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Erschienen in: Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie 2/2022

Open Access 28.02.2022 | Strahlenschutz | Übersichten: Arbeitsmedizin

Roadmap zum sichereren Risikomanagement des Umweltschadstoffes „Radon“

verfasst von: Serafina Joachim, Doris Klingelhöfer, Markus Braun, Dörthe Brüggmann, David A. Groneberg, David Quarcoo

Erschienen in: Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie | Ausgabe 2/2022

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Zusammenfassung

Radon ist ein ubiquitär im Erdmantel sowie in der Luft und im Wasser vorkommendes radioaktives Edelgas. Obwohl die mit der Exposition assoziierten Erkrankungen seit dem Mittelalter bekannt waren, ist eine kausale Zuordnung von Agens und Krankheit erst in der Mitte des letzten Jahrhunderts gelungen. Durch die physikalischen Eigenschaften des Gases ist die Prävention darauf ausgerichtet, die Exposition zu minimieren. Eine koordinierte Bemühung der EU, durch einheitliche Regeln die Bevölkerung zu schützen, stellt die Richtlinie 2013/59/EURATOM vom 5. Dezember 2013 dar. Umgesetzt in nationales Recht, sah die deutsche Strahlenschutzgesetzgebung vor, dass am 01.01.2021 die verantwortlichen Bundesländer basierend auf einer Expositionskarte die Gebiete festlegen, in denen der Grenzwert der Aktivitätskonzentration von Radon in der Luft im Jahresmittel 300 Bq/m3 überschreitet. In dieser Arbeit sollen die Fortschritte auf dem Weg zu einem umfassenderen Schutz vor den Gefahren durch Radon für die Bevölkerung in Deutschland dargestellt werden.
Hinweise

Zusatzmaterial online

Zusätzliche Informationen sind in der Online-Version dieses Artikels (https://​doi.​org/​10.​1007/​s40664-022-00456-y) enthalten.

