Erschienen in:
24.10.2016 | Pädiatrie | Übersichten
Pädiatrische Netzwerke im „Dritten Reich“
Helmut Seckel und seine Kollegen aus der Universitätskinderklinik Köln
verfasst von:
Prof. Dr. med. Dr. phil. D. Schäfer
Erschienen in:
Monatsschrift Kinderheilkunde
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Ausgabe 12/2017
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Zusammenfassung
Der Beitrag fokussiert zunächst auf das in der Forschung bislang kaum beachtete Schicksal des deutsch-amerikanischen Kinderarztes und Wissenschaftlers Helmut Seckel (1900–1960), der 1935 als einer der damals renommiertesten jüngeren Vertreter der deutschen Kinderheilkunde und habilitierter Oberarzt aus der Universitätskinderklinik in Köln vertrieben wurde. Er und seine jüdische Frau emigrierten nach Chicago/USA, wo er weiter wissenschaftlich tätig war. 1960 beschrieb er das nach ihm benannte Seckel-Syndrom („bird-headed dwarfs“). Mithilfe der sich anschließenden Charakterisierung von Seckels Kölner Kollegen, die ihn in der Kinderklinik unterstützten bzw. mit ihm konkurrierten, soll deutlich werden, wie es womöglich zu der vorzeitigen Vertreibung kam und wer davon profitierte. Anhand ausgesuchter Karrieren soll verdeutlicht werden, wie auch nach dem Zweiten Weltkrieg Netzwerke von Tätern und Mitläufern wirksam waren. Die Opfer der Vertreibung blieben ebenfalls miteinander verbunden. Wie Seckels Beispiel zeigt, konnten sie ihre Karrieren allerdings nicht bis zu dem Ziel verfolgen, eine Klinik zu leiten. An Helmut Seckel und seinen Kollegen aus der Kölner Universitätskinderklinik kann demonstriert werden, wie Netzwerke in der damals kleinen Disziplin Pädiatrie wirksam waren. Solche Netzwerke sind in der Wissenschaft teilweise heute noch zu beobachten. Sie beeinflussen entscheidend klinisch-akademische Karrieren, die von gegenseitiger Unterstützung, aber auch von Rivalität geprägt sind.