Was beeinflusst die Entscheidung für die Fachrichtung Psychiatrie?

Jeder Zweite, der mit einem Medizinstudium beginnt, um Psychiater zu werden, bleibt bei dieser Entscheidung. Die große Mehrheit der Angehörigen dieser Fachrichtung entscheidet sich aber erst im Laufe des Studiums für diesen Weg, so das Ergebnis einer US-Studie. Woran orientieren sich Medizinstudenten bei der Wahl der Fachrichtung? Was bewegt sie dazu, sich in der Psychiatrie zu spezialisieren, und wie oft entscheiden sie sich gegen Ende des Studiums dann doch noch für ein anderes Fach? Matthew Goldenberg von der Yale University School of Medicine in New Haven und Kollegen haben Daten der Association of American Medical Colleges (AAMC) von 29.713 Medizinstudenten ausgewertet, die in den Jahren 2013 und 2014 ihre Ausbildung an einer medizinischen Hochschule abgeschlossen haben. Die Autoren überprüften, wie viele derjenigen, die bei einer Befragung (Matriculating Student Questionnaire, MSQ) zu Ausbildungsbeginn die Psychiatrie als Wunschfach angegeben hatten, am Ende des Studiums noch immer an dieser Fachrichtung festhielten (Befragung mit Medical School Graduation Questionnaire, GQ). Interessierte und Überzeugte Für das Fach Psychiatrie hatten sich im MSQ zu Studienbeginn 1,6% der Studenten entschieden, am Studienende gaben im GQ 4,1% diese Fachrichtung als ihre Wahl zu Protokoll. Damit ist die Zahl der angehenden Mediziner, die die Psychiatrie als ihr Wunschfach gewählt haben, vom Studienbeginn bis zum -abschluss um nahezu 150% gestiegen. Überholt wurde dieser Sympathiezuwachs nur noch von der Urologie, die um mehr als 250% zulegte. Ihrer ursprünglich angepeilten Wunschrichtung den Rücken gekehrt haben dagegen offenbar vermehrt diejenigen, die zu Studienbeginn die Richtung Hausarzt, Dermatologe, Pädiater, Plastischer Chirurg, Allgemeinchirurg, Neurologe oder Neurochirurg einschlagen wollten. In diesen Bereichen schrumpfte die Zahl der Aspiranten bis zur Abschlussprüfung – am stärksten in der Neurochirurgie, wo sie um 50% fiel. Von den Studienanfängern, die schon bei der Immatrikulation ihr Interesse für die Psychiatrie bekundet hatten, war jeder Zweite (50,2%) seinem Vorsatz bis zum Studienende treu geblieben. Soviel Zielstrebigkeit konnte in keinem anderen Fach beobachtet werden. Im Durchschnitt lag die Treuerate bei 32%. In der Pädiatrie und der Notfallmedizin blieben immerhin etwa 40% bei ihrem angepeilten Ziel, während den Fächern Neurologie, Chirurgie oder Urologie nicht einmal 20% der ursprünglichen Interessenten erhalten blieben. Diejenigen, die ihre Prioritäten hinsichtlich der Fachrichtung im Lauf der Studienzeit geändert hatten, wechselten von der Psychiatrie hauptsächlich zur Inneren Medizin, Pädiatrie oder Allgemeinmedizin. Fast 80% der Studenten, die sich letztendlich für die Psychiatrie entschieden, hatten zum Zeitpunkt der Immatrikulation ein anderes Wunschfach angegeben. Sie wollten sich zu Studienbeginn vor allem in der Neurologie, Inneren Medizin, Pädiatrie oder Allgemeinmedizin spezialisieren und hatten im Laufe ihres Studiums nun die Psychiatrie für sich entdeckt. Faktoren, die die Entscheidung beeinflussen Für die Psychiatrie entschieden sich Studenten am häufigsten, wenn sie von der praktischen Arbeit in diesem Fach und der spezifischen Ausbildung begeistert waren (Odds Ratio, OR 2,66). Als weitere Einflussfaktoren für die Wahl der Fachrichtung Psychiatrie zeigten sich in der Regressionsanalyse u. a. zusätzliche Studienerfahrungen im Fach Psychologie (OR 2,58), die Wertschätzung der Work-Life-Balance (OR 2,25) sowie ein Alter von mindestens 27 Jahren zu Studienbeginn (OR 1,72). Die Studienergebnisse, so Goldenberg und Kollegen, zeigen Möglichkeiten auf, die Situation des derzeitigen Psychiatermangels zu verbessern. Interesse an dieser Fachrichtung könnte vor allem dadurch entstehen, dass immer mehr Medizinstudenten während ihres Studiums auch Kurse in Psychologie belegten. Auch eine sehr gute praktische Ausbildung könne dazu führen, dass sich mehr angehende Mediziner für die Psychiatrie entscheiden.

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