Hintergrund

Luftschadstoffe sind Stoffverbindungen in der Erdatmosphäre, die für die Gesundheit von Menschen und anderen Lebewesen schädlich sein können. Neben Gasen wie Schwefeldioxid, Stickoxiden, Fluorchlorkohlenwasserstoffen sind es auch Feststoffe (sowohl organischen als auch anorganischen Ursprungs), die einen erheblichen Risikofaktor für eine Reihe von umweltbedingten Erkrankungen, wie Atemwegsinfektionen, Herzerkrankungen, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Schlaganfall und Lungenkrebs, darstellen [19]. Neue internationale Forschungsergebnisse und deren Umsetzung in politische Bemühungen lenken die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf bislang wenig beachtete luftgetragene Gefahrstoffe wie das Element Radon. Dieses ist ein natürlich im Gestein, in den Böden, im Wasser und in der Luft vorkommendes, geruch- und geschmackloses Edelgas. Als Zwischenschritt in radioaktiven Zerfallsreihen bildet sich Radon auf natürlichem Weg [7]. Von den verschiedenen Radonisotopen ist 222Rn mit einer Halbwertzeit von nur wenigen Tagen das stabilste. Beim radioaktiven Zerfall von Elementen unterscheidet man verschiedene Strahlungsarten. Die α‑Strahlung besteht als Teilchenstrahlung aus zwei Protonen und Neutronen, bei der β‑Strahlung verlässt ein Elektron das Atom, während es sich bei der γ‑Strahlung um hochenergetische elektromagnetische Wellen handelt. Die Strahlungsarten weisen unterschiedliche Qualitäten in Bezug auf Reichweite und biologischer Wirksamkeit auf. Alle natürlichen Radonisotope sind α‑Strahler, die zu Polonium, Wismut und Blei zerfallen, die teilweise wiederum auch ionisierende Strahlung emittieren. Durch die kontinuierliche Neubildung von Radon aus den am häufigsten weltweit vorkommenden Radionuklid Thorium und Uran als Ausgangsstoffen entsteht Radon entlang der Zerfallsreihe fortwährend neu [1].
Obwohl Radon erst 1900 von Friedrich Ernst Dorn entdeckt wurde, gibt es seit vielen Jahrhunderten Hinweise auf eine gesundheitliche Auswirkung bei Tätigkeiten, von denen wir heute wissen, dass sie mit erhöhter Radonexposition verbunden sind. Im Mittelalter wurde in der Bergbauregion des Erzgebirges, in der die Elemente Wismut, Kobalt und Nickel gemeinsam verbunden mit Uran in Gesteinen vorkommen, eine ungewöhnlich hohe Sterblichkeitsrate unter Bergleuten beobachtet (Abb. 1). Dabei war auffällig, dass schon jüngere Arbeiter frühzeitig an Lungenkrankheiten starben. Der Schweizer Gelehrte Paracelsus, der Erfahrungen mit der Arbeit in Minen im Tessin gesammelt hatte, beschrieb in seinem Werk Von der Bergsucht oder Bergkranckheiten verschiedene unter Bergarbeitern verbreitete Erkrankungen [17]. Dabei versuchte er erstmals, den Erkrankungen eine Ätiologie zuzuordnen und bezog Krankheiten auf bestimmte Berufsgruppen [14].
Unter dem von ihm verwendeten Begriff „Bergsucht“ waren verschiedenste Krankheiten der Bergleute subsumiert. Von der Identifizierung der Pathologie Lungenkrebs durch Härting und Hesse [9], gefolgt von der Entdeckung der Radioaktivität bis zu der Verbindung des Agens Radon mit der Pathologie sollten weitere Jahrhunderte vergehen [12]. Im 20. Jahrhundert kam es zu zahlreichen Ereignissen, bei denen große Mengen künstlich erzeugte ionisierende Strahlung in die Umwelt gelangten, wie die Zündung von Atomwaffen oder durch Unfälle in Atomkraftwerken. Diese Ereignisse wurden wissenschaftlich ausgewertet und führten dazu, dass das Konzept des stochastischen Strahlenschadens, bei dem keine sichere Schwellendosis angeben werden kann, entwickelt wurde [8, 16].
Radon spielt aber nicht nur in der Arbeitswelt eine wichtige Rolle. Die WHO beschreibt die Exposition von Radon in Innenräumen als die wichtigste Ursache für Lungenkrebs bei Nichtrauchern und schätzt, dass 3–15 % aller Lungenkrebserkrankungen weltweit durch Radonexposition verursacht werden [21].
Die inhalative Aufnahme von Radon führt zu einer lokal betonten Deposition im respiratorischen Epithel der Lunge. Die von Radon emittierte ionisierende α‑Strahlung ist mit verschiedensten pathologischen Veränderungen im menschlichen Organismus assoziiert worden. Als Folge der Exposition wurden Mutationen, Chromosomenaberrationen, die Erzeugung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) und Modifikationen während des Zellzyklus beobachtet. Diese können zu einer Verzögerung der Mitose oder zur Hemmung der Apoptose führen. Weiterhin können eine Fehlregulierung von Zytokinen und eine erhöhte Translation von Proteinen die Folge sein. Alle diese Veränderungen begünstigen die Karzinogenese [18].
Die Aufnahme von Radon geschieht v. a. durch die Atemluft. Radon interagiert als Edelgas nicht mit Strukturen des Atemtraktes und wird zu einem großen Teil unverändert wieder ausgeatmet. Bei der biologischen Wirkung von Radon sind die Zerfallsprodukte von Radon von großer Bedeutung. Radioaktive Isotope wie Polonium, Wismut und Blei können in der Lunge verbleiben und zu strahlenbedingten Schäden des Gewebes führen [4].
Epidemiologisch legen u. a. zwei Metastudien aus den 2000er Jahren eine lineare Assoziation zwischen Radonexposition und erhöhtem Lungenkrebsrisiko nah. Darby et al. publizierten 2005 eine Metaanalyse aus 13 europäischen Studien, die in 9 Ländern mit über 7000 Fällen durchgeführt wurden. Es fand sich für jeden Anstieg der häuslichen Radonaktivität um 100 Bq pro Kubikmeter [Bq/m3] ein um 16 % erhöhtes Lungenkrebsrisiko. Eine weitere Metaanalyse aus den USA fand bei ähnlichem Studiendesign eine Risikoerhöhung von 11 % für jeden Anstieg um 100 Bq/m3 Radonexposition [6, 13].
Obwohl Radon gewöhnlich in sehr geringen Konzentrationen in der Umgebungsluft vorkommt, neigt es dazu, sich in geschlossenen Räumen zu konzentrieren. Dabei spielt die 9‑mal höhere Dichte gegenüber der Luft ebenso eine Rolle wie auch die Tatsache, dass das Gas entlang eines Konzentrationsgefälles durch Wandöffnungen aus dem Untergrund in die Gebäuderäume strömen kann [4].

