Erschienen in:
01.05.2009 | Leitthema
Komplikationsmanagement nach Band- und Netzimplantationen
verfasst von:
PD Dr. C. Hampel, G. Naumann, J.W. Thüroff, R. Gillitzer
Erschienen in:
Die Urologie
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Ausgabe 5/2009
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Zusammenfassung
Seit über 15 Jahren haben spannungsfreie alloplastischen Schlingenplastiken (SFAS) die Chirurgie der weiblichen Belastungsinkontinenz revolutioniert. Das Verfahren hat sich in großen Vergleichsstudien bei einfacher Erlernbarkeit, minimaler Invasivität mit entsprechend kurzen Operationszeiten und prinzipiell ambulanter Durchführbarkeit in bezug auf Langzeiteffektivität der Kolposuspension als ebenbürtig erwiesen.
Mögliche SFAS-Komplikationen werden sowohl in ihrer Häufigkeit als auch in ihrer Beherrschbarkeit unterschätzt. Wir berichten unsere Erfahrungen mit z. T. schwerwiegenden Komplikationen nach SFAS und Netzimplantationen, die sich im interdisziplinären Kontinenzzentrum der Johannes-Gutenberg-Universität vorstellten. Patientenprofile, Risikofaktoren und präoperative Diagnostik werden analysiert, um zu einer patientenindividualisierten Behandlungsstrategie zu kommen.
Überkorrekturen mit Restharnbildung können sowohl bei retropubischen, wie auch bei transobturatorischen SFAS auftreten, die häufigste und in ihrer Komplexität besonders schwer zu beherrschende Komplikation ist jedoch die De-novo-Drangsymptomatik. Schwerste Komplikationen wie Harnröhrenscheidenfisteln, Blasen- und Harnröhrenarrosionen und gangränöse Infektionen bis hin zum kompletten Harnröhrenverlust mit der Notwendigkeit einer Harnableitung tauchen mit einer Häufigkeit in unserer Komplikationssammlung auf, die eine Unterrepräsentierung derartiger Komplikationen in der Literatur vermuten lassen. Netzimplantate zur Prolapskorrektur stellen aufgrund der großen Menge implantierten alloplastischen Materials im Fall persistierender Schmerzen oder Drangsymptome eine besondere Herausforderung dar.
Das Komplikationsmanagement muss den jeweiligen urodynamischen, zystoskopischen und körperlichen Untersuchungsbefunden angepasst sein und unter Berücksichtigung möglicher Risiken einer Beschwerdepersistenz oder Rezidivinkontinenz bzw. eines Prolapsrezidivs patientenindividualisiert durchgeführt werden.
Zur Vermeidung von SFAS- und Netzkomplikationen sollte der Patient präoperativ konservativ ausbehandelt und vollständig (auch urodynamisch) untersucht werden. Artifizielle Netze sollten anderweitig inoperablen oder Rezidiv-Prolaps-Patientinnen vorbehalten bleiben. Eine postoperative Urodynamikkontrolle hilft bei der Dokumentation des Operationserfolgs genauso wie bei der Identifizierung und Graduierung von Komplikationen.