Moderne Kaliumbinder für eine leitlinienkonformere Therapie

Rasi / stock.adobe.com × Bei Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener chronischer Niereninsuffizienz (CKD) sowie beim kardiorenalen Syndrom, bei dem sowohl eine CKD als auch eine chronische Herzinsuffizienz vorliegen, sind Hyperkaliämien nicht selten – zumal einige prognostisch wirksame Medikamente das Risiko für Hyperkaliämien erhöhen. Kaliumbinder können in solchen Situationen eine leitliniengerechte, medikamentöse Therapie ermöglichen. Der moderne Kaliumbinder Natrium-Zirkonium-Cyclosilikat (SZC) ist hoch selektiv, schnell wirksam, hat ein geringes Interaktionspotenzial und kann dazu beitragen, die nephrologische, kardiologische und notfallmedizinische Versorgung zu optimieren. Springer Medizin Verlag GmbH × Von einer Hyperkaliämie wird gesprochen, wenn die Kaliumkonzentration den Normbereich von 3,5–5 mEq/l überschreitet [1]. In der gesunden Normalbevölkerung ist die Hyperkaliämie selten, sie betrifft nur etwa 2 % der Gesamtbevölkerung [2]. Deutlich höher ist der Anteil bei Menschen mit chronischen Erkrankungen und/oder Dauertherapien, die für eine Hyperkaliämie prädisponieren. So sind bei CKD-Patientinnen und -Patienten stadienabhängig Hyperkaliämie-Inzidenzen bis zu 42 % beschrieben [2, 3]. Prof. Dr. Timm Westhoff, Herne, gab einen Überblick über einige Fakten zur Kalium-Homöostase. So befinden sich 98 % des Kaliums im Körper intrazellulär und nur 2 % extrazellulär. Die empfohlene Kaliumaufnahme beträgt etwa 120 mEq pro Tag [4]. Tatsächlich erreicht würden bei westlicher Diät nur etwa 70 mEq pro Tag: „Kalium ist vor allem in Obst und Gemüse enthalten. Je gesünder die Ernährung, desto höher die Kaliumaufnahme.“ Die Ausscheidung geschieht zu 90 % über die Niere und zu 10 % über den Schweiß und Stuhl [5]. Sie unterliegt einem Regelkreis, der dazu führt, dass bei Hyperkaliämie mehr im Darm sezerniert wird. Entsprechend ist Obstipation ein Risikofaktor für Hyperkaliämie. Kalium kann den Blutdruck senken und wirkt über die Hemmung des NaCl-Transporters in der Niere leicht diuretisch. Erst kürzlich konnte in China gezeigt werden, dass ein Anteil von 25 % KCl im Kochsalz den Blutdruck senkt sowie Schlaganfälle und akute Koronarsyndrome reduziert [6]. „Kurz gesagt: Kalium an sich ist kein Problem, ein Problem ist nur die Hyperkaliämie“, so Westhoff. RAS-Hemmung und MRA sollten ausdosiert werden Besonders problematisch ist die Hyperkaliämie im Kontext der in der Nephrologie weit verbreiteten Behandlung mit RAS-Hemmern und/oder MRA, die den Kaliumspiegel steigen lassen: „Die Patienten, die am meisten von RAS-Hemmern und MRA profitieren, sind die, die ohnehin das höchste Hyperkaliämie-Risiko aufweisen“, so Westhoff. Akzentuiert wird dies dadurch, dass die prognostische Bedeutung von RAS-Hemmern und MRA z. B. bei diabetischer Nephropathie mit fortschreitender Erkrankung zunimmt: „Wir können mit diesen Medikamenten den jährlichen GFR-Verlust bei diabetischer Nephropathie um bis zu 50 % reduzieren.