So kündigen sich Hirntumoren bei Kindern und Jugendlichen an

An einen Hirntumor denken viele Ärzte vor allem dann, wenn Kinder mit fokal neurologischen Symptomen in der Praxis erscheinen. Dabei kommen andere, meist nicht lokalisierbare Beschwerden deutlich häufiger vor. Hirntumoren werden bei Kindern oft deutlich später diagnostiziert als andere Karzinome. Das liegt u. a. an den unspezifischen, stark variierenden klinischen Merkmale dieser Geschwülste. Wie sich Hirntumoren bei Kindern und jungen Erwachsenen ankündigen können, haben britische Forscher nun in einer Kopplungsstudie untersucht. Demnach kommen nicht lokalisierbare Symptome wie Lethargie, Benommenheit, Gedeihstörungen, Sorgen bei den Eltern, Kopfschmerzen oder andere Hirndruckzeichen weit häufiger vor als fokal neurologische Symptome. Für die Studie haben die Wissenschaftler alle registrierten Arztbesuche und Klinikaufnahmen aus den Datenbanken der „Clinical Practice Research Datalink“(CPRD) und „Hospital Episode Statistics“ (HES), die im Zusammenhang mit einer Hirntumordiagnose standen, mit entsprechenden Patientendaten des britischen Krebsregisters zusammengeführt: 181 Patientenfälle in CPRD und 3959 in HES. Sehstörungen bei Neugeborenen, Kopfschmerzen bei älteren Kindern Hirndruckzeichen wie Übelkeit, Erbrechen oder Papillenödeme sowie Krampfanfälle zählten dabei zu den vorherrschenden Symptomen, die in der Klinik dokumentiert wurden; speziell im letzten Monat vor der Diagnose stieg die Rate von Hirndruckzeichen rasant auf 36,4 Fälle pro 100 Personenmonate an. Fokalzeichen oder Kopfschmerzen waren – besonders im Anfangsstadium – eher ungewöhnlich. Symptome, die in der Primärversorgung registriert wurden, zeigten ein noch variableres Erscheinungsbild: Bei Neugeborenen bis zum vierten Lebensjahr fanden sich vor allem Sehstörungen (0,49 Fälle pro 100 Personenmonate). Bei älteren Kindern und jungen Erwachsenen im Alter zwischen fünf und 24 Jahren waren hingegen Kopfschmerzen das dominierende Symptom (bei 5–11-Jährigen 0,49 Fälle, bei 12–18-Jährigen 1,59 und bei 19–24-Jährigen 2,44 Fälle pro 100 Personenmonate). Generell nahm die Häufigkeit tumorspezifischer Symptome kontinuierlich zu, je näher die Diagnose rückte, also je weiter die Tumorprogression fortgeschritten war. Nicht lokalisierbare Symptome häufiger als Fokalzeichen Nicht lokalisierbare Symptome wie Lethargie, Benommenheit, Gedeihstörungen, Sorgen bei den Eltern, Kopfschmerzen oder andere Hirndruckzeichen seien dabei mehr als doppelt so häufig im Zusammenhang mit einer Hirntumordiagnose aufgetreten wie spezifische Beschwerden wie fokale neurologische Symptome, bemerken die Studienautoren um Dr. Thomas Chu aus London. Einen Hirntumor in Erwägung ziehen müsse man bei Sehstörungen, die in dieser Studie ja häufig als tumorspezifisches Symptom vorgekommen seien – gerade bei Neugeborenen. Sehr junge Kinder, bei denen eine ophthalmologische Untersuchung nur schlecht möglich sei, solle man in diesem Falle an einen Spezialisten verweisen, empfehlen die Wissenschaftler. Rasante Symptomverschlechterung als Hinweis Allerdings ist die Symptomentwicklung bei Kindern und Jugendlichen derart komplex, dass die Aussagekraft eines einzelnen Merkmals oder einer Kombination gewisser Symptome eher gering ist. Nach Ansicht von Chu und Kollegen sollte man die Differentialdiagnose eines Hirntumors deshalb nicht an einzelnen Anzeichen oder Symptomen festmachen, sondern sie dann in Betracht ziehen, wenn sich beim Patienten Beschwerden rasant verschlechtern oder nicht verschwinden.

Springer Medizin

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