Verminderung der Radonexposition

In den letzten Jahrzehnten haben internationale Organisationen wissenschaftliche Informationen zusammengetragen, die zeigen, dass die berufliche und private Radonexposition der Malignomentstehung (Karzinogenese) Vorschub leisten (UNSCEAR, Wissenschaftliche Ausschuss der Vereinten Nationen zur Untersuchung der Auswirkungen atomarer Strahlung; [15]). Es wurden Sicherheitsstandards (IAEA; [10]) und Empfehlungen zum Schutz vor ionisierender Strahlung veröffentlicht (ICRP, Internationale Strahlenschutzkommission; [11]). Eine koordinierte Bemühung der EU durch einheitliche Regeln, die Bevölkerung vor der gesundheitsschädlichen Auswirkung der Radonexposition zu schützen, stellt die Richtlinie 2013/59/EURATOM vom 5. Dezember 2013 dar. Diese wurde auf deutscher Ebene durch das Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) umgesetzt [3] und durch die neue Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) konkretisiert [2]. Wichtige Neuerung in den Gesetzestexten ist, dass nicht nur der Schutz der Radonexposition an Arbeitsplätzen, sondern auch der Schutz von Lebensbereichen der gesamten Bevölkerung neu geregelt werden. Für die Umsetzung von Schutzmaßnahmen spielt die Einführung eines jahresgemittelten Referenzwertes für die von Radon ausgehende Strahlenbelastung von 300 Bq/m3 in der Raumluft eine wichtige Rolle. Zentrales Dokument stellt der vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) unter Beteiligung der Länder erstellte Radonmaßnahmenplan dar [5]. Dieser beschreibt die Ziele und die zu ergreifenden Maßnahmen, um das Risiko der Radonexposition an Arbeitsplätzen und im privaten Umfeld der Bürger zu senken.
Im ersten Abschnitt des Radonmaßnahmenplans wird das Schutzziel, die nachhaltige Reduktion der durch Radon und seine kurzlebigen Zerfallsprodukte bedingten Lungenkrebsfälle benannt. Danach werden die Maßnahmen, die zur Erreichung dieses Ziels dienen, detailliert beschrieben.
Neben der umfassenden Aufklärung der Bevölkerung über die Gefahren durch Radonexposition sowie möglicher Schutzmaßnahmen werden mögliche Multiplikatoren benannt, die den Informationsprozess fortwährend unterstützen können. Dabei handelt es sich um Personen, die mit dem Thema Radon vertraut sind und Informationen an Teilgruppen der Bevölkerung weitergeben, wie Lehrpersonal, kommunale Behörden, Mitarbeiter des Gesundheitswesens, Fachleute im Bauwesen und die Medien [5].
Abschnitt II.2 des Radonmaßnahmenplans beschreibt, wie die Gebiete festgelegt werden sollen, in denen die Wahrscheinlichkeit einer Überschreitung des Referenzwertes hoch ist und daher Maßnahmen an Arbeitsplätzen und bei Neubauten getroffen werden müssen. In den nächsten Abschnitten werden die baulichen Maßnahmen dargestellt, die eine Verminderung der Radonaktivitätskonzentration in Neubauten (Abschnitt II.3 Radonmaßnahmenplan) bzw. Bestandsbauten (Abschnitt II.4 Radonmaßnahmenplan) herbeiführen können [5].
Die Maßnahmen zum Schutz vor Radon am Arbeitsplatz werden in Abschnitt II.5 beschrieben. Der nächste Abschnitt beschäftigt sich mit den Anstrengungen auf dem Gebiet der Radonforschung [5].
Abschnitt II.7 behandelt das Thema des Schutzes von Radon im Trinkwasser. Wie die Beurteilung der Radonschutzmaßnahmen durchgeführt werden soll, wird im letzten Abschnitt (Abschnitt II.8 Radonmaßnahmenplan) dargestellt [5].
Die im Radonmaßnahmenplan beschriebenen Radonvorsorgegebiete stellen eine weitere aus der EU-Initiative hervorgegangene Neuerung dar [5].