“ Dabei komme es aber darauf an, eine leitlinienkonforme Dosis zu erreichen. So zeigte sich in einer Analyse einer großen US-Patientendatenbank eine Assoziation zwischen Sterblichkeit und RAS-Hemmer-/MRA-Dosierung, und zwar nicht nur bei CKD, sondern auch bei Herzinsuffizienz und Diabetes [7]. Vor diesem Hintergrund legen sich nephrologische Leitlinien wie jene der KDIGO aus dem Jahr 2020 eindeutig fest, dass eine Dosissenkung bei RAS-Hemmer-Therapie und Hyperkaliämie nur die allerletzte Option sein darf (Abb. 1) [8]. In der Versorgung kommt diese Empfehlung nur teilweise an. US-Daten zeigen, dass vier von zehn CKD-Patientinnen und -Patienten mit klarer Indikation keinen RAS-Hemmer erhalten [9]. Europäische Daten bei Herzinsuffizienz deuten in eine ähnliche Richtung [10]. Abb. 1: Kalium- und Kreatinin-Monitoring bei Patientinnen und Patienten mit diabetischer CKD unter Therapie mit RAS-Hemmern (modifiziert nach [8]) Springer Medizin Verlag GmbH × Hyperkaliämie adressieren durch moderne Kaliumbinder Lösungsansätze gebe es mehrere, betonte Westhoff. Bei MRA-Therapie könnten moderne MRA mit geringerem Hyperkaliämie-Risiko helfen. Auch SGLT2-Hemmer, Diuretika und Bikarbonat-Substitution wirkten günstig auf Hyperkaliämien. Ferner stehen moderne Kaliumbinder zur Verfügung – lange Zeit in erster Linie SPS und CPS. Es schmecke sandig, brauche mehrere Stunden bis zum Wirkeintritt und müsse bei einer Kaliumkonzentration von <5 mEq/l laut Fachinformation abgesetzt werden, so Westhoff. Zusätzlich dazu träten viele Arzneimittelinteraktionen unter SPS auf [11], die eine um mehrere Stunden zeitversetzte Einnahme bei diversen gängigen Medikamenten erforderlich machten. Effektiv und komfortabler ist der Einsatz moderner Kaliumbinder wie Patiromer oder SZC (Lokelma®). SZC ist geschmacksneutral und kann auch zeitgleich mit RAS-Hemmern und MRA eingenommen werden* [12]. SZC unterscheidet sich in mehrerlei Hinsicht von anderen Kaliumbindern (Tabelle 1) [11–13]. Es hat seine Effektivität bei der Kaliumsenkung in mehreren randomisierten, teils doppelblinden Studien gezeigt [14–16]. Im März 2018 wurde es in Europa zugelassen, im Mai 2020 wurde die Zulassung auf Patientinnen und Patienten mit Hyperkaliämie unter chronischer Dialysetherapie erweitert. „Bei Dauertherapie erreichen wir mit SZC eine anhaltende Kaliumsenkung um ca. 1 mEq/l“, so Westhoff. Tabelle 1: Kaliumbinder im Vergleich (modifiziert nach [11–13]) Springer Medizin Verlag GmbH × Neben der Möglichkeit, RAS-Hemmer und MRA optimal aufzudosieren, sei bei SZC aus nephrologischer Sicht hervorzuheben, dass es eine placebokontrollierte Studie im Dialyse-Setting gebe. Dies ist die DIALIZE-Studie [17] mit dem primärem Endpunkt Erreichen und Aufrechterhaltung einer Normokaliämie, definiert als Serumkalium vor Dialyse von 4,0–5,0 mEq/l. In dieser Studie konnte nicht nur gezeigt werden, dass SZC eine Normokaliämie effektiv aufrechterhalten kann. In einer Post-hoc-Analyse sei auch gezeigt worden, dass der Kaliumgradient (definiert als Unterschied zwischen der prädialytischen Serumkaliumkonzentration und der Kaliumkonzentration im Dialysat), ein wichtiger Risikofaktor bei der Dialyse, um einen Punkt im Vergleich zu Placebo gesenkt werde, so Westhoff [18]. Unter SZC befand sich damit der Kaliumgradient zwischen 2 mEq/l und 3 mEq/l – genau der Bereich, in dem gezeigt werden konnte, dass Dialysepatientinnen und -patienten das geringste Risiko eines notfallmäßigen Arztkontakts oder einer Hospitalisierung hatten [19]. Weiterhin betonte Westhoff den möglichen Vorteil für die Lebensqualität der Dialysepatientinnen und -patienten in Bezug auf kaliumarme Ernährungsvorgaben. Die Wirksamkeit der kaliumarmen Ernährung wird immer wieder kontrovers diskutiert [20]. Vor allem fällt es den Patientinnen und Patienten sehr schwer, sich an die eintönigen Ernährungsvorgaben mit wenig Gemüse und Obst zu halten. Hier