Nach Kaiserschnitt sind schwere Komplikationen häufiger

Eine Entbindung per Kaiserschnitt ist mit einem höheren Risiko für schwere akute Komplikationen verbunden als eine vaginale Geburt. Das gilt auch dann, wenn man die Umstände berücksichtigt, die eine Sectio wahrscheinlicher machen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Die Zahl der Schnittentbindungen hat in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. In Deutschland kommt inzwischen fast jedes dritte Kind per Kaiserschnitt zur Welt, in manchen Regionen auch deutlich mehr. Insgesamt hat sich der Anteil der Sectiones an den Geburten seit Beginn der 1990er-Jahre verdoppelt. Die Annahme, dass dieser Zuwachs nicht nur medizinisch begründet ist, dürfte nicht weit neben der Wahrheit liegen. Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation liegt die Rate medizinisch indizierter Kaiserschnitte zwischen 10% und 15%. Dabei steht fest, dass der Eingriff Folgen für künftige Schwangerschaften hat; beispielsweise steigt das Risiko einer Uterusruptur oder einer Störung der Plazentation. Weniger erforscht sind die akuten Komplikationen. Randomisierte und kontrollierte Studien zu dem Thema sind aus verständlichen Gründen undenkbar. Einsichten können daher nur Beobachtungsstudien liefern, die allerdings jeweils Gefahr laufen, indikationsbedingt verzerrte Resultate zu liefern: Allfällige Abweichungen in der Rate von Zwischenfällen könnten nicht auf die Sectio selbst, sondern auf die Gründe für den Eingriff zurückzuführen sein. Diana Korb von der Pariser Sorbonne hat zusammen mit Kollegen in ihrer Beobachtungsstudie vom Fall-Kontroll-Typ zum Thema schwerer Akutkomplikationen nach Sectio versucht, dieses Problem mithilfe eines Propensitätsmatchings zu umgehen. Verglichen wurden nur solche Gruppen von Frauen, deren Wahrscheinlichkeit für eine Entbindung per Sectio gleich hoch war – nur dass die einen tatsächlich per Kaiserschnitt entbunden wurden und die anderen ihre Kinder auf natürlichem Weg zur Welt brachten. Als schwere Komplikationen galten heftige Blutungen, Eklampsie, schwere Präeklampsie, Schlaganfall und psychische Störungen, Störungen der Organfunktion sowie nötige Laparotomien oder Verlegungen auf die Intensivstation. Komplikationsrate nach Sectio: 36% 1444 Frauen mit Kaiserschnittentbindung stellten Korb und Kollegen 3464 Frauen gegenüber, die vaginal entbunden hatten. Die Komplikationsrate betrug nach Sectio 36,0% und nach vaginaler Geburt 18,2%. In die Propensitätsanalyse flossen 26 Faktoren ein – von der Nationalität über das Alter, den BMI, diverse Vorerkrankungen und das Rauchverhalten bis zu Vorschwangerschaften, vorhandener Steißlage und der Art der Geburtsklinik. Nur für Mütter, die jünger waren als 25 Jahre, ergaben sich keine Unterschiede zwischen der natürlichen und der Kaiserschnittgeburt. Für alle anderen waren Kaiserschnitte mit einer signifikant höheren Komplikationsrate verbunden. Im Mittel war das Risikoverhältnis um 80% erhöht (Odds Ratio [OR] 1,8). Es nahm mit dem Alter zu und war bei Frauen ab 35 nach einer Sectio fast dreimal so hoch wie nach einer vaginalen Entbindung. Fiel die Entscheidung zum Kaiserschnitt während der Geburt, war die Komplikationsgefahr grundsätzlich erhöht. Ging es hingegen schon vor Geburtsbeginn in den OP, war das Risiko für schwere akute Komplikationen nur bei Frauen ab 35 erhöht (OR 5,1). Dazu zählten auch die sogenannten geplanten Kaiserschnitte. Korb und Mitarbeiter stellen abschließend fest, dass Entbindungen per Sectio caesarea mit einem höheren Risiko für schwere akute Morbidität der Mütter einhergehen. Speziell gelte dies für Frauen ab 35. „Unsere Ergebnisse werfen Fragen zum Vorgehen einiger Geburtshelfer auf, die Kaiserschnitte bei Schwangeren in diesem Alter für indiziert halten“, so die französischen Mediziner. Dahinter stehe der Gedanke, die Frauen würden nicht nochmals schwanger werden. Diese Praxis sollte man ändern, um die Frauen keinen unnötigen Gefahren auszusetzen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Sind akute Komplikationen nach Kaiserschnitten häufiger als nach natürlichen Geburten? Antwort: Nach Abgleich gegen indikationsbedingte Verzerrung sind laut Ergebnissen der vorliegenden Studie Entbindungen per Sectio komplikationsträchtiger als vaginale Geburten, vor allem bei Frauen ab 35. Bedeutung: Die Praxis, ältere Schwangere bevorzugt per Kaiserschnitt zu entbinden, sollte überdacht werden. Einschränkung: Die Studie war retrospektiv angelegt, ein Einfluss unberücksichtigter Störfaktoren ist nicht völlig auszuschließen.

Springer Medizin

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