Kein EKG-Screening bei geringem kardiovaskulärem Risiko

Die US-Präventions-Taskforce spricht sich weiterhin gegen ein EKG-Screening bei asymptomatischen Erwachsenen mit geringem kardiovaskulärem Risiko aus. Keine klaren Empfehlungen gibt es bei mittlerem und hohem Risiko. Letztlich haben die Autoren der US Preventive Services Task Force (USPSTF) nur einen Buchstaben in ihren Empfehlungen zum EKG-Screening geändert: Ging es 2012 noch um CHD (coronary heart disease), so setzen sie sich jetzt mit CVD (cardiovascular disease) auseinander. Ansonsten ist der Text der beiden Empfehlungen praktisch identisch: Die Taskforce spricht sich klar gegen ein Screening per Ruhe- und Belastungs-EKG bei asymptomatischen Erwachsenen mit geringem kardiovaskulärem Risiko aus – das sind Personen mit einem Zehnjahresrisiko für kardiovaskuläre Ereignisse von weniger als 10%. Bei allen übrigen asymptomatischen Erwachsenen erkennt die Taskforce keine ausreichende Evidenz für eine Empfehlung – hier bleibt es also den Ärzten überlassen, ob sie im individuellen Fall ein EKG für hilfreich erachten. Die minimale Änderung im Text bedeutet aber dennoch einen Wechsel des Konzepts: Hatte sich die Taskforce bislang auf das Herz beschränkt, so geht es nun um das gesamte Kreislaufsystem, was prompt Kritik nach sich zieht. In einem Editorial zu dem Update weist der Kardiologe Dr. Robert Myerburg von der Universität in Miami darauf hin, dass ein EKG primär etwas über den Zustand des Herzens aussagt. Zwar hätten KHK-Patienten meist auch eine Atherosklerose in anderen Teilen des Gefäßsystems, letztlich würde aber der prädiktive Wert der Untersuchung verwässert, wenn damit noch andere Erkrankungen erkannt werden sollen. Oder anders ausgedrückt: Ein verengtes Hirngefäß wird nicht unbedingt im EKG auffallen. Kein großer Zusatznutzen Unterm Strich sieht die Taskforce keinen ausreichenden Nutzen eines EKG-Screenings zusätzlich zum üblichen Risiko-Assessment, etwa über Tools wie den Framingham-Score, und damit auch keine Hilfe bei der Therapieentscheidung – egal ob nun eine KHK im Besonderen oder eine kardiovaskuläre Erkrankung im Allgemeinen betrachtet wird. Die Risikostratifizierung lasse sich durch ein EKG bei asymptomatischen Patienten nicht wesentlich verbessern, jedenfalls gebe es dafür bislang keine ausreichende Evidenz. Die Studien sprächen hingegen klar gegen einen substanziellen Nutzen bei Personen mit niedrigem kardiovaskulärem Risiko, dafür bestehe hier die nicht unerhebliche Gefahr eines Schadens, etwa durch unnötige invasive Eingriffe aufgrund von unklaren EKG-Befunden. Das Risiko-Nutzen-Verhältnis wird daher als ungünstig bezeichnet. Und für Patienten mit mittlerem und hohem kardiovaskulärem Risiko lasse sich das Risiko-Nutzen-Verhältnis derzeit schlicht nicht abschätzen. Die Taskforce-Autoren um Susan Curry von der Universität in Iowa City gehen zwar davon aus, dass Personen mit hohem kardiovaskulärem Risiko noch am ehesten EKG-Auffälligkeiten zeigen, allerdings stünden solche Personen in der Regel schon unter guter medizinischer Kontrolle und würden bereits präventiv behandelt. Die USPSTF sieht jedoch einen gewissen Nutzen für Personen, bei denen ein plötzliches Herzproblem auch das Leben vieler anderer Menschen gefährden könnte, etwa Piloten und Busfahrer. Keine Auswirkungen auf kardiovaskuläre Ereignisse Basis für das Update bildete eine Metaanalyse mit 16 Studien zum EKG-Screening. Darunter befanden sich auch zwei randomisiert-kontrollierte Studien. Diese konnten keinen Nutzen des Screenings mit Blick auf kardiovaskuläre Ereignisse nachweisen – das Screening führte also nicht zu einer besseren präventiven Behandlung. Immerhin lässt sich mit einem EKG-Screening zusätzlich zur Anwendung der bestehenden Risiko-Scores etwas besser abschätzen, wer ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko besitzt. Allzu groß sei der Effekt jedoch nicht, geben die Autoren der Metaanalyse zu bedenken. Nach der Präventionsleitlinie der European Society of Cardiology aus dem Jahr 2012 kann ein Belastungs-EKG zur kardiovaskulären Risikobewertung bei asymptomatischen Erwachsenen ab einem mittleren Risiko in Betracht gezogen werden. Im aktuellen Update aus dem Jahr 2016 wird auf diesen Aspekt jedoch nicht weiter eingegangen.

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