Führt globale Erwärmung zu mehr Typ-2-Diabetes?

Die globale Erwärmung geht niederländischen Berechnungen zufolge mit einem Anstieg der Diabetesinzidenz einher. Die Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang mit der Aktivität des braunen Fettgewebes. Braunes Fettgewebe (Brown Adipose Tissue, BAT) wird durch Kälte aktiviert. Die verstärkte Aufnahme von Fettsäuren in dieses Gewebe könnte in einem gesteigerten Zufluss von Glukose in anderes metabolisch aktives Gewebe resultieren, was eine verbesserte Insulinsensitivität bei niedrigen Temperaturen erklären würde, so die Endokrinologin Lisanne L. Blauw vom Medizinischen Zentrum der Universität Leiden und ihre Kollegen. In einer vor zwei Jahren veröffentlichten Studie stellte sich tatsächlich heraus, dass Typ-2-Diabetiker, die sich zehn Tage lang einer mäßigen Kälte ausgesetzt hatten, eine verbesserte Insulinsensitivität aufwiesen, bei unverändertem Körpergewicht. Bestimmt wurde diese mithilfe der hyperinsulinämischen, euglykämischen Clamp-Technik. Vor dem Hintergrund, dass das BAT eine Bedeutung bei der Insulinaktivität hat und die Temperatur die BAT-Aktivität beeinflusst, stellten die Wissenschaftler die Hypothese auf, dass die globale Erwärmung zur aktuellen Epidemie des Typ-2-Diabetes beiträgt und dass Diabetes-Inzidenz und die Prävalenz der Glukoseintoleranz mit steigenden Temperaturen zunehmen. Ihre Berechnungen stützten die Wissenschaftler auf Daten aus 50 US-Staaten sowie Guam, Puerto Rico und Virgin Islands, die zwischen 1996 und 2013 zusammengetragen worden waren. Von den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) erhielten die die altersangepasste Diabetesinzidenz pro 1000 Personen für alle ausgewählten Regionen. Für die Schlussauswertung beschränkten sich die Wissenschaftler auf den Zeitraum zwischen 1996 und 2009. Daten zur Entwicklung der Temperatur entnahmen sie den Datenbanken der National Centers for Environmental Information. Daten zur Prävalenz der Adipositas stammten ebenfalls von den CDC. Um den Zusammenhang zwischen mittlerer Jahrestemperatur und der Prävalenz der Glukoseintoleranz zu berechnen, nutzten Blauw und ihre Kollegen die Meta-Regressionsanalyse, wie sie etwa auch bei der Berechnung einer Dosis-Wirkungsbeziehung verwendet wird. Demnach nimmt die Diabetesinzidenz – altersadjustiert – bei einem Anstieg der Temperatur um 1 °C um 0,314 (95%-Konfidenzintervall zwischen 0,194 und 0,434) pro 1000 zu. Allein in den USA treten somit jährlich mehr als 100.000 neue Diabeteserkrankungen auf. Weltweit sei zudem die Prävalenz der Glukoseintoleranz pro 1 °C um 0,17% (95%-Konfidenzintervall zwischen 0,107% und 0,234%) gestiegen, so die Wissenschaftler. Diese Zusammenhänge blieben bestehen, wenn bei der Berechnung Daten zur Adipositas berücksichtigt würden. Ein kausaler Zusammenhang lässt sich auf Basis dieser Analyse natürlich nicht feststellen. Blauw und ihre Kollegen spekulieren jedoch, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Befund und der BAT-Aktivität sowie der Glukose-Clearance durch metabolisch aktives Gewebe gibt. Sie erinnern dabei an die Studie, in der durch Aufenthalt in moderater Kälte über zehn Tage die periphere Insulinsensitivität bei Typ-2-Diabetikern stieg.

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