Erschienen in:
03.03.2021 | Suizid | Fokus
Der assistierte Suizid – Reflexionen nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil
verfasst von:
Prof. Dr. Friedemann Nauck, Prof. Dr. Alfred Simon
Erschienen in:
Forum
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Ausgabe 2/2021
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Zusammenfassung
Im Jahr 2015 verabschiedete der Deutsche Bundestag ein Gesetz, das die Beihilfe zum Suizid verbietet, wenn sie geschäftsmäßig (d. h. mit Wiederholungsabsicht) erfolgt. Auch wenn damit Sterbehilfeorganisationen in Deutschland gestoppt werden sollten, sorgte der Wortlaut des Gesetzes für Verwirrung und Missverständnisse. Behandelnde befürchteten u. a. sogar strafrechtliche Konsequenzen, wenn sie mit ihren Patient*innen über dieses Thema sprechen. Die Berufsordnung der Bundesärztekammer verbietet die Beihilfe zum Suizid und erklärt, die Beteiligung am Suizid sei keine ärztliche Aufgabe. Im Jahr 2020 erklärte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz für verfassungswidrig. Das Recht auf einen selbstbestimmten Tod sei nicht auf Situationen beschränkt, die durch äußere Ursachen wie schwere oder unheilbare Krankheiten definiert sind.
Es muss sichergestellt sein, dass Wünsche nach assistiertem Suizid auf einer freiverantwortlichen, wohlüberlegten Entscheidung beruhen. Dies erfordert eine obligatorische Beratung im Vorfeld und ggf. eine Wartezeit. Palliativmedizinische Unterstützung sollte angeboten werden, um physisches, psychisches und existenzielles Leiden zu lindern. Wird dies jedoch nicht als hilfreich empfunden, ist der Sterbewunsch zu respektieren, wobei aus dem Recht auf selbstbestimmtes Sterben kein Anspruch gegen Dritte auf Beihilfe zum Suizid abgeleitet werden kann.