Erschienen in:
01.03.2014 | Leitthema
Psychopathische Persönlichkeit bei Frauen
Diagnostik und experimentelle Befunde im forensischen Setting und in der Arbeitswelt
verfasst von:
Dr. H. Eisenbarth
Erschienen in:
Der Nervenarzt
|
Ausgabe 3/2014
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Zusammenfassung
Hoch psychopathischen Frauen begegnet man in der forensischen Psychiatrie wohl eher selten. Dennoch ist das Konzept im diagnostischen Prozess im Rahmen von Begutachtung und Behandlung bei weiblichen Probanden nicht unwichtig. Ein Bereich, der bisher in der Forschung nur wenig Beachtung fand, betrifft die sog. „erfolgreichen Psychopathinnen“, die eine hohe Ausprägung psychopathischer Persönlichkeitszüge aufweisen, aber kein delinquentes Verhalten. Basis für die Untersuchung von Geschlechtervergleichen und deren Interpretation ist die Diagnostik. Darin ergeben sich Besonderheiten für weibliche Probanden, insbesondere, wenn es um die Bewertung antisozialen Verhaltens geht. Auf Basis der gängigen diagnostischen Verfahren zugeordnete hoch psychopathische Probandinnen weisen in dem einen Kernbereich der psychopathischen Persönlichkeit, der fehlenden Inhibition, Unterschiede zu den männlichen Probanden auf: Weibliche Psychopathinnen scheinen weniger Inhibitionsdefizite aufzuweisen und gleichzeitig auch weniger aggressives Verhalten. In dem zweiten Kernbereich, der emotionalen Distanziertheit, dagegen scheint es weniger Geschlechtsunterschiede zu geben, auch wenn dazu noch direkte Vergleichsstudien fehlen. Hoch psychopathische Probandinnen aus der Allgemeinbevölkerung zeigen jedoch einen stärkeren Zusammenhang zwischen psychopathischen Zügen und ihrer Selbstwahrnehmung als Verhandlungspartner: Sie neigen mehr zu manipulativem Verhalten und sehen sich als mächtiger in Verhandlungen. Zukünftige Studien sollten die diagnostische Variabilität, die Geschlechtsunterschiede im direkten Vergleich und insbesondere den Zusammenhang zwischen psychopathischen Persönlichkeitszügen, den Kernsymptomen Inhibition und emotionale Distanziertheit sowie beruflichem Erfolg untersuchen.