kann ein Kaliumbinder wie SZC vor allem im langen interdialytischen Intervall über das Wochenende Abhilfe schaffen. Die Patientinnen und Patienten können sich mit der Gabe von SZC an dialysefreien Tagen gesünder ernähren und so an Lebensqualität gewinnen [21]. Westhoff betonte abschließend, dass die mit Kaliumbindern behandelten Patientinnen und Patienten auf die notwendige Adhärenz in der Einnahme hingewiesen werden müssen. Umsetzung in der Kardiologie Die Hyperkaliämie aus kardiologischer Sicht erörterte Prof. Dr. Tibor Kempf, Hannover. Generell gebe es bei der Herzinsuffizienz, vielleicht stärker noch als bei der CKD, ein Problem mit der Umsetzung evidenzbasierter Therapien. Dies betreffe praktisch alle prognoseverbessernden Substanzklassen, insbesondere aber die MRA: „Je älter der Patient, desto seltener werden MRA eingesetzt“, so Kempf. Erhöhtes Kalium sei einer der Hauptgründe für Dosisreduktion bzw. Abbruch prognoseverbessernder Therapien. So zeigten US-Daten, dass bei Patientinnen und Patienten mit maximaler RAS-Hemmer- und MRA-Dosis eine milde Hyperkaliämie in 38 % und eine moderate bis schwere Hyperkaliämie in 47 % der Fälle zu einer dauerhaften Dosisreduktion oder zum Absetzen von RAS-Hemmern und MRA führte [7]. „Wenn das Medikament einmal abgesetzt wurde, dann wird es oft nie wieder angesetzt“, so Kempf. Was die Management-Empfehlungen angehe, sei die ESC ähnlich klar wie die KDIGO, so Kempf. In Kaliumbereichen 5 mEq/l wird darauf hingewiesen, dass ein zugelassener Wirkstoff zur Kaliumsenkung initiiert werden sollte, um die RAS-Hemmer und MRA beibehalten oder weiter steigern zu können (Tabelle 2) [22]. Tabelle 2: ESC-Leitlinien Herzinsuffizienz 2021: Management der Hyperkaliämie (modifiziert nach [22]) Springer Medizin Verlag GmbH × Kempf wies darauf hin, dass in den neuen Herzinsuffizienz-Leitlinien der ESC [22] empfohlen werde, mit den vier zentralen Medikamentenklassen ACE-Hemmer/ARNI, Betablocker, MRA und SGLT2-Hemmer parallel in jeweils niedriger Dosis zu beginnen und dann individualisiert aufzudosieren. Es gebe also kein Stufenschema mehr. Dies erlaube es, im Sinne einer Synergie der Medikamente das Hyperkaliämie-Risiko zu senken, etwa indem nephroprotektive Effekte von SGLT2-Hemmern genutzt werden, um RAS-Hemmer und/oder MRA höher zu dosieren. Studien zu SZC und Patiromer: HARMONIZE, ZS-005, DIAMOND Kempf ging auf die SZC-Studien HARMONIZE [15] und ZS-005 [16] ein, die außerhalb der Indikation Dialyse die Effektivität des Kaliumsenkers gezeigt haben. In der HARMONIZE-Studie erreichten 80–94 % der Patientinnen und Patienten in den SZC-Gruppen eine dauerhafte Kaliumkonzentration von 5 mEq/l oder weniger versus 46 % in der Placebogruppe: „In den meisten Fällen reichen dafür in der Dauertherapie 5 g pro Tag“, so Kempf. Die Erweiterungsstudie HARMONIZE-E [23] zeigte ergänzend, dass die RAS-Hemmer- und MRA-Dosis bei SZC-Therapie bei 86 % der Patientinnen und Patienten beibehalten oder erhöht werden konnte. Abgesetzt werden musste bei fast keinem und 11 % der RAS-Hemmer- und MRA-naiven Patientinnen und Patienten begannen eine entsprechende Therapie. Gleiches zeigte sich in der offenen, einarmigen ZS-005-Studie mit 751 Patientinnen und Patienten [16]. Hier erreichten in der Erhaltungsphase 88 % bzw. 99 % der Studienteilnehmenden, bei denen nach der Korrekturphase eine Normokaliämie erreicht worden war, langfristig einen mittleren Kaliumwert von ≤5,1 mEq/l bzw. ≤5,5 mEq/l. Im