erhöhter hämodynamischer Stabilität und besseren Behandlungsergebnissen einhergehen kann. Der kardiogene Schock führt in einen Teufelskreis aus verringerter Auswurfleistung, niedrigem Blutdruck, Koronarinsuffizienz, weiterer Verringerung der Kontraktilität des Herzens und der Auswurfleistung. Die Krankenhaussterblichkeit liegt bei 50–80 % [1]. In rund 80 % der Fälle ist eine linksventrikuläre Insuffizienz nach einem Myokardinfarkt die Ursache seltener Herzklappenschäden oder Myokarditiden. „Erforderlich ist eine frühzeitige Entlastung des linken Ventrikels zur Vermeidung der Schockspirale“, erklärte Prof. Dr. med. Arjang Ruhparwar, Klinik für Herzchirurgie, Universitätsklinikum Heidelberg. Frühe hämodynamische Unterstützung sinnvoll Therapiestandard ist die Behandlung mit Inotropika und Katecholaminen. Kommt es nicht zur Stabilisierung, werden zunehmend hämodynamische Unterstützungssysteme verwendet. Extrakorporale Kreislaufunterstützungssysteme (ECLS) können mit einer Leistung von bis zu sieben Litern pro Minute zwar prinzipiell die normale Funktion des linken Herzventrikels ersetzen. „Nachteilig sind jedoch der mit ihnen verbundene große Aufwand sowie das relativ hohe Risiko für Gefäßkomplikationen wie Blutungen, Embolien und Ischämien infolge der notwendigen großvolumigen Kanülierung. Außerdem ist keine Mobilisierung des Patienten möglich“, so Ruhparwar. Eine Alternative bieten intrakorporale Systeme zur mechanischen Kreislaufunterstützung, welche die Hämodynamik verbessern und die Erholung des Herzmuskels begünstigen [2]. Gesteigerte Auswurfleistung bei reduzierter Herzarbeit Die chirurgisch einzusetzende Mikroaxialpumpe Impella® 5.0 transportiert bis zu 5 l/min. Sie wird über eine transportable Konsolegesteuert, die bis zu 60 Minutenlang netzunabhängig betrieben werden kann. Die Pumpe steigert die Auswurfleistung bei gleichzeitiger Reduktion der Herzarbeit, sodass der linke Ventrikel entlastet wird. Zudem verbessert sie die Durchblutung der Koronararterien und reduziert den myokardialen Sauerstoffverbrauch [3]. Dies begünstigt die natürliche Erholung des Herzens. Die Überlebensraten von Patienten mit kardiogenem Schock werden verbessert, wenn zusätzlich zur üblichen extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) eine hämodynamische Entlastung mit der Mikroaxialpumpe erfolgt (Abb. 1) [4, 5]. Abb.1 Verbesserte Überlebensraten durch die Hinzunahme einer Mikroaxialpumpe zur ECMO; modifiziert nach [4, 5] Springer Medizin Verlag GmbH × Wichtige Faktoren für den Therapieerfolg sind die rasche Erkennung von Patienten mit kardiogenem Schock sowie die rechtzeitige Intervention. Zeichen einer Organminderdurchblutung manifestieren sich bei einem systolischen Blutdruck unter 90 mmHg. Weitere Symptome sind verändertes Empfindungsvermögen, kalte Extremitäten, reduzierte Harnausscheidung und ein erhöhter Serumlaktatspiegel über 2 mmol/l. Die Serumlaktatspiegel sind ein guter Surrogat-Parameter für die Gewebe-Oxygenierung und helfen bei der Erkennung einer Minderdurchblutung der Organe im Schock. Aus Sicht von Ruhparwar ist die hämodynamische Entlastung mit einem Mikroaxialpumpensystem bei Hochrisiko-Herzklappeneingriffen, z. B. bei Patienten mit hochgradiger Mitralinsuffizienz und Linksherzinsuffizienz prophylaktisch oder perioperativ sinnvoll. Bei einer akut aufgetretenen Mitralklappeninsuffizienz ist der Patient in der Regel hoch symptomatisch. Die Patienten leiden unter schwerer, plötzlich auftretender Dyspnoe, je nach Schweregrad mit Zeichen der kardialen Dekompensation. Aufgrund der plötzlichen Volumenbelastung des linken Ventrikels kann es zu einer akuten linksventrikulären Dysfunktion kommen. „Eine Ejektionsfraktion unter 25 % ist ein Risikofaktor für die