US-Forscher: "Der plötzliche Herztod ist vermeidbar!"

Wer sich sorgt, er könne irgendwann am plötzlichen Herztod sterben, sollte vor allem seinen Blutdruck im Auge behalten. Laut den Autoren einer Kohortenstudie wäre ein großer Teil der vor dem 70. Lebensjahr aufgetretenen unerwarteten Herztodesfälle potenziell vermeidbar. Unmittelbare Ursache für den plötzlichen Herztod (PHT) ist häufig eine bis dato unerkannte Herzerkrankung, z. B. eine KHK, die akut zum Kammerflimmern führt. In Deutschland sterben an einem solchen Ereignis jährlich zwischen 100.000 und 200.000 Menschen. Für die Angehörigen kommt der Todesfall oft „aus heiterem Himmel“; allerdings weiß man heute, dass der Herzstillstand in jedem zweiten Fall Warnsignale wie Atemnot, Brustschmerzen oder Schwindel vorausschickt. Risikostratifizierung unzureichend Interessant wäre es zu wissen, ob es längerfristige Prädiktoren gibt, die auf ein erhöhtes Lebenszeitrisiko eines PHT hinweisen. Damit hätte man möglicherweise eine Chance, rechtzeitig zu intervenieren. Bisher ist für die individuelle Risikostratifizierung hauptsächlich die Messung der Auswurffraktion verbreitet. Mit dieser Methode erfasst man aber bei weitem nicht all diejenigen, die letztlich unerwartet an einer Herzerkrankung sterben. Für Herz-Kreislauf-Erkrankungen weiß man grundsätzlich, dass man am besten vor ihnen geschützt ist, wenn Blutdruck und Gesamtcholesterin im Lot sind, kein Diabetes mellitus vorliegt und man nicht raucht. Das Forscherteam um Brittany M. Bogle vom Department of Preventive Medicine an der Feinberg School of Medicine in Chicago hat nun überprüft, inwieweit sich dieses Konzept auf den PHT übertragen lässt. Die Grundlage für die Studie bildete das Framingham-Kollektiv: 5209 Männer und Frauen, die 1948 im Alter zwischen 28 und 62 Jahren in eine Langzeitstudie aufgenommen wurden und seitdem regelmäßig untersucht werden. Daraus wurden Teilnehmer ausgewählt, die vor ihrer ersten Untersuchung frei von kardiovaskulären Erkrankungen waren. 375 Fälle ausgewertet Insgesamt flossen die Daten von 2294 Männern und 2785 Frauen in die Studie ein. Wie die Forscher herausfanden, hatten sich in insgesamt 160.396 Personenjahren 375 PHT-Fälle ereignet. Wer in Bezug auf die genannten Parameter mehr Risiken akkumulierte, hatte ein höheres Lebenszeitrisiko für einen PHT; das galt sowohl für Männer als auch für Frauen und über alle Altersstufen hinweg. Dabei waren Männer generell deutlich mehr gefährdet: Für einen 45-jährigen männlichen Teilnehmer lag das Risiko, vor dem 85. Lebensjahr einen PHT zu erleiden, im Schnitt bei 10,9%; für eine gleich alte Frau bei nur 2,8%. Für ein Indexalter von 55 lagen die Raten bei 11,2% bzw. 3,4%, für 65-Jährige bei 10,1% bzw. ebenfalls 3,4%. Wer im Optimum liegt, hat nichts zu fürchten Praktisch nichts zu fürchten hatte, wer in jeder Hinsicht im Optimum lag, also beispielsweise eine 55-jährige Frau mit einem Blutdruck unter 120/80 mmHg und einem Gesamtcholesterin unter 180 mg/dl, die nicht an Diabetes litt und nicht rauchte. Dagegen hatten die schlechtesten Karten Männer, die bereits im Alter von 45 mindestens zwei der folgenden Risikofaktoren aufwiesen: einen Blutdruck über 160/100 mmHg, ein Gesamtcholesterin von über 240 mg/dl, eine Diabetesdiagnose und/oder Nikotinabusus. In diesem Fall betrug das adjustierte kumulative PHT-Risiko deutlich über 12%; etwa einer von acht Männern würde also einem PHT erliegen. Blutdruck ist der beste Prädiktor Besser als jeder andere Einzelparameter sagte der Blutdruck die Herztod-Wahrscheinlichkeit voraus. Niedrige Werte waren für alle Altersgruppen mit einem geringeren Lebenszeitrisiko assoziiert. Ein 45-jähriger Mann mit einem Blutdruck unter 120/80 mmHg hatte ein 5,5%iges Risiko, vor Erreichen des 85. Lebensjahrs am PHT zu sterben; bei Werten zwischen 120 und 139 mmHg stieg dieses auf 11,9%, zwischen 140 und 159 mmHg auf 12,8%; bei noch höheren Werte lag das Risiko bei 16,3%. Bei Frauen, so Bogle und Kollegen, bestünde der Zusammenhang zwar auch; das Lebenszeitrisiko für einen PHT sei hier jedoch, egal wie hoch der Blutdruck lag, insgesamt deutlich geringer. "Viele Fälle vermeidbar" Die Mehrzahl der PHT-Fälle in der Studie ereignete sich vor dem 70. Lebensjahr. „Das zeigt, dass zumindest ein substanzieller Anteil möglicherweise vermeidbar gewesen wäre“, so Bogel und ihr Team. Man könne zwar nicht ausschließen, dass noch andere Faktoren als die hier gemessenen bei den unerwarteten Herztodesfällen eine Rolle spielten; dennoch sei der Einfluss von Geschlecht, Gesamtcholesterin, Rauchen, Diabetes und vor allem Blutdruck unverkennbar. Vor allem letzteren könne man gut nutzen, um Patienten verschiedenen Risikogruppen zuzuordnen. Eine Primärprävention, die am besten vor dem mittleren Alter beginnen sollte, sei möglicherweise die beste Strategie, um künftige Fälle von PHT zu vermeiden. Sofern sich bereits Risikofaktoren eingestellt hätten, seien wahrscheinlich intensivere Maßnahmen zur Senkung des KHK-Risikos, z. B. der Einsatz von Statinen, sinnvoll, um das Langzeitrisiko für einen PHT zu senken.

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