Mittel waren dafür 7,2 g/d SZC erforderlich. Auch in dieser Studie hatte die SZC-Behandlung günstige Effekte auf die RAS-Hemmer- und MRA-Therapie: Bei 87 % der Studienteilnehmenden mit initialer Hyperkaliämie konnte die Therapie beibehalten oder die Dosis sogar erhöht werden (Abb. 2). Abb. 2: Studie ZS-005: mittlerer Serumkaliumspiegel über die Zeit (modifiziert nach [16]) Springer Medizin Verlag GmbH × Auch in der mit Herzinsuffizienz-Patientinnen und -Patienten durchgeführten prospektiven, doppelblinden und randomisierten Phase-IIIb-Entzugsstudie DIAMOND konnte gezeigt werden, dass unter modernen Kaliumsenkern in der Mehrzahl der Fälle die maximal titrierte RAS-Hemmer- und MRA-Dosis beibehalten werden kann. In dieser Entzugsstudie wurden die Patientinnen und Patienten in der Run-in-Phase auf Patiromer und die maximal dosierte, leitliniengerechte RAS-Hemmer- und MRA Therapie eingestellt. Daraufhin wurde in einem Arm Patiromer beibehalten und im anderen Arm auf Placebo randomisiert. Unter Patiromer konnten 84,6 % der Patientinnen und Patienten mit maximal dosierter, leitliniengerechter RAS-Hemmer- und MRA-Therapie normale Serumkaliumwerte beibehalten. Unter Patiromer stieg der Serumkaliumwert nur um 0,03 mEq/l (95 %-KI –0,01; 0,07), während der Serumkaliumwert im Studienverlauf über 54 Wochen im Placebo-Arm um 0,13 mEq/l stieg (95 %-KI 0,09–0,16) [24]. Hyperkaliämie in der Notaufnahme: Nachhaltigkeit gefragt Auf die Besonderheiten einer Hyperkaliämie in der Notaufnahme ging Prof. Dr. Philipp Kümpers, Münster, ein. Generell stehe in der Notfalltherapie zum einen Kalziumglukonat zur Verfügung, das einen membranstabilisierenden Effekt aufweise. Zum anderen gebe es mit Insulin/Glukose, Salbutamol und Bikarbonat drei schnell wirksame Optionen, die einen Kalium-Shift nach intrazellulär bewirken. Das seien aber nur kurzfristige Akutmaßnahmen: Der eigentliche Therapieerfolg komme mit der Elimination des Kaliums vom Körper, so Kümpers. Was die Risikofaktoren für eine Hyperkaliämie im Notaufnahme-Setting angeht, stehen das Alter >60 Jahre (OR 3,3; p<0,001), männliches Geschlecht (OR 1,6; p<0,001) und Diuretikatherapie (OR 2,2; p<0,001) im Vordergrund [25]. Die Art der akuten Kaliumsenkung hänge stark von der individuellen Situation ab. Insulin/Glukose ist in den meisten Notaufnahmen der Standard. Bikarbonat sei bei metabolischer Azidose einen Versuch wert. Bei Schleifendiuretika gelte es, vorsichtig zu sein und ein eventuelles BRASH-Syndrom nicht zu übersehen. Hierbei geht die Hyperkaliämie auf dem Boden einer renalen Perfusionsstörung mit AV-Block, Bradykardie und Schocksymptomatik einher. Dies sei ein akuter Notfall, der Volumentherapie und eine frühe Gabe von Vasopressoren erfordere. Kümpers zufolge ist das Hauptproblem beim Hyperkaliämie-Management in der Notaufnahme, dass der Fokus zu sehr auf dem intrazellulären Shift durch Insulin/Glukose und/oder Salbutamol gelegt werde und die Elimination des Kaliums vom Körper zu kurz komme. Der Rebound-Effekt nach Insulin/Glukose-Gabe kann bereits zwei Stunden nach Gabe einsetzen – und es kann dann zu einer erneuten Hyperkaliämie kommen. Hier empfiehlt sich, nach Insulin/Glukose und/oder Salbutamol-Gabe die Therapie mit einem schnell wirksamen Kaliumbinder wie SZC zu initiieren. SZC eliminiert Kalium vom Körper und zeigt bereits nach einer Stunde eine signifikante Wirkung (p<0,001)# [15]. Zusätzlich fehlt es an einem optimalen Konzept zur Übergabe der Patientinnen und Patienten an die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen. Dass das nicht immer optimal verläuft, dafür spricht u. a. eine aktuelle Auswertung von US-Versorgungsdaten zu Notaufnahmepatientinnen und -patienten mit Hyperkaliämie [26]. Sie zeigt, dass je nach Ausprägung der initialen Hyperkaliämie innerhalb von 30 Tagen bis zu einem Drittel und innerhalb von 90 Tagen bis zu fast 40 % der Patientinnen und Patienten erneut hyperkaliäm werden. „Bei diesen Patienten wäre eine chronische, kaliumsenkende Therapie hervorragend geeignet, Abhilfe zu schaffen.“ Zielführend wäre es Kümpers zufolge, sobald die Notfalltherapie mit Insulin/Glukose und/oder Salbutamol abgeschlossen ist, die Therapie mit einem schnell wirksamen Kaliumbinder wie SZC zu initiieren, der auch für die Dauertherapie geeignet ist [15, 23]. Um die erforderliche Nachhaltigkeit in der Therapie zu gewährleisten, ist es laut Kümpers erforderlich, mit den ambulant behandelnden Ärztinnen und Ärzten in den Dialog zu treten, um zu betonen, dass moderne, gut verträgliche Kaliumbinder wie SZC für die Dauertherapie geeigneter sind als das weniger gut verträgliche SPS/CPS [22]. In der Leitlinie des ERC werden bei schwerer Hyperkaliämie (≥6,5 mEq/l) mittlerweile nur noch moderne Kaliumbinder wie SZC und Patiromer empfohlen, nicht mehr SPS [27]. Kümpers ging zudem auf die randomisierte Phase-II-Pilotstudie ENERGIZE ein, in der SZC für die Eliminationstherapie als Ergänzung zu einem initialen Kalium-Shift mit Insulin/Glukose im Vergleich zu Placebo untersucht wurde [28]. Diese Pilotstudie ist auf den ersten Blick kontrovers, da sie im primären Endpunkt keine Signifikanz erreicht hat, was im Studiendesign und der sehr niedrigen Anzahl der Studienteilnehmenden begründet liegt. Auf den zweiten Blick kristallisiert sich jedoch ein für die Notfallmedizin wichtiger Punkt heraus: Bei der Frage, wie die Patientinnen und Patienten aus der Gefahrenzone mit einem Serumkaliumwert über 6 mEq/l herausgeholt werden können, ist SZC im Vergleich zu Placebo nach Insulin/Glukose-Gabe von Vorteil. Deutlich mehr Patientinnen und Patienten unter SZC hatten einen Serumkaliumwert <6 mEq/l. „Wir erreichen bei allen Patienten eine rasche Verbesserung mit Insulin/Glukose, aber bei zusätzlicher Elimination mit SZC hält sie länger an“, so Kümpers. Fazit Insgesamt sahen die Experten beim Management der Hyperkaliämie bei CKD-Patientinnen und -Patienten, bei kardiorenalen Patientinnen und -Patienten und im Notaufnahme-Setting jeweils Verbesserungsbedarfe, die adressiert werden sollten. Während bei den ambulanten CKD- und/oder Herzinsuffizienz-Patientinnen und -Patienten im Vordergrund steht, prognostisch relevante Medikamente optimal zu dosieren und gleichzeitig die Serumkaliumwerte im Normbereich zu halten, geht es in der Notaufnahme vor allem darum, bei Hyperkaliämie das Kalium im zweiten Schritt nach Insulin/Glukose vom Körper zu eliminieren. Damit wird effektiv ein schnelles Wiederauftreten einer Hyperkaliämie durch den Rebound-Effekt verhindert. In beiden Versorgungskontexten kann der neue Kaliumbinder SZC hilfreich sein. Zum einen, da SZC komfortabel einzunehmen ist, und gleichzeitig mit der RAS-Hemmer und MRA-Therapie gegeben werden kann*, zusätzlich ein gutes Verträglichkeitsprofil aufweist und damit für eine Langzeittherapie geeignet scheint##. Zum anderen, weil der schnelle Wirkeintritt mit einer signifikanten Elimination von Kalium nach nur