Erschienen in:
01.06.2004 | Originalien
Inzidenz schwerer Verletzungen
Ergebnisse einer populationsbezogenen Untersuchung
verfasst von:
PD Dr. U. C. Liener, U. Rapp, L. Lampl, M. Helm, G. Richter, M. Gaus, M. Wildner, L. Kinzl, F. Gebhard
Erschienen in:
Die Unfallchirurgie
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Ausgabe 6/2004
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Zusammenfassung
Es ist bisher unbekannt, wie viele Personen pro Jahr in Deutschland eine schwere Mehrfachverletzung (ISS≥16) erleiden. In Anbetracht zunehmender Restriktionen im Gesundheitswesen und der G-DRG (German Diagnosis Related Groups) ist es aber unbedingt angezeigt, Daten über diesen sehr ressourcenintensiven Aspekt der Unfallversorgung zu gewinnen. Ziel dieser Studie war daher die Erfassung aller schweren Mehrfachverletzungen in einem definierten Landkreis mit 297.000 Einwohnern.
In einer retrospektiven Erhebung der Jahre 1996–2000 wurden in der Untersuchungsregion alle chirurgischen Notfälle erfasst. Aus den Krankenakten wurden jeweils Verletzungsmuster, -art und -schwere sowie die Klinikletalität extrahiert. Die Anzahl der direkt an der Unfallstelle Verstorbenen wurde nach Durchsicht aller Leichenschauscheine erhoben.
Insgesamt erlitten 454 Personen im Untersuchungszeitraum eine schwere Verletzung (ISS≥16). Direkt an der Unfallstelle verstarben 112 bzw. im weiteren Verlauf 64 Patienten. Der durchschnittliche ISS der überlebenden Patienten betrug 27 (16–75). Aus den erhobenen Daten ergibt sich für die Untersuchungsregion eine Inzidenz von 25 schweren Mehrfachverletzungen/100.000 Einwohner. Hochgerechnet auf die Bundesrepublik erleiden bis zu 40.000 Personen eine schwere Mehrfachverletzung.
Durch diese Untersuchung konnte erstmals die Inzidenz der schweren Mehrfachverletzung in einer definierten Region nach dem Ereignisortprinzip erhoben werden. Legt man Kostenanalysen zugrunde, so ergeben sich pro Jahr in Deutschland bis zu 2 Mrd. Euro, welche alleine für akutstationäre Behandlung Polytraumatisierter aufgewendet werden müssen.