Früh- und Spätmortalität dieser Patienten“, erklärte Ruhparwar. „Die temporäre Herzunterstützung ermöglicht eine Hochrisiko-Mitralklappen-Intervention auch bei Patienten mit einer Ejektionsfraktion unter 25 %“, so Ruhparwar. Ventrikelentlastung als Langzeitunterstützung Dr. Alexander M. Bernhardt, Herzzentrum am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, erinnerte daran, dass die Mikroaxialpumpe mit einer Pumpleistung von 5,0 l/min zwar über die A. axillaris eingeführt werden kann und damit eine Mobilisierung des Patienten erlaubt, aber ursprünglich für den femoralen Zugang entwickelt wurde. Sie ist für eine zehntätige Anwendung zugelassen. Nach der Erfahrung von Bernhardt haben jedoch mehr als 70 % der Patienten einen Unterstützungsbedarf von mehr als zehn Tagen. Vor diesem Hintergrund wurde eine neue Mikroaxialpumpe entwickelt, die 30 Tage lang eingesetzt bleiben kann. Sie bietet eine volle hämodynamische Unterstützung mit 5,5 l/min und wurde speziell zur Platzierung durch die A. axillaris entwickelt, was eine Mobilisierung des Patienten ermöglicht. Positive Erfahrungen Bernhardt behandelte am UKE den ersten Patienten mit der neuen Pumpe [6]. Der 75-jährige Patient hatte sich mit ischämischer Kardiomyopathie, schwerer mitraler Regurgitation und einer Ejektionsfraktion von 18 % undeinem linksventrikulären diastolischen Diameter von 75 mm vorgestellt. Der Spiegel von NT-proBNP (N-terminales pro brain natriuretic peptide) lag bei 44.000 pg/ml. Unter der neuen Pumpe kam es zu einer Verbesserung der Lungenfunktion und Erholung der Endorganfunktion, sodass der Patient nach zehn Tagen hämodynamischer Unterstützung mit einem Mitraclip versorgt werden konnte. Mittlerweile wurden 20 Patienten mit der neuen Mikroaxialpumpe in vier verschiedenen Herzzentren in Deutschland behandelt. Die 30-Tage-Überlebensrate liegt bei 75 %. Die neue Pumpe ist für Patienten mit Linksherzinsuffizienz, z. B. bei Postkardiotomie, Low-Output-Syndrom oder kardiogenem Schock nach akutem Myokardinfarkt, geeignet. Sie kann auch während einer koronaren Bypass-Operation am schlagenden Herzen als kardiovaskuläres Unterstützungssystem eingesetzt werden, insbesondere bei Patienten mit eingeschränkter präoperativer Ejektionsfraktion und hohem Risiko eines postoperativen Low- Output-Syndroms. Die neue Mikroaxialpumpe verfügt über die innovative SmartAssist-Technologie mit einem optischen Sensor, der die Integration von klinischen Dateninformationen wie z. B. dem linksventrikulären Druck, dem enddiastolischen Druck und dem Herzzeitvolumen auf der Konsole vorantreibt sowie die exakte Positionierung des Geräts in Echtzeit ermöglicht. Mit dem vor kurzem CE-zertifizierten, vollständig HIPAA*- und DSGVO**-konformem Fernüberwachungssystem Impella Connect ist eine direkte Visualisierung der Daten von der Konsole und eine genaue Überwachung der Patienten in Echtzeit möglich. *Health Insurance Portability and Accountability Act **Datenschutzgrundverordnung „Je früher der Wechsel auf die Mikroaxialpumpe erfolgt, desto besser” Interview mit Prof. Dr. Dr. Hermann Reichenspurner, Direktor der Klinik und stellv. Ärztlicher Leiter des Herzzentrums am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf × Herr Professor Reichenspurner, nach welchen Kriterien wählen Sie die Patienten aus, die für mechanische Entlastung mit der Mikroaxialpumpe infrage kommen? Reichenspurner: Dies sind in erster Linie diejenigen Patienten, die von einer Entlastung des linken Herzens profitieren, das heißt Patienten mit isoliertem Linksherzversagen. Gegenanzeigen sind zusätzliche Funktionsstörungen des rechten Ventrikels oder eine starke Einschränkung der Lungenfunktion. Dann kommt ein ECMO-System in Frage. Wann treffen sie die