einer Stunde# [15] SZC gerade im Notfall attraktiv macht. Einig waren sich die Experten, dass weitere klinische Studien gefragt sind, in denen der Effekt von SZC auf klinische Endpunkte untersucht wird. Im Dialyse-Setting ist DIALIZE-Outcomes eine randomisierte, placebokontrollierte Phase-III-Studie mit angestrebt 2.300 Teilnehmenden mit moderater bis schwerer Hyperkaliämie unter chronischer Hämodialyse. Es wird untersucht, ob SZC das Risiko für plötzlichen Herztod, Schlaganfall oder arrhythmiebedingte Krankenhauseinweisungen/Interventionen/Arztkontakte reduziert [29]. An der Phase-III-Studie STABILIZE-CKD nehmen CKD-Patientinnen und -Patienten unter RAS-Hemmer- und MRA-Therapie mit Hyperkaliämie oder hohem Hyperkaliämie-Risiko teil [30]. In der 27-monatigen Studie werden die Teilnehmenden zunächst unter SZC-Schutz maximal mit dem RAS-Hemmer aufdosiert. Dann wird zu SZC oder Placebo für 24 Monate randomisiert. Primärer Endpunkt ist der eGFR-Verlauf. Für Patienten mit kardiologischen Erkrankungen, wie Herzinsuffizienz, ist die Hyperkaliämie eine häufige Problematik. Oftmals werden RAS-Hemmer abgesetzt, was mit einer schlechten Prognose einhergeht. Mit modernen Kaliumsenkern haben wir erstmalig die Möglichkeit, die Kaliumwerte in einen sicheren Bereich zu überführen und so die Dosis von Herzinsuffizienz-Medikamenten optimal einzustellen. Wir sollten eine Awareness für diese Option schaffen.“ Prof. Dr. Tibor Kempf, Hannover Prof. Dr. Tibor Kempf × In der Notfallmedizin ist Hyperkaliämie ein häufiges Problem, das Management kann komplex sein. Bei Patienten mit einem Kaliumwert über 6 mEq/l sollte dieser schnellstmöglich gesenkt werden. Ich denke, dass SZC in der Zukunft eine sehr gute Option sein wird, mit potenziell weniger Nebenwirkungen und sehr gutem Wirkungsprofil, auch hinsichtlich des schnellen Wirkeintritts.“ Prof. Dr. Philipp Kümpers, Münster UKM/Fotozentrale/Marcus Heine × Die Patienten, die am meisten von RAS-Hemmern und MRA profitieren, sind die, die ohnehin das höchste Hyperkaliämie-Risiko aufweisen. Dazu zählen auch die CKD-Patienten. Wenn andere kaliumsenkende Maßnahmen ausgereizt sind, kommen Kaliumbinder ins Spiel. Neue Kaliumbinder haben bewiesen, dass sie gut verträglich, effektiv und sicher sind. Langfristig könnte Dialysepatienten beispielsweise so auch eine gesündere, nicht so kaliumarme Ernährung ermöglicht werden." Prof. Dr. Timm Westhoff, Herne St. Elisabethgruppe × * Ausnahme: Einnahmeintervall von +/– 2 h bei Arzneimitteln, die eine pH-Wert-abhängige Bioverfügbarkeit aufweisen; das sind: Azol-Antimykotika (Ketoconazol, Itraconazol und Posaconazol), Arzneimittel gegen HIV (Atazanavir, Nelfinavir, Indinavir, Ritonavir, Saquinavir, Raltegravir, Ledipasvir und Rilpivirin), Tyrosinkinase-Inhibitoren (Erlotinib, Dasatinib und Nilotinib). Bei Tacrolimus muss ebenfalls ein Einnahmeintervall von +/– 2 h eingehalten werden. Die gleichzeitige Gabe von Cyclosporin ist möglich [11]. # Mit SZC betrug die mediane Zeit bis zur Normokaliämie 2,2 h (Interquartilbereich 1,0–22,3) [12]. ## klinische Studien mit SZC schlossen keine Expositionen ein, die länger als ein Jahr dauerten [23]. Abkürzungsverzeichnis: ACE=Angiotensin-konvertierendes Enzym; ARNI=Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor; AV=atrioventrikulär; CPS=Poly(styrol-co-divinylbenzol)sulfonsäure; ERC=European Resuscitation Council; ESC=European Society of Cardiology; (e)GFR=(geschätzte) glomeruläre