Cave iatrogene Überwässerung bei akuter Nierenschädigung!

Intensivpatienten mit akuter Nierenschädigung erhalten mehr Flüssigkeit als vergleichbare Patienten mit intakten Nieren. Das könnte die Chance auf eine Erholung der Nierenfunktion reduzieren. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Durch eine Volumentherapie soll bei Intensivpatienten mit akuter Nierenschädigung (AKI) die renale Minderperfusion beseitigt und der Oligurie entgegengewirkt werden. Gleichzeitig sind AKI-Patienten besonders anfällig für eine Flüssigkeitsüberladung und die nachteiligen Folgen für Nierenfunktion und Prognose. Die Balance ist diffizil und finnische Intensivmediziner warnen nun, dass sie zu oft in Richtung Volumenüberladung gehen könnte. Höhere Zufuhr bei geringerer Ausscheidung Die Ärzte um Nina Inkinen von der Universitätsklinik in Helsinki stützen ihre Warnung auf eine nachträgliche Analyse der prospektiven Multicenterstudie FINNAKI, an der in den Jahren 2011/2012 Intensivpatienten mit und ohne AKI beteiligt waren. In die aktuelle Analyse wurden von den 824 Patienten, die in den ersten drei Tagen des Intensivaufenthalts eine AKI (nach KDIGO-Kriterien) entwickelt hatten, nur die 616 einbezogen, für die sich ein vergleichbar kranker Patient ohne AKI fand. Die Gegenüberstellung ergab für die AKI-Gruppe eine deutlich höhere Flüssigkeitszufuhr (durch Volumentherapie, Medikamente, Ernährung): Sie erhielten in den ersten drei Tagen im Median 11,4 l, in der Vergleichsgruppe waren es nur 10,2 l. Beim Flüssigkeitsverlust (über Urin, Hämodialyse, Verdunstung) lagen sie dagegen deutlich zurück, mit 4,7 gegenüber 5,8 l. Die kumulative Flüssigkeitsbilanz der AKI-Patienten war damit deutlich höher im positiven Bereich (2,5 versus 0,9 l). AKI seltener reversibel In der Studie zeigte sich auch, dass die AKI bei positiver Flüssigkeitsbilanz seltener reversibel war. Insgesamt war sie nach fünf Tagen auf der Intensivstation bei 60% der Patienten verschwunden. Dabei stand die Chance auf Erholung in umgekehrter Beziehung zur Flüssigkeitszufuhr und in direkter Korrelation zur Flüssigkeitsausscheidung. Die Studienautoren kritisieren das beobachtete Vorgehen bei AKI-Patienten: „Selbst bei verminderter Flüssigkeitsausscheidung wurde die Flüssigkeitszufuhr nicht reduziert, sondern sogar erhöht – mit der Folge einer höheren Flüssigkeitsbilanz und dem damit assoziierten schlechteren Outcome.“ Sie fordern daher, nach Strategien zu suchen, wie eine Volumenüberladung verhindert werden kann. Ob eine zurückhaltendere Flüssigkeitsgabe tatsächlich die AKI-Prognose verbessert, wird derzeit in einer randomisierten kontrollierten Pilotstudie geprüft (Vaara ST et al. Acta Anaesthesiol Scand 2020). In einer weiteren Pilotstudie kam es bei Patienten mit septischem Schock bei restriktiver Handhabung der Volumenersatztherapie seltener zu einer Verschlechterung der AKI. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie ist das Verhältnis von Flüssigkeitszufuhr und -ausscheidung bei Intensivpatienten mit akuter Nierenschädigung (AKI)? Antwort: AKI-Patienten erhalten trotz geringerer Flüssigkeitsausscheidung mehr Flüssigkeit als vergleichbare Patienten ohne AKI. Die positive Flüssigkeitsbilanz ist mit einem schlechteren Outcome assoziiert. Bedeutung: Strategien zur Vermeidung einer Volumenüberladung könnten die Chance auf eine Erholung der Nieren erhöhen. Einschränkung: Post-hoc-Analyse; trotz Propensity-Matching möglicherweise nicht alle Störfaktoren erfasst; schwerstkranke AKI-Patienten wegen fehlender Vergleichspersonen häufiger ausgeschlossen; Reversibