Gehörgangsspülung: Schwere Komplikation als Preis für freie Ohren

Eine Methode, um lästiges Ohrschmalz loszuwerden, ist die Spülung. Dass ein Patient von einer so simplen Maßnahme einen bleibenden Schaden davontragen kann, zeigt die nachfolgende Fallschilderung. Als Risiken einer Ohrspülung werden allgemein die Perforation des Trommelfells sowie die Otitis externa angesehen. Schwere Komplikationen sind sehr selten. Muhammad Ahmed von der University of Leeds und Kollegen berichten nun über den Fall einer Patientin, die nach einer solchen Behandlung eine permanente Gesichtslähmung und Hörminderung erlitt. Die Frau stellte sich bei ihrem Hausarzt mit vermehrtem Cerumen im rechten Ohr vor. Die Assistentin versuchte es mit einer zweimaligen beidseitigen Spülung. Direkt danach klagte die Patientin über Schmerzen und Hörverlust auf dem linken Ohr. Nachfolgend entwickelte sich ein eitrig-blutiger Ausfluss. Ein HNO-Arzt diagnostizierte eine schwere Otitis externa. Die Entzündung des äußeren Gehörgangs versperrte den Blick auf das Trommelfell. Die Patientin erhielt für eine Woche eine Gehörgangstamponade und ein Rezept über Dexamethason 0,05%/ Framycetin 0,5%/Gramicidin 0,005%-Tropfen. Drei Tage später erschien die Frau als Notfall in der HNO-Praxis. Sie hatte eine linksseitige Fazialisparese mit Lagophthalmus entwickelt. Der statische Tonus des Mundes war gut, beim Lächeln war dieser aber nur schwach beweglich (House-Brackman V). Nach Entfernung der Tamponade ließ sich anteroinferior eine kleine Trommelfellperforation erkennen. Im CT zeigte sich Flüssigkeit im linken Mittelohr und in den Luftzellen des Mastoids. Nach einer Ciprofloxacintherapie klang die Infektion ab. Aber auch drei Jahre später waren trotz Rehabilitationsübungen und Botulinumtoxin-A-Injektionen die linksseitige Fazialisparese und der Hörverlust noch immer nicht vollständig zurückgegangen. In folgenden Muskeln bestanden Verspannungen: M. zygomaticus major, M. buccinator und M. depressor anguli oris, mit einem Sunnybrook-Score von 33%. Der HNO-Arzt bestätigte eine persistierende Trommelfellperforation, und das Audiogramm ergab eine kombinierte sensorineurale und Schallleitungs-Schwerhörigkeit des linken Ohres, weshalb die Patientin mit einem Hörgerät versorgt wurde. Zu viel Druck Ahmed und Kollegen vermuten, dass der Druck bei der Spülung zum Platzen des Trommelfells und dem nachfolgenden Trauma für den Gesichtsnerv und das Innenohr geführt hat. Möglicherweise habe bei der Patientin eine angeborene Dehiszenz des Gesichtsnervs bestanden, die die Verletzung begünstigt habe, aber auch eine überlagerte Infektion könne der Grund sein. Über die optimale Methode zur Entfernung überschüssigen Ohrenschmalzes sind sich die Experten bislang nicht einig. Empfehlung der Redaktion Hörstörungen – Themenseite Schwerhörigkeit und andere Hörstörungen können viele Ursachen haben – vom Tumor im Kleinhirnbrückenwinkel bis zum Cerumen obturans. Alles zur Diagnostik und Therapie finden Sie hier.

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