Ustekinumab: Neue Therapieoption bei Morbus Crohn

Mit Ustekinumab ist ein weiterer Antikörper zur Therapie des Morbus Crohn zugelassen worden. In einer prominent publizierten Studie hat er sich als wirksam in der Induktions- und Erhaltungstherapie erwiesen. Hintergrund Ustekinumab ist ein Antiköper gegen die p40-Untereinheit von Interleukin 12 und Interleukin 23. Bislang war dieser Antikörper zur Behandlung der Psoriasis zugelassen. Die nachfolgend dargestellte Studie führte zur Erweiterung der Indikation für die Behandlung erwachsener Patienten mit mittelschwerem bis schwerem aktiven Morbus Crohn, die entweder auf eine konventionelle Therapie oder einen der TNFα-Antagonisten unzureichend angesprochen haben. Studiendesign Es handelt sich um eine randomisierte multizentrische zweiphasige Doppelblindstudie. Sie bestand aus einer Induktionsphase (UNITI-1 und UNITI-2) sowie einer Remissionsphase (IM-UNITI). An der IM-UNITI-Studie nahmen 260 Zentren in 27 Ländern teil. Eingeschlossen wurden erwachsene Patienten mit Morbus Crohn und einem Aktivitätsindex CDAI zwischen 220 und 450 (der Score reicht von 0 bis 600). In die UNITI-1-Studie wurden Patienten mit primärem oder sekundärem Therapieversagen oder Nebenwirkungen auf TNFα-Antagonisten eingeschlossen, in die UNITI-2-Studie Patienten mit Therapieversagen oder Nebenwirkungen auf eine immunsuppressive Therapie oder Steroidtherapie. In beiden Induktionsstudien wurden die Patienten auf Ustekinumab einmalig iv (130 mg oder gewichtsadaptiert) versus Placebo randomisiert. Primärer Endpunkt war die klinische Remission in Woche sechs (Abfall CDAI um mindestens 100 Punkte oder ein Gesamt-CDAI-Score unter 150). Patienten mit einem Ansprechen auf die Induktionstherapie mit Ustekinumab konnten in die Erhaltungsstudie (IM-UNITI) eingeschlossen werden: randomisiert 90 mg Ustekinumab sc alle acht oder alle zwölf Wochen versus Placebo. Primärer Endpunkt der Erhaltungsstudie war die klinische Remission in Woche 44 (CDAI-Score unter 150). Ergebnisse 741 TNFα-vorbehandelte Patienten wurde in UNITI-1 randomisiert, 628 TNFα-naive Patienten in UNITI-2. In die Erhaltungsstudie wurden 397 Patienten eingeschlossen, die in den beiden Induktionsstudien ein Ansprechen gezeigt hatten. Nach der einmaligen Infusion von Ustekinumab waren in beiden Dosierungsschemata die Ansprechraten signifikant höher als unter Placebo: 130 mg gewichtsadaptiert Placebo UNITI-1 34,3% 33,7% 21,5% UNITI-2 51,7% 55,5% 28,7% In der Erhaltungstherapie waren signifikant mehr Patienten in Woche 44 in Remission als unter Placebo: 90 mg alle 8 Wo 90 mg alle 12 Wo Placebo IM-UNITI 53,1% 48,8% 35,9% Sicherheit Die Therapie erwies sich als sehr sicher. Sowohl in der Gesamtrate an Infektionen als auch in der Auswertung nur der schweren Infektionen fanden sich keine signifikanten Unterschiede. Es gab insgesamt drei Fälle opportunistischer Infektionen (einmal Listerien-Meningitis, zweimal Soor, davon aber ein Patient im Placebo-Arm). Ein Fall einer Tuberkulose trat zehn Monate nach einer einmaligen Infusion von 130 mg Ustekinumab auf (dieser Patient war nicht in die Erhaltungsstudie eingeschlossen worden). Nebenwirkungen im Zusammenhang mit der Infusion zeigten zwischen 1,4% (UNITI-2 gewichtsadaptiert) und 4,5% der Patienten (UNITI-1, Dosis 130 mg), wurden aber auch bei 2,0% bzw. 2,9% der Patienten unter Placebo-Infusion berichtet. Reaktionen an der subkutanen Injektionsstelle wurden bei 2,3% bis 6,9% gesehen (unter Plazebo bei 0,8%). Kommentar von Prof. Manfred Gross Prof. Dr. med. Manfred Gross, Chefarzt und Ärztlicher Direktor, Internistische Klinik Dr. Müller, München × "Wichtige Bereicherung der Therapieoptionen" Nach den TNFα-Antikörpern und Vedolizumab steht nun mit Ustekinumab ein dritter Antikörper mit einem neuartigen Wirkprinzip zu Verfügung. Die Zulassung ist nicht nur für primäre oder sekundäre Therapieversager auf TNFα-Antikörper erteilt worden, sondern auch für Biologika-naive Patienten. Bereits das Versagen einer Therapie mit konventionellen Medikamenten bei mittelschwerem oder schwerem Morbus Crohn reicht gemäß Zulassung für eine Therapie mit Ustekinumab aus. Die Effektivität von Ustekinumab ist ebenso wie bei Vedolizumab besser, wenn die Patienten keine Therapieversager auf TNFα-Antikörpern sind. Dies ist verständlich, da solche Therapieversager eine schwer zu behandelnde Untergruppe an Patienten darstellt. Ustekinumab ist ein Antikörper, dessen Sicherheit schon in der Behandlung der Psoriasis gezeigt wurde. Bei Crohn-Patienten scheint die Therapie ebenfalls sicher zu sein. Eine Häufung von Infektionen oder allergischen Reaktionen wurden bislang nicht beobachtet. Die Therapie ist sehr einfach und für den Patienten komfortabel: Nach einer einmaligen iv-Infusion erfolgt die weitere Therapie mit subkutanen Applikationen. Die erste sc-Applikation soll acht Wochen nach der Infusion erfolgen, die weiteren Gaben im Regelfall nur alle zwölf Wochen. Bei sekundärem Therapieversagen kann das Intervall auf acht Wochen verkürzt werden. Die Bedeutung einer immunmodulatorischen „Begleittherapie“ beispielsweise mit Azathioprin wird noch zu klären sein. Die Überlegungen analog zu TNFα-Antikörpern, dass eine immunmodulatorische Begleittherapie die Immunogenität von Ustekinumab reduzieren könnte, erfordern entsprechende Studien. Die Zulassung von Ustekinumab ist zweifellos eine wichtige Bereicherung unser Therapieoptionen. Es bleibt aber die Frage offen, welches Biological bei welchen Patienten das Medikament der ersten Wahl ist. Wir haben leider keine Prädiktoren, die eine Vorhersage erlauben, welche Patienten besser mit TNFα-Antikörpern, mit Vedolizumab oder mit Ustekinumab behandelt werden sollten. Die Klärung dieser Frage wird eine große wissenschaftliche Herausforderung der kommenden Jahre sein, zumal weitere Substanzen mit neuen Wirkprinzipien in den nächsten Jahren zugelassen werden.

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