Zufallsglukose über 100 mg/dl weist auf Diabetesrisiko

Zufällige, also nicht erst nach einer acht- oder mehrstündigen Nüchternphase erhobene Blutzuckerwerte haben womöglich mehr Aussagekraft, als ihnen viele Ärzte zutrauen. Liegt ein zufällig bestimmter Blutzuckerwert über 200 mg/dl und weist der oder die Betreffende dazu noch typische Symptome auf, gilt die Diagnose eines Diabetes mellitus als gesichert. Weniger klar ist, wie Zufallswerte unterhalb dieser Schwelle zu deuten sind. Michael Bowen von der Abteilung für Innere Medizin am University of Texas Southwestern Medical Center hat zusammen mit Kollegen untersucht, wie viel Verlass auf zufällig bestimmte Glukosespiegel ist. Dafür zogen die Mediziner Daten von mehr als 7000 Teilnehmern der NHANES-Studie heran. Diese hatten vor der Messung ihres Blutzuckerspiegels nicht gefastet, im Mittel hatten sie noch rund zwei Stunden vor der Blutabnahme etwas Kalorisches zu sich genommen. Anhand ihres HbA1c-Wertes wurden sie als normoglykämisch (< 5,7%) oder als undiagnostiziert dysglykämisch (≥ 5,7%) eingestuft. Dysglykämisch waren 31% der Probanden, knapp 4% hatte einen bis dato nicht erkannten Diabetes. Bei der Betrachtung der Zufallsglukosewerte der Patienten mit Dysglykämie fiel auf, dass sie bis etwa vier Stunden nach Nahrungszufuhr bei 100 mg/dl oder darüber lagen. Damit waren die Glukosekonzentrationen im Mittel 14–18 mg/dl höher als bei den normoglykämischen Probanden. Diese hatten zu jedem Zeitpunkt der Messung, also zwischen 0 und 8 Stunden nach Nahrungszufuhr, Werte < 100 mg/dl. Nach sechs Stunden waren auch die Werte der Dysglykämiker unterhalb dieser Schwelle angesiedelt. Untersuchungen haben gezeigt, dass Nichtdiabetiker nach Kalorienzufuhr etwa drei Stunden lag erhöhte Glukosewerte aufweisen. Laut der Erkenntnisse von Bowen und Mitarbeitern geht dieser Umstand offenbar weitgehend auf Individuen mit nicht diagnostizierter Dysglykämie zurück. Zudem lassen ihre Ergebnisse vermuten, dass eine Fastendauer von mehr als vier Stunden klinisch wenig sinnvoll ist, weil danach die Blutzuckerwerte der meisten Menschen, euglykämisch oder nicht, unter 100 mg/dl gesunken sind. „Zufällig ermittelte Blutzuckerwerte ≥ 100 mg/dl sind ein starker Indikator für ein Diabetesrisiko und gehen mit nicht diagnostizierter Dysglykämie einher“, schreiben Bowen et al. Patienten mit unbekanntem glykämischem Status und Zufallsglukosekonzentrationen von 100 mg/dl oder höher – unabhängig von Art und Zeitpunkt der letzten Nahrungsaufnahme – sollten Tests zugeführt werden, die zum Goldstandard der Diabetesdiagnostik gehören.

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