Was eine Diabetes-Diagnose für das kardiovaskuläre Risiko bedeutet

Wird ein Typ-2-Diabetes diagnostiziert, ist dies gleichbedeutend mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für künftige kardiovaskuläre Ereignisse. Aufschluss darüber, wie hoch das kardiovaskuläre Risiko heute ist, gibt eine große dänische Bevölkerungsstudie. Ein neu diagnostizierter Typ-2-Diabetes verheißt nichts Gutes: Davon Betroffene unterliegen unabhängig von Geschlecht und Lebensalter einem erhöhten Risiko für die künftige Entwicklung kardiovaskulärer Erkrankungen. Besonders groß ist die Risikodifferenz im Vergleich zu Personen ohne Diabetes dann, wenn die Diabetesdiagnose schon in relativ jungen Jahren gestellt wird. Das belegen aktuell publizierte Daten einer großen epidemiologischen Studie aus Dänemark. Höheres Risiko nach Diabetesdiagnose in allen Altersgruppen Für die Studie sind Daten von 142.587 dänischen Patientinnen und Patienten herangezogen worden, bei denen zwischen 2006 und 2013 erstmals ein Typ-2-Diabetes diagnostiziert worden war. Dieser Gruppe sind 388.410 nach Alter und Geschlecht „gematchte“ Personen ohne Diabetes aus der Allgemeinbevölkerung gegenübergestellt worden. Verglichen wurden beide Gruppen, bei denen zu Beginn keine kardiovaskulären Erkrankungen bestanden, bezüglich der Häufigkeit von Herzinfarkten, Schlaganfällen und kardiovaskulär verursachten Todesfällen in einem Zeitraum von zehn Jahren. Im Follow-up der Studie (im Median 8,1 Jahre) registrierte die Forschergruppe um Dr. Michael Maeng von der kardiologischen Abteilung am Aarhus University Hospital insgesamt 52.471 kardiovaskuläre Ereignisse, darunter 12.767 Myokardinfarkte, 22.539 Schlaganfälle sowie 17.165 tödliche Ereignisse. Die kumulative 10-Jahre-Inzidenz für kardiovaskuläre Ereignisse betrug 12% in der Gruppe mit Diabetesdiagnose und 9,3% in der „gematchten“ Vergleichsgruppe ohne Diabetes. Danach hatten Personen mit Diabetesdiagnose ein relativ um 27% höheres Risiko (Subdistribution Hazard Ratio [sHR]: 1,27, 95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,25–1,30). Insgesamt nahm mit dem Lebensalter auch die 10-Jahres-Inzidenz von kardiovaskulären Ereignissen zu, und zwar von 2,0% bei Patienten unter 40 Jahre bis auf 30% bei Patienten über 80 Jahre. In allen Altersgruppen war jedoch ein neu diagnostizierter Typ-2-Diabetes stets mit einem relativ höheren 10-Jahres-Risiko im Vergleich zur „gematchten“ Allgemeinbevölkerung assoziiert. Die relative Risikoerhöhung war bei jüngeren Patienten stärker ausgeprägt als bei älteren Patienten. So war das kardiovaskuläre 10-Jahres-Risiko im Fall einer Diabetesdiagnose im Alter unter 40 Jahren um den Faktor 2 bis 3 höher als bei altersgleichen Personen ohne Diabetes (2,0% vs. 0,8%; absolute Risikodifferenz: 1,2%; sHR: 2,59, 95%-KI: 2,21–3,03). Die größte absolute Risikodifferenz bezüglich des 10-Jahre-Risikos ergab sich im Fall eines neu diagnostizierten Typ-2-Diabetes in der Altersklasse der 40- bis 49-Jährigen (6,1% vs. 3,3%; absolute Risikodifferenz 2,8%; sHR: 1,91; 95%-KI: 1,76–2,07). In den höheren Altersklassen waren die Risikodifferenzen dagegen geringer ausgeprägt. Kardiovaskuläre Ereignisse traten rund zehn Jahre früher auf Nach Berechnungen der dänischen Forscherinnen und Forscher hatten Männer mit neu diagnostiziertem Diabetes ein kardiovaskuläres 10-Jahres-Risiko von 5% bereits im Alter von 43 Jahren erreicht, Männer ohne Diabetesdiagnose dagegen erst im Alter von 55 Jahren. Frauen mit diagnostiziertem Typ-2-Diabetes erreichten ein entsprechendes 10-Jahres-Risiko schon im Alter von 51 Jahren, Frauen ohne Diabetesdiagnose dagegen erst im Alter von 61 Jahren. Demnach ist im Fall eines festgestellten Typ-2-Diabetes bei Männern zwölf Jahre früher und bei Frauen zehn Jahre früher mit dem Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen zu rechnen als in der Allgemeinbevölkerung. Die Ergebnisse zeigten, dass selbst in einem europäischen Land wie Dänemark, das sich durch ein relativ hohes Durchschnittseinkommen und eine gute Gesundheitsversorgung mit einem hohen Anteil an leitlinienkonformen Therapien auszeichne, Patienten mit neu diagnostiziertem Typ-2-Diabetes noch immer einem deutlich erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen ausgesetzt seien, so die Studienautoren. Plädoyer für intensivierte Prävention Eine beschleunigte Entwicklung kardiovaskulärer Erkrankungen sei vor allem bei der wachsenden Zahl von Menschen mit Diabetesdiagnose im jüngeren Lebensalter zu beobachten. Kennzeichnend für diese Risikogruppe sei eine höhere Prävalenz von Risikofaktoren wie ausgeprägte Fettleibigkeit, Dyslipidämie, erhöhte HbA1c-Spiegel, Rauchen und körperliche Inaktivität. Zugleich erhalte diese Gruppe relativ selten präventive Therapien wie Statine oder Blutdrucksenker. Notwendig sei somit eine intensivierte Prävention zur Reduktion des kardiovaskulären Risikos bei Menschen mit diagnostiziertem Typ-2-Diabetes – vor allem dann, wenn der Diabetes schon in jüngeren Jahren manifest wird. Basierend auf: Gyldenkerne C et al. 10-Year Cardiovascular Risk in Patients With Newly Diagnosed Type 2 Diabetes Mellitus. J Am Coll Cardiol 2023; 82:1583–1594.

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