Nikolai A. Bernstein: vergessene Ursprünge der modernen Bewegungswissenschaften

Die Bewegungsphysiologie befasste sich anfänglich mit elementaren Vorgängen wie der isolierten Muskel- oder Nervenfunktion. Im Laufe des vergangenen Jahrhunderts trat dann ein ganzheitlicher Ansatz dieser Wissenschaft in den Vordergrund. Dabei lag der Fokus auf dem Zusammenspiel der verschiedenen Systeme unter Betrachtung der Gesamtheit des menschlichen Organismus. So kam es von der Untersuchung der einzelnen Bestandteile des Bewegungssystems zu einer multimodalen Herangehensweise, um Bewegung auf funktioneller Ebene zu erforschen. Anstelle der passiven Funktion des Bewegungsapparats rückte die Aktivität des Bewegungssystems in einer natürlichen Umgebung in den Vordergrund. Für das Verständnis des Bewegungssystems hat bereits im frühen 20. Jahrhundert der russische Arzt, Physiologe und Wissenschaftler Nikolai Alexandrowitsch Bernstein einen wichtigen Beitrag geleistet. Seine Herangehensweise an Problemstellungen wurde durch seine multimodale Ausbildung geprägt. An seiner Arbeit bestand Interesse vonseiten Moskaus, jedoch konnte eine Stellungnahme entgegen politisch anerkannten Theorien zu Zeiten einer stalinistischen Regierung auch zu Repressionen führen. Nur wenige sowjetische Forschungsarbeiten aus diesen Jahren sind international bekannt oder in englischer oder deutscher Sprache zugänglich. Daher ist auch Bernsteins Anteil an der Entwicklung der Erforschung des Bewegungssystems des Menschen wenig bekannt.