Die Ergebnisse der Umfrage im Überblick: |
Gesamtanzahl zahnärztlicher ambulanter Behandlungen in Allgemeinnarkose: 114.751, davon
Stationäre Aufnahme und Narkose zur konservierend/chirurgischen Behandlung notwendig:
Zusammenarbeit von befragten Zahnarztpraxen mit Anästhesisten, die vertragsärztliche ambulante Narkoseleistungen anbieten:
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In einer gemeinschaftlichen Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnmedizin (DGKiZ), der Deutschen Gesellschaft Zahnmedizin für Menschen mit Behinderung oder besonderem medizinischen Unterstützungsbedarf e.V. (DGZMB) und des Bundesverbandes der Kinderzahnärzte (BuKiZ) sowie von Oral-B beleuchteten Experten den aktuellen Versorgungsbedarf in der Kinderzahnmedizin. Nahezu jedes 7. Kind im Alter von 3 Jahren leidet in Deutschland an frühkindlicher Karies und nur ein Viertel der Betroffenen wird auch versorgt. Häufig ist eine zahnärztliche Therapie aufgrund des jungen Alters und der schweren Befunde nur in Intubationsnarkose möglich. Eine Mitgliederumfrage der DGKiZ lieferte zum Teil ernüchternde Ergebnisse: Es gibt zunehmende Engpässe bei der ambulanten Versorgung insbesondere von Kleinkindern, die in Allgemeinanästhesie behandelt werden müssen.
Aktuelle zahngesundheitliche Situation bei Kindern und Behandlungsmöglichkeiten
Trotz der vergangenen Präventionserfolge stellt die Karies bei Kleinkindern weiterhin eine Herausforderung in der Zahnmedizin dar. Bei den Dreijährigen sind in Deutschland bereits 13,7 % von Karies betroffen, im Schnitt mit knapp vier Zähnen. Der Sanierungsgrad ist dabei mit 26,1 % inakzeptabel niedrig, was mit akuten und chronischen Schmerzen, Infektionen, Appetit- und Schlaflosigkeit einhergehen kann. Problematisch ist, dass sich in diesem jungen Alter ein solches Kariesgeschehen kaum ambulant im Wachzustand behandeln lässt1. Die frühkindliche Karies ist dabei die häufigste Ursache für eine restaurative oder chirurgische Behandlungsmaßnahme in Allgemeinanästhesie bei Kleinkindern2.
„Sind die Möglichkeiten der Zahnsanierung mit Lokalanästhesie und verhaltensführenden Maßnahmen oder oraler Sedierung bei kleinen Kindern in der zahnärztlichen Praxis ausgeschöpft und liegt zudem ein größerer Behandlungsumfang vor, bedarf es einer Intubationsnarkose“, berichtet Prof. Dr. Katrin Bekes, Leiterin des Fachbereichs Kinderzahnheilkunde an der Universitätszahnklinik Wien und Präsidentin der DGKiZ.
Intubationsnarkose und Lebensqualität
Die Bedeutung einer zeitnahen Therapie belegt eine Studie aus Österreich3. Hier konnte bei 80 Kindern gezeigt werden, dass sich nach einer erfolgten Sanierung in Intubationsnarkose die mundgesundheitsbezogene Lebensqualität der Kinder signifikant verbesserte. Vor der zahnärztlichen Behandlung wurde bei der Mehrheit der Kinder über Schmerzen an den Zähnen, im Mund und im Kiefer (73,7 %) sowie Schwierigkeiten beim Essen bestimmter Nahrungsmittel (48,8 %) berichtet. Dieser positive Einfluss der Behandlung wird auch international bestätigt 4,5.
Aktuelle Situation bei den niedergelassenen, zahnärztlichen Praxen in Deutschland
Die skizzierte Situation zeigt, dass eine tragende Säule bei der Versorgung dieser betroffenen Kinder die niedergelassenen, zahnärztlichen Praxen sind. Dies unterstreicht eine aktuelle Mitgliederbefragung der DGKiZ von August 20236. Hier gaben 98 % der Befragten (N=582) an, dass bei ihnen in den vergangenen 12 Monaten Patienten vorstellig wurden, bei denen eine ambulante Narkose zur konservierenden oder chirurgischen Behandlung indiziert war. Insgesamt stellten dabei 77,8 % der teilnehmenden Zahnarztpraxen ein Versorgungsdefizit bei der Behandlung von Kindern und Menschen mit Behinderungen fest. Jedes 11. Kind musste dabei an eine Klinik überwiesen werden.
Aktuell wird die Situation in den Praxen durch strukturelle Veränderungen in der Zusammenarbeit von Kinderzahnmedizin und Anästhesie verschärft. In den vergangenen 12 Monaten wurde bei knapp einem Fünftel der Praxen die Zusammenarbeit zwischen beiden Berufsgruppen beendet. Es ist daher zu erwarten, dass sich die Versorgungslage weiter verschlechtert.
Bereits jetzt liegt die durchschnittliche Wartezeit für eine Behandlung in Vollnarkose an den Universitätsstandorten bei viereinhalb Monaten, 2009 waren es noch mehrheitlich drei bis vier Wochen7. Aktuell wird berichtet, dass an einzelnen Standorten sogar mit Wartezeiten von über einem Jahr gerechnet werden muss8.
Prävention im Kleinkindalter
Zur Vermeidung der frühkindlichen Karies sollten Kinder bereits ab dem ersten Lebensjahr beim Zahnarzt vorgestellt werden. Hier können die Eltern über eine zahnfreundliche Ernährung, die altersgerechte Mundhygiene, die Nutzung von Fluoriden sowie weitere Faktoren für das Vorbeugen einer Karies aufgeklärt werden. Ziel ist es, die Erziehungsberechtigten zur Mitarbeit zu gewinnen, zu motivieren und die Eigenverantwortung zu stärken. Kleinkindern sollten mit Durchbruch des ersten Milchzahnes zweimal täglich die Zähne mit einer fluoridhaltigen Kinderzahnpasta mit 1.000 ppm in Reiskorngröße gereinigt werden. Ab dem zweiten Lebensjahr kann dies auf Erbsengröße gesteigert werden9. Zahnärztliche Kontrollen sollten viertel- bis halbjährlich erfolgen.
Das Gemeinschaftsprojekt „Starke Zähne für starke Kinder – von Anfang an, ein Leben lang“, welches die DGKiZ zusammen mit Oral-B ins Leben gerufen hat, soll hier eine Hilfestellung für Eltern, aber auch für niedergelassene Kollegen sein. Ein Teil dieses Gemeinschaftsprojektes besteht aus einer Elternbroschüre, welche die vier Säulen der Kariesprophylaxe anschaulich darstellt und praktische Tipps an die Hand gibt.