Filtrationsrate; KDIGO=Kidney Disease: Improving Global Outcomes; MRA=Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonist; OR=Odds Ratio; RAS=Renin-Angiotensin-System; SGLT2=Natrium-Glukose-Kotransporter 2; SPS=Natrium-Polystyren-Sulfonat Literatur Clase CM et al., Kidney International 2020, 97:42–61 Kovesdy CP et al., Nat Rev Nephrol 2014, 10:653–662 Thomsen RW et al., Nephrol Dial Transplant 2018, 33:1610–1620 Rastegar A, Serum Potassium, Chapter 195 in: Walker HK, Hall WD, Hurst JW (editors), Clinical Methods: The History, Physical, and Laboratory Examinations, 3rd edition, Boston: Butterworths, 1990 Persson PB, Wasser- und Elektrolythaushalt; in: Schmidt RF, Lang F, Heckmann M (Hrsg.), Physiologie des Menschen, Springer Berlin Heidelberg, 2011:664–681 Neal B et al., N Engl J Med 2021, 385:1067–1077 Epstein M et al., Am J Manag Care 2015, 21:S212–S220 KDIGO, Kidney Int 2020, 98:S1–S115 Shirazian S et al., Am J Med Sci 2015, 349:510–515 Maggioni AP et al., Eur J Heart Fail 2013, 15:1173–1184 Fachinformation Resonium, Stand: Juli 2018 Fachinformation Lokelma, Stand: Juli 2022 Fachinformation Veltassa, Stand: März 2022 Packham DK et al., N Engl J Med 2015, 372:222–231 Kosiborod M et al., JAMA 2014, 312:2223–2233 Spinowitz BS et al., Clin J Am Soc Nephrol 2019, 14:798–809 Fishbane S et al., J Am Sco Nephrol 2019, 30:1723–1733 Fishbane S et al., BMC Nephrol 2022; 23:59 Brunelli SM et al., Nephrol Dial Transplant 2018, 33:1207–1214 Bernier-Jean A et al., CJASN 2021, 16:1851–1861 Avesani C et al., NDT 2022, 37 (Suppl_3):i426; 59th ERA Congress 2022, MO580 McDonagh TA et al., Eur Heart J 2021, 42:3599–3726 + Supplementary Appendix Roger SD et al., Am J Nephrol 2019, 50:473–480 Butler J et al., Eur Heart J, ehac401, doi.org/10.1093/eurheartj/ehac401 Lindner G et al., Gerontology 2014, 60:420–423 Davis J et al., Adv Ther 2022, 39:1033–1044 Gräsner J et al., Resuscitation 2021, 161:1–60 Peacock WF et al., Acad Emerg Med 2020, 27:475–486 https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT04847232 (letzter Zugriff: 11.8.2022) https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT05056727 (letzter Zugriff: 11.8.2022) Impressum Experten-Workshop „Interdisziplinär & praxisnah: Leitliniengerechte Hyperkaliämie-Therapie“, virtuell, 13. Juli 2022 Bericht: Philipp Grätzel von Grätz, Berlin Artikel als Beilage in „Cardio Vasc“ 4/2022, „Die Kardiologie“ 5/2022, „Die Nephrologie“ 6/2022, „Medizinische Klinik“ 6/2022 Mit freundlicher Unterstützung der AstraZeneca GmbH, Wedel Corporate Publishing (verantwortl. i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV): Ulrike Hafner, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Redaktion: Dr. Anne Kathrin Steeb Springer Medizin Verlag GmbH Heidelberger Platz 3 14197 Berlin Tel: 0800 7780 777 (kostenfrei) | +49 (0) 30 827 875 566 Fax: +49 (0) 30 827 875 570 E-Mail: kundenservice@springermedizin.de Die Springer Medizin Verlag GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Nature Geschäftsführung: Fabian Kaufmann, Dr. Cécile Mack, Dr. Hendrik Pugge Handelsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 167094 B Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 230026696 © Springer Medizin Verlag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. PDF-Download: Hyperkaliämie bei Herz- und Nierenpatientinnen und –patienten: Moderne Kaliumbinder für eine leitlinienkonformere Therapie

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