Radonvorsorgegebiete

Nach § 153 Abs. 1 StrlSchV wurde definiert, dass 2 Jahre nach Wirksamwerden der StrlSchV, also am 31.12.2020, die verantwortlichen Stellen der Bundesländer durch Anwendung von adäquaten Methoden unter Verwendung von Messdaten der Radon-222-Aktivitätskonzentration in der Bodenluft, in Aufenthaltsräumen, an Arbeitsplätzen sowie geologischen Daten festlegen, welche Gebiete als Radonvorsorgegebiete besondere Anforderungen an den Schutz vor Radon für Neubauten und am Arbeitsplatz stellen.
Nach § 153 Abs. 2 StrlSchV kann die zuständige Behörde davon ausgehen, dass die über das Jahr gemittelte Radon-222-Aktivitätskonzentration den Referenzwert von 300 Bq/m3 Luft in einer beträchtlichen Anzahl von Gebäuden eines Gebiets überschreitet, wenn auf Grund einer wissenschaftsbasierten Vorhersage auf mindestens 75 % des jeweils festzulegenden Gebiets der Referenzwert in mindestens 10 % der Anzahl der Gebäude überschritten wird [20].
Im Folgenden soll die Lokalisation dieser Gebiete vorgestellt werden. Dabei beruhen die Angaben aus den bei den zuständigen Behörden öffentlich zugänglichen bzw. durch persönliche Abfragen ermittelten Informationen. Sie stellen bei dem sich entfaltenden Prozess eine Momentaufnahme aus dem Juli/August 2021 dar.
Sechs Bundesländer (Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Baden-Württemberg und Bayern) haben Radonvorsorgegebiete ausgewiesen. Die veröffentlichten Gebiete auf Landkreisebene sind aus Tab. 1 ersichtlich (im Zusatzmaterial-Online findet sich eine Tabelle 2, mit allen betroffenen Gemeinden). Über die Festlegung der Radonvorsorgebiete hinaus werden in vielen Bundesländern zusätzliche Messkampanien durchgeführt. Diese sollen fehlende Daten ergänzen bzw. den vorhandenen Datenbestand präzisieren.
Tab. 1
Landkreise mit Radonvorsorgegebieten
Bundesland
Stand
Schleswig-Holstein
Keine Radonvorsorgegebiete ausgewiesen
Niedersachsen
Nach der Allgemeinverfügung vom 30.11.2020 Radonvorsorgegebiete:
Braunlage
Clausthal-Zellerfeld
Goslar-Stadt
Mecklenburg-Vorpommern
Keine Radonvorsorgegebiete ausgewiesen
Hamburg
Keine Radonvorsorgegebiete ausgewiesen
Bremen
Keine Radonvorsorgegebiete ausgewiesen
Brandenburg
Keine Radonvorsorgegebiete ausgewiesen
Berlin
Keine Radonvorsorgegebiete ausgewiesen
Nordrhein-Westfalen
Keine Radonvorsorgegebiete ausgewiesen
Sachsen-Anhalt
Nach der Allgemeinverfügung ab 30.12.2020
Landkreis Harz
Landkreis Mansfeld-Südharz
Hessen
Keine Radonvorsorgegebiete ausgewiesen
Sachsen
Allgemeinverfügungen ab 30.12.2020
Erzgebirgskreis
Mittelsachsen
Sächsische Schweiz-Ost-Erzgebirge
Vogtlandkreis
Zwickau
Thüringen
Allgemeinverfügungen ab 30.12.2020
Wartburgkreis
Schmalkalden-Meiningen
Gotha
Hildburghausen
Ilm-Kreis
Saalfeld-Rudolstadt
Sonneberg
Greiz
Altenburger Land
Saarland
Keine Radonvorsorgegebiete ausgewiesen
Rheinland-Pfalz
Keine Radonvorsorgegebiete ausgewiesen
Baden-Württemberg
Vom Ministerium für Umwelt Klima und Energiewirtschaft festgelegte Gebiete nach § 121 Strahlenschutzgesetz in Baden-Württemberg (Stand 15.06.2021)
Breisgau-Hochschwarzwald
Lörrach
Ortenau
Rottweil
Schwarzwald-Baar
Waldshut
Bayern
Allgemeinverfügungen ab 11.02.2021
Wunsiedel i. Fichtelgebirge
Durch die neuen rechtlichen Verordnungen ergeben sich für die Radonvorsorgegebiete neue Pflichten für Eigentümer von Gebäuden und Arbeitgeber.
Die Gesetzestexte unterscheiden zwischen Altbestand und Neubauten. Bei den bestehenden Wohngebäuden wurde in Bezug auf die Radonmessung auf Freiwilligkeit gesetzt. Bei erhöhten Messwerten können die Eigentümer Maßnahmen implementieren, um die Radonkonzentration zu senken.
Wie bei allen Innenraumschadstoffen, stellt das regelmäßige Lüften eine effektive Maßnahme zur Radonkonzentrationsreduktion dar. Um die Regelmäßigkeit dieses Mittels zu gewährleisten, haben sich Lüftungspläne bewährt. Weitere Möglichkeiten stellt die Abdichtung von Türen und Leitungen zum Keller des Gebäudes dar. Mit einem größeren technischen Aufwand sind Isolationsmaßnahmen der Gebäudeaußenhülle und die Absaugung radonhaltiger Luft unter oder neben dem Gebäude möglich [4].
Anders ist es bei Neubauten. Hier besteht die grundsätzliche Pflicht der Bauherren, bei der Planung und Ausführung des Bauwerkes sicherzustellen, dass die Radonkonzentration innerhalb des Gebäudes möglichst gering sein wird. In der StrlSchV werden die technischen Möglichkeiten zur Senkung der Radonkonzentration innerhalb von Gebäuden beschrieben [20]. Dabei werden Maßnahmen in der Planungsphase von bautechnischen und lüftungstechnischen Maßnahmen unterschieden. In der Planungsphase eines Gebäudes kann durch eine sinnvolle Konzeption der Raumaufteilung und durch Beeinflussung der Luftdruckverhältnisse im Gebäude die Radonkonzentration vermindert werden [20].
Unter bautechnische Schritte fallen alle Maßnahmen, die das Eindringen von Radon von außen oder die Verteilung des Gases innerhalb des Gebäudes abwenden. Beispiele für diese Maßnahmen sind die Isolation von Leitungen und Rohren, die durch die Außenschale des Gebäudes führen, oder das Abdichten von Türen gegen radonbelastete Räume [20]. Bei allen Isolationsmaßnahmen ist in Gebäudebereichen mit starkem Temperaturgradienten darauf zu achten, dass es nicht zu einer Kondenswasserbildung kommt, die sowohl die Schutzmaßnahmen als auch das Gebäude schädigen können [20].
Nach der Implementierung der Maßnahmen sollte eine Überprüfung der Schutzwirkung durchgeführt werden, damit fehlerhafte oder schadhafte Materialien den Schutz nicht herabsetzen. Bei der Konzeption des Schutzkonzeptes ist auch die Lebensdauer der verwendeten Materialien zu beachten [20].
Arbeitgeber in Radonvorsorgegebiet müssen nach § 127 StrSchG die Radonkonzentration an Arbeitsplätzen, die sich im Keller oder im Erdgeschoss befinden, ermitteln.
Für Arbeitsplätze, die sich in untertägigen Bergwerken, Schächten und Höhlen, in Radonheilbädern und Radonheilstollen befinden, oder bei Arbeitsplätzen in Anlagen der Wassergewinnung, -aufbereitung und -verteilung, gilt eine generelle Pflicht zur Messung der Radonkonzentration. Ergibt sich bei der Messung eine Überschreitung des Referenzwertes, müssen umgehend Maßnahmen ergriffen werden, um die Radonwerte zu vermindern (§ 128 StrSchG). Sollte eine Senkung der Werte nicht möglich sein, muss der betroffene Arbeitsplatz im Rahmen des beruflichen Strahlenschutzes überwacht werden (§ 131 StrSchG; [5]).

