US-Kardiologen gehen nicht mit der Mode

Kein Knöchel-Arm-Index, kein C-reaktives Protein, kein Koronarkalk – Experten der US-Präventions-Taskforce wollen das kardiovaskuläre Risiko auch weiterhin konventionell berechnen. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Nach neun Jahren hat die US Preventive Services Task Force (USPSTF) ihre Empfehlungen zum kardiovaskulären Risiko-Assessment aktualisiert. Danach bleibt alles beim Alten: Mangels Evidenz werden neuartige Methoden wie der Knöchel-Arm-Index (ABI), die Konzentration von hochsensitivem C-reaktivem Protein (hsCRP) sowie ein Score zum koronaren Verkalkungsgrad (CAC-Score) für die Bestimmung des kardiovaskulären Risikos bei asymptomatischen Erwachsenen abgelehnt. Die USPSTF habe sich für die Analyse dieser drei Ergänzungen zu traditionellen Risikoscores entschieden, weil es dafür die beste Datenbasis gebe und jeder Faktor für sich genommen mit dem kardiovaskulären Risiko korreliere – was in Studien gut belegt sei, schreiben die Taskforce-Experten um Susan Curry von der Universität in Iowa City. Entscheidend sei jedoch, ob solche Faktoren die Aussagekraft bestehender Tools wie des Framingham-Scores oder der Pooled Cohort Equations nennenswert verbesserten. Hier sehe es um die Evidenz schon weniger gut aus, da ABI, hsCRP und CAC oft nur isoliert betrachtet wurden. Inkonsistente Resultate Die USPSTF hat also geschaut, was die Studienlage zur Kombination solcher nichttraditioneller Faktoren mit den üblichen Scores hergibt. Im Blickpunkt standen etwa Verbesserungen der Kalibrierung, Diskriminierung und Reklassifizierung durch die neuen Faktoren. Unter Kalibrierung wird die Übereinstimmung von vorhergesagten und tatsächlichen Resultaten verstanden, unter Diskriminierung die Fähigkeit zwischen Personen zu unterscheiden, die ein kardiovaskuläres Ereignis erleiden werden, und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist. Reklassifizierung heißt schließlich, Patienten korrekt und klinisch bedeutsam zu stratifizieren, etwa in solche mit hohem, mittlerem und geringem Risiko – darauf basieren dann in der Regel die Behandlungsempfehlungen. Insgesamt fanden die Experten 10 Artikel basierend auf 22 Kohorten zum ABI, 25 Artikel zu 49 Kohorten mit hsCRP-Werten und 19 Artikel zu 10 Kohorten mit CAC-Analysen. In den meisten Publikationen wurden jedoch weder der Framingham-Score noch die Pooled Cohort Equations als Basismodelle verwendet, und dort, wo dies der Fall war, ergaben sich häufig inkonsistente Resultate. So verbesserte hsCRP die Kalibrierung für einige Subgruppen und verschlechterte sie für andere, die Diskriminierung wurde in einigen Studien etwas, in anderen überhaupt nicht verbessert. Eine Metaanalyse ergab nur eine verbesserte Diskriminierung des Framingham-Scores für Frauen, nicht aber für Männer, wenn der ABI hinzugefügt wurde, eine weitere Analyse fand jedoch keinerlei Verbesserungen, wenn der ABI die Pooled Cohort Equations ergänzte. Nicht besser steht es um den CAC-Score: Dieser glänzte zwar in diversen Analyse bei der Diskriminierung, je besser das verwendete Basismodell, umso geringer war jedoch der Effekt. Wurde der Score zur Pooled Cohort Equations hinzugefügt, ergaben sich nur noch minimale Verbesserungen. Höhere Sensitivität, geringere Spezifität Bei der Reklassifizierung zeigten alle drei Faktoren ähnliche Effekte – sie erhöhten die Sensitivität, verringerten aber die Spezifität des Framingham-Scores oder der Pooled Cohort Equations: Es wurden also mehr Personen, die später ein kardiovaskuläres Ereignis erlitten, korrekt der Gruppe mit hohem Risiko zugeordnet, gleichzeitig gelangten aber auch mehr Personen, die kein solches Ereignis erlitten, in eine höhere Risikogruppe. Da letztlich die meisten Personen kein kardiovaskuläres Ereignis erleiden, führt dies unterm Strich zu einer höheren Fehlklassifikation. Noch dünner sieht die Datenlage zu klinischen Endpunkten aus. Nur eine randomisiert-kontrollierte Studie prüfte den CAC-Score zusätzlich zu anderen Faktoren für das Risiko-Assessment und die Therapieentscheidung, in Gruppen mit und ohne CAC-Score kam es im Laufe von vier Jahren jedoch zu ähnlich vielen kardiovaskulären Ereignissen. Recht inkonsistent sind auch Resultate zu möglichen Schäden durch die nichttraditionellen Faktoren. Bei der Bestimmung des CAC-Score werden die Patienten einer – wenn auch relativ geringen – Röntgenstrahlung ausgesetzt. Hinzu kommen mögliche Schäden durch unnötige diagnostische Prozeduren. Hier gebe es aus einigen Untersuchungen Hinweise, dass Zufallsbefunde vermehrt zu einer diagnostischen Abklärung führten, andere fanden dies jedoch nicht. Insgesamt sei die Datenlage also zu schlecht, um eine Empfehlung für ein kardiovaskuläres Risiko-Assessment mit CAC-Score, ABI oder hsCRP auszusprechen, schlussfolgern die Experten um Curry. Das Wichtigste in Kürze Frage: Verbessern der Knöchel-Arm-Index sowie die Bestimmung von C-reaktivem Protein und Koronarkalk die Aussagekraft traditioneller kardiovaskulärer Risikoscores? Antwort: Die US Preventive Services Task Force hat dafür keine ausreichenden Hinweise gefunden. Bedeutung: ABI, hsCRP und CAC-Score verbessern nach Auffassung der US-Experten das kardiovaskuläre Risiko-Assessment nicht. Einschränkung: Die Empfehlungen beruhen auf der derzeitigen Studienlage, weitere Studien könnten zu einer anderen Einschätzung führen.

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