Sepsis bei Kindern besonders folgenreich

Müssen Kinder aufgrund einer Sepsis intensivmedizinisch behandelt werden, entwickeln sie anschließend zwei- bis dreimal häufiger Probleme wie Lungen- und Nierenversagen oder Epilepsie als Kinder nach einer Intensivtherapie aus anderen Gründen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Wer eine schwere Sepsis überlebt, braucht in der Regel sehr lange, um wieder auf die Beine zu kommen: Die körperliche und kognitive Leistungsfähigkeit bleibt lange eingeschränkt und die emotionale Belastung hoch, berichten Ärztinnen und Ärzte um Dr. Erin Carlton von der Universität in Ann Arbor in den USA. Zudem besteht nach einer Sepsis ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre, neurologische und renale Erkrankungen, das ist sowohl in Tierexperimenten geprüft als auch bei Erwachsenen mit Sepsis beobachtet worden. Wie häufig solche Langzeitfolgen bei Kindern auftreten, ist jedoch wenig bekannt. Ein Team um Carlton hat nun geschaut, wie oft bei Kindern nach einer überstandenen Sepsis bestimmte Krankheiten neu diagnostiziert wurden oder wie häufig sich zuvor vorhandene Leiden verschlimmert hatten. Ihren Resultaten zufolge kommt es bei jeder fünften minderjährigen Person nach einer Sepsis zu neuen oder sich verstärkenden chronischen Krankheiten. Zwei Drittel schon vor der Sepsis chronisch krank Die Analyse bezieht sich auf Angaben einer großen Versicherungsdatenbank (IBM MarketScan Research). Von knapp 8,7 Millionen pädiatrischen Klinikaufenthalten in den Jahren 2009–2018 konnten 5150 auf eine intensivmedizinisch behandelte Sepsis zurückgeführt werden. Als Vergleichsgruppe dienten rund 96.300 Kinder und Jugendliche mit Intensivtherapie, aber ohne Sepsis. Das Alter in der Sepsisgruppe erreichte im Median 9,5, das in der Kontrollgruppe 7,0 Jahre; Minderjährige mit Sepsis hatten doppelt so oft zuvor bestehende komplexe chronische Erkrankungen wie solche ohne, etwa Herzfehler, metabolische, immunologische oder neurologische Probleme (67% versus 38%). Die Forschenden interessierten sich nun, wie häufig es in den sechs Monaten nach der Sepsis zu chronischem Lungenversagen, chronischer Niereninsuffizienz, Epilepsie oder künstlicher Ernährung per PEG oder PEJ kam. Diese vier Konditionen waren vermehrt nach einer Sepsis bei Erwachsenen beobachtet worden. Bei Minderjährigen mit solchen Problemen bereits vor der Sepsis schauten sie, ob anschließend eine Intensivierung der Behandlung nötig wurde, die für eine Progression einer chronischen Erkrankung sprach. Insgesamt entwickelten 13% der Sepsiskranken neu eine der vier Konditionen, bei 21% verschlimmerte sich ein bestehendes Problem, insgesamt kam es bei jedem fünften Kind mit Sepsis in den sechs Monaten nach der Klinikentlassung zu einer neu auftretenden oder sich verschlimmernden Kondition. Verstärkung der Epilepsie bei einem Drittel Das Team um Carlton versuchte in einem weiteren Schritt mit Blick auf Alter, Geschlecht und bestehende Komorbiditäten möglichst ähnliche Personen zu vergleichen. Hier kam es bei 4,6% mit, aber nur 1,6% ohne Sepsis zu einem chronischen Lungenversagen, bei jeweils 7,9% und 2,7% zu einer künstlichen Ernährung, bei 1,1% versus 0,6% zum chronischen Nierenversagen und bei 4,6% versus 6,0% zu einer neu auftretenden Epilepsie. Bis auf die Epilepsien traten also alle anderen Probleme nach einer Sepsis zwei- bis dreifach häufiger auf. Deutlich geringer waren die Unterschiede bezogen auf eine Verschlimmerung der genannten Konditionen. Lediglich die künstliche Ernährung stach hier hervor, diese wurde in der Sepsisgruppe nach der Klinikentlassung dreifach häufiger intensiviert (bei 1,5% versus 0,5%). Bemerkenswert ist auch eine Verstärkung einer vorhandenen Epilepsie in beiden Gruppen bei mehr als einem Drittel. Wurden in die Kontrollgruppe nur Personen mit einem infektionsbedingten Intensivaufenthalt einbezogen, änderte sich wenig an den Ergebnissen, dies war auch nicht der Fall, wenn das Team um Carlton auf eine ähnliche Dauer der Intensivbehandlung als Marker für die Schwere der Erkrankung achtete – bis auf die Epilepsie waren die Sepsiskranken stets häufiger betroffen. Kinder und Jugendliche sollten daher nach einer überstandenen Sepsis an strukturierten Nachsorgeuntersuchungen teilnehmen, damit neue oder sich verschlimmernde medizinische Probleme rasch erkannt und angegangen werden, fordern die Ärztinnen und Ärzte um Carlton. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie oft entwickeln Kinder und Jugendliche nach einer Sepsis chronische Erkrankungen? Antwort: Etwa 13% erkranken in den sechs Monaten nach der Sepsis mit Intensivtherapie chronisch an der Lunge, der Niere, an Epilepsie oder benötigen eine PEG/PEJ. Bedeutung: Solche Probleme treten nach einer Sepsis zwei- bis dreifach häufiger auf als bei intensivmedizinisch behandelten Minderjährigen ohne Sepsis. Einschränkung: Resultate basieren ausschließlich auf Diagnosen einer Versicherungsdatenbank.

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