Typ-2-Diabetes: Rauchverzicht lohnt trotz Gewichtszunahme

Hören Diabetiker mit dem Rauchen auf, nimmt ihr Gewicht vielleicht etwas zu. Kardiovaskuläre Ereignisse treten langfristig trotzdem seltener auf, und die Lebenszeit ist länger als bei fortgesetztem Tabakkonsum. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Rauchen steigert bekanntlich das eh schon drastisch erhöhte kardiovaskuläre Risiko von Typ-2-Diabetikern, ein Rauchverzicht wird daher dringend empfohlen. Allerdings geht die Tabakentwöhnung bei vielen Aufhörwilligen mit einer Gewichtszunahme einher – was für das kardiovaskuläre Risiko der ohnehin oft übergewichtigen Diabetiker wiederum nachteilig ist. Die entscheidende Frage lautet also: Bringt der Tabakverzicht wirklich gesundheitliche Vorteile? Hier liefert eine Analyse von zwei der weltweit größten Langzeitstudien, der Nurses’ Health Study (NHS) und der Health Professionals Follow-Up Study (HPFS), klare Antworten: Typ-2-Diabetiker profitieren auch dann vom Tabakverzicht, wenn sie anschließend beim Gewicht zulegen, denn kardiovaskuläres Risiko und Sterberisiko sinken langfristig. Bei Gewichtszunahme kurzfristig kein Nutzen In der NHS werden seit 1976 alle zwei Jahre US-Krankenschwestern nach ihren Lebensgewohnheiten und Erkrankungen befragt, in der HPFS seit 1984 hauptsächlich männliche US-Ärzte. Anhand solcher Befragungen lässt sich eruieren, wie sich Änderungen der Lebensgewohnheiten auf Mortalität und Erkrankungsrisiken auswirken. Den Datensatz von 173.000 Teilnehmern hat jetzt ein Team von Ernährungswissenschaftlern um Dr. Gang Liu von der Universität in Wuhan, China, unter die Lupe genommen und dabei rund 10.800 Personen mit einem Typ-2-Diabetes identifiziert, die zum Diagnosezeitpunkt noch keine kardiovaskulären Erkrankungen, Krebs oder COPD aufwiesen. Berücksichtigt wurden sowohl Teilnehmer, die zum Studienbeginn bereits an Diabetes erkrankt waren, als auch solche mit einer Diabetesdiagnose erst im Studienverlauf. Etwa ein Viertel der Typ-2-Diabetiker rauchte nach eigenen Angaben zum Zeitpunkt der Diagnose. Die Raucher waren etwas weniger dick als die Nichtraucher (BMI 29,7 versus 30,7) und bewegten sich etwas weniger als diese, unterschieden sich jedoch bei anderen Faktoren kaum. Bezogen auf rund 21.000 Personenjahren traten bei den Rauchern mit Diabetes 454 kardiovaskuläre Ereignisse auf, was einer Inzidenz von 21 Ereignissen auf 1000 Personen im Jahr entspricht. Unter den Niemalsrauchern war die Inzidenz um 41% geringer, wurden Alter, Geschlecht Begleiterkrankungen und der Lebensstil berücksichtigt. Schauten sich die Forscher um Liu Diabetiker an, die das Rauchen aufgaben, so hing die Inzidenz von Herzinfarkten und Schlaganfällen zwei bis sechs Jahre nach dem Rauchverzicht deutlich von der Gewichtszunahme ab. Legten die Teilnehmer in dieser Zeit beim Gewicht überhaupt nicht zu, so war die Inzidenz um 23% geringer als bei den Rauchern. Kam es hingegen in den ersten sechs Jahren zu einer Gewichtszunahme – im Schnitt legten die Teilnehmer um 3,2 kg zu –, dann schwächte dies den Nutzen deutlich. Solche Teilnehmer zeigten dann zwar immer noch eine leicht erniedrigte Inzidenz, allerdings war der Unterschied zu den Rauchern nach der Adjustierung für diverse Begleitfaktoren nicht mehr signifikant. Anders sah es jedoch nach sechs Jahren aus: Hier ging der Rauchverzicht mit einer um 28% geringeren Inzidenz für kardiovaskulärer Ereignisse einher. Wer also die ersten Jahre ohne Herzinfarkt und Schlaganfall übersteht, profitiert unabhängig von der entwöhnungsbedingten Gewichtszunahme von der Tabakabstinenz. Mortalität nach Entwöhnung halbiert Noch deutlicher wird der Nutzen bei der Mortalität: Im Vergleich zu den weiterhin rauchenden Diabetikern wiesen Niemalsraucher im Beobachtungszeitraum eine um 60% geringere Sterberate auf. Diabetiker, welche das Rauchen aufgaben, kamen immerhin auf eine Reduktion von bis zu 50%. wobei diejenigen sogar noch stärker profitierten, die nach der Entwöhnung beim Gewicht zulegten. Allerdings berücksichtigten die Forscher in der Mortalitätsanalyse nur Teilnehmer, welche die ersten sechs Jahre nach dem Rauchverzicht überlebt hatten, um eine reverse Kausalität zu vermeiden: Manche hören vielleicht mit dem Rauchen auf, weil sie an einer tödlichen Krankheit leiden. Schauten sich die Forscher die Sterbeursachen an, dann waren die krebsbedingten und die kardiovaskulär bedingten Sterberaten nach der Entwöhnung gleichermaßen reduziert, zudem ergab sich ein Zusammenhang mit der Dauer des Rauchverzichts: Je länger die Diabetiker entwöhnt waren, umso mehr näherten sich die Inzidenzen für Herzinfarkte, Schlaganfälle sowie Todesfälle denen von Niemalsrauchern. Daraus ergeben sich einige wichtige Schlussfolgerungen: Der Rauchverzicht von Typ-2-Diabetikern senkt das kardiovaskuläre Risiko in den ersten sechs Jahren der Abstinenz nicht wesentlich, sofern die Patienten in dieser Zeit an Gewicht zulegen, was meist der Fall ist. Langfristig profitieren sie jedoch deutlich sowohl von einer geringeren Herzinfarkt- und Schlaganfallrate als auch von einem längeren Leben als Diabetiker, die weiterrauchen, und zwar weitgehend unabhängig von der Gewichtszunahme nach der Entwöhnung. Ärzte sind zudem gut beraten, entwöhnungswilligen Diabetikern beim Gewichtsmanagement zu helfen, um den Nutzen des Tabakverzichts zu erhöhen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Was nützt Typ-2-Diabetikern der Rauchverzicht? Antwort: Das kardiovaskuläre Risiko und das Sterberisiko sinken langfristig, wenn Diabetiker das Rauchen aufgeben – unabhängig davon, ob sie nach der Entwöhnung etwas dicker werden. Kurzfristig kann die Gewichtszunahme zwar den Nutzen abschwächen, erhöht das kardiovaskuläre Risiko aber nicht. Bedeutung: Die Angst vor einer Gewichtszunahme sollte für Typ-2-Diabetiker kein Grund sein, weiter zu rauchen. Einschränkung: Subjektive Angaben zu BMI, Rauchen und Gewichtszunahme.

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