Frau bringt trotz Laparostomie gesundes Kind zur Welt

Eine verzögerte Diagnose einer akuten Appendizitis kann sich im schlimmsten Fall bis zur abdominalen Sepsis auswachsen. Wie etwa im Fall einer 38-jährigen Schwangeren, bei der die Chirurgen schließlich zu drastischen Mitteln greifen mussten. Die Diagnose einer akuten Appendizitis stellt während der Schwangerschaft eine klinische Herausforderung dar. Die physiologischen Veränderungen lassen das Krankheitsbild weniger klassisch erscheinen und die Symptome können durch die Schwangerschaft maskiert sein. Mit einer verzögerten Diagnosestellung steigt jedoch das Rupturrisiko mit den entsprechenden Komplikationen. Wie drastisch ein solcher Verlauf sein kann, schildern Chirurgen aus Portugal am Beispiel einer 38-jährigen Schwangeren. Die Frau stellte sich in der 13. Schwangerschaftswoche in der Notaufnahme der Klinik in Tondela-Viseu vor. Sie berichtete über abdominale Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen, die bereits seit einem Tag anhielten. Da weder Fieber noch vaginaler Ausfluss bestand und die gynäkologische Ultraschalluntersuchung regelhaft ausfiel, entließen die anfangs mit dem Fall betrauten Gynäkologen die Frau nach Hause. Fünf Tage später suchte die Schwangere die Klinik erneut auf. Zu diesem Zeitpunkt fiel bei der klinische Untersuchung eine Tachykardie und eine diffuse abdominale Schmerzhaftigkeit mit Schwerpunkt im rechten Quadranten auf. Die Blutanalyse ergab Hinweise auf eine systemische Infektion: Neben einer Neutrophilie und einer geringen Prothrombinämie fanden sich hohe Konzentrationen an Procalcitonin (180 ng/ml; Referenzwert: 0,01−0,64 ng/ml) und C-reaktivem Protein (17 mg/dl; Referenzwert: < 0,5 mg/dl). Darüber hinaus sprachen die Messwerte für ein akutes Nierenversagen. Bei der Sonografie des Abdomens war in allen Quadranten freie Flüssigkeit nachzuweisen und erfreulicherweise ein vitaler Fötus. Aufgrund der akuten Verschlechterung des Allgemeinzustandes der Patientin im Sinne eines septischen Schocks mit Hypotension, Hyperlaktatämie, Hypokaliämie und Hyperglykämie entschieden sich die Chirurgen für eine Notlaparotomie. Fulminante Peritonitis zwingt zum Handeln Intraoperativ zeigte sich das Bild einer ausgeprägten eitrigen Peritonitis nach Perforation einer akuten Appendizitis. Insgesamt 300 Milliliter eitriges Sekret konnten die Chirurgen absaugen und mussten zahlreiche Abszesse eröffnen und drainieren. Außerdem entfernten sie den rupturierten Wurmfortsatz und spülten die Bauchhöhle. Aufgrund der generalisierten intraabdominalen Infektion mit deutlich geblähten Darmschlingen und dem damit verbundenen Risiko eines abdominalen Kompartmentsyndroms entschieden sich die Operateure, das Abdomen unverschlossen zu lassen. Auf der Intensivstation war die Frau zunächst Vasopressoren- und Dialyse-pflichtig, und wurde empirisch mit Piperacillin-Tazobactam i.v. antibiotisch behandelt. 48 Stunden später explorierten die Chirurgen die Bauchhöhle erneut: Die Darmschlingen waren ödematisiert und gebläht und die Bauchhöhle gering verschmutzt. Nach peritonealer Spülung legten die Chirurgen nochmals ein Laparostoma an, dieses Mal in einer Technik zum progressiven Bauchdeckenverschluss. Vier Tage nach dem ersten Eingriff konnte die Bauchdecke primär wieder verschlossen werden. Anhand des Antibiogramms wurde die Antibiotikatherapie schließlich auf Amoxicillin und Clavulansäure umgestellt. Die Patientin erholte sich rasch und konnte schließlich am Tag 12 auf die gynäkologische Normalstation verlegt und zwei Tage später sogar nach Hause entlassen werden. Das Ungeborene hatte sich in der Zeit gut entwickelt und auch die weitere Schwangerschaft verlief komplikationslos. Die Frau brachte in der 41. Schwangerschaftswoche per Kaiserschnitt ein gesundes Kind zur Welt. Bei der Kontrolluntersuchung drei Monate nach Sectio stellte sich die Patienten in sehr gutem Allgemeinzustand vor, lediglich eine ventrale Hernie musste zeitnah korrigiert werden. Das Kind war altersgerecht entwickelt und zeigte keinerlei Auffälligkeiten. Drastischer Verlauf erfordert drastische Maßnahmen In der Literatur sind bislang kaum Fälle beschrieben, in denen Schwangere mit einem Laparostoma versorgt worden sind, wie die portugiesischen Chirurgen ausführen. Diese Kasuistik lege aber nahe, so die Studienautoren, dass die Laparostomie auch bei Schwangeren ein probates Mittel zur Schadensbegrenzung bei abdominaler Sepsis sei. Außerdem unterstreiche dieser Fall, dass die für ein bestmögliches Outcome notwendigen Maßnahmen nicht wegen einer Schwangerschaft hinausgezögert werden dürften.

Springer Medizin

Frau bringt trotz Laparostomie gesundes Kind zur Welt

Weiterführende Themen

Magen-Darm-Erkrankungen in der Hausarztpraxis

Springer Medizin

Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu diesem Inhalt zu erhalten

Weiterführende Themen

Magen-Darm-Erkrankungen in der Hausarztpraxis