Entscheidung, ob Sie die hämodynamische Unterstützung durchführen wollen? Reichenspurner: Wichtige Faktoren für eine erfolgreiche Behandlung sind die rasche Diagnose von Patienten mit kardiogenem Schock sowie die rechtzeitige Intervention. Entweder kommen sie über die Notfallaufnahme oder werden von einem anderen Krankenhaus zu uns verlegt. Als Sofortmaßnahme werden diese Patienten oft mit einem ECMO-System versorgt. Sie werden dann am laufenden ECMO-System transportiert oder es wird in der Notaufnahme angeschlossen. Dann schaut man, ob ein isoliertes Linksherzversagen vorliegt und das rechte Herz noch funktionstüchtig ist. Ist dies der Fall, dann sollte man so bald wie möglich auf ein Impella System switchen. Es ist zum einen das weniger invasive Verfahren und hat weniger Komplikationen als das ECMO-System und zum anderen können die Patienten im Gegensatz zur Versorgung mit ECMO mobilisiert werden. Je früher der Switch auf die Mikroaxialpumpe erfolgt, desto besser. Ein Problem des ECMO-Systems ist unter anderem, dass das linke Herz nicht entlastet wird. Ganz im Gegenteil steigt das Afterload und damit die Belastung des linken Ventrikels, da der Druck hinter der Aortenklappe höher wird. Deshalb ist eine zügige schrittweise Entwöhnung, sogenanntes Weaning, des ECMO-Systems mit Switch der Patienten auf Impella sinnvoll oder die gleichzeitige Verwendung einer Impella zusätzlich zum ECMO-System. Wie gehen Sie hinsichtlich des kurz- und langfristigen Monitorings vor? Reichenspurner: Mit der neuen Möglichkeit des Remote Monitorings haben wir erstmals eine cloudbasierte Technologie, die an allen Orten mit Internetverbindung eine sichere Fernüberwachung der Impella-Konsole in Echtzeit ermöglicht. Zudem werden alle Patienten, die bei uns mit einem Mikroaxialpumpensystem versorgt werden, im Rahmen einer Registerstudie geführt und regelmäßig nach untersucht. Unterscheiden muss man hier zwischen Patienten, bei denen sich der Ventrikel erholt und die vom System entwöhnt werden können, und Patienten, bei denen nach Überbrückung ein längerfristiges Linksherzunterstützungssystem implantiert wird. Literatur Werdan K et al., Kardiologe 2011,5: 166–224 Gilani FS et al., Clin Med Insights Cardiol 2015, 9:23–28 Burzotta F et al., Int J Cardiol 2015, 201:684–691 Pappalardo F et al., Eur J Heart Fail 2017, 19:404–412 Patel SM et al., ASAIO J 2019, 65:21–28 Bernhardt AM et al., J Heart Lung Transplant 2019, 38:466–467 Impressum „Innovative temporäre Herzunterstützungssysteme – Indikationen und Therapie“ Lunchsymposium im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) Wiesbaden, 18. Februar 2019 Berichterstattung: Dr. Kirsten Westphal, Heimstetten Artikel gedruckt in „Zeitschrift für Herz- Thorax- und Gefäßchirurgie“ , Band 33, Heft 3, Juni 2019 Mit freundlicher Unterstützung der Abiomed Europe GmbH, Aachen Corporate Publishing (verantwortl. i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV): Ulrike Hafner, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Redaktion: Teresa Windelen Springer Medizin Verlag GmbH Heidelberger Platz 3 14197 Berlin Tel: 0800 7780 777 (kostenfrei) | +49 (0) 30 827 875 566 Fax: +49 (0) 30 827 875 570 E-Mail: kundenservice@springermedizin.de Die Springer Medizin Verlag GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Nature Geschäftsführer: Joachim Krieger, Fabian Kaufmann Handelsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 167094 B Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 230026696 © Springer Medizin Verlag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. PDF: Kardiogener Schock - Innovative temporäre Herzunterstützungssysteme verbessern die Behandlungsergebnisse

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