Fazit

Solange der Umweltgefahrstoff Radon freigesetzt und inkorporiert wird, belastet er die menschliche Gesundheit. Zu Beginn einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung waren es spezielle (Arbeits‑)Umgebungen, in denen sich durch eine Häufung von Erkrankungen erste Hinweise auf die krankheitsauslösende Wirkung ergaben. Später wurde durch die Identifikation der Schädigungsgenese und durch epidemiologische Studien deutlich, dass über eine Arbeitsplatzbelastung hinaus exponierte Bevölkerungen ein erhöhtes Risiko tragen. Auf globaler, europäischer und nationaler Ebene sind in den letzten Jahren Regelwerke zum Schutz der betroffenen Bürger entstanden und werden implementiert. In Deutschland ist mit der Festlegung der Radonvorsorgegebiete ein wichtiger Schritt umgesetzt worden. Weitere wissenschaftliche Studien sollen in den nächsten Jahren die bestehenden Ergebnisse erweitern und den Schutz der Bevölkerung weiter verbessern.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

S. Joachim, D. Klingelhöfer, M. Braun, D. Brüggmann, D.A. Groneberg und D. Quarcoo geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Literatur
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Metadaten
Titel
Roadmap zum sichereren Risikomanagement des Umweltschadstoffes „Radon“
verfasst von
Serafina Joachim
Doris Klingelhöfer
Markus Braun
Dörthe Brüggmann
David A. Groneberg
David Quarcoo
Publikationsdatum
28.02.2022
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Schlagwort
Strahlenschutz
Erschienen in
Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie / Ausgabe 2/2022
Print ISSN: 0944-2502
Elektronische ISSN: 2198-0713
DOI
https://doi.org/10.1007/s40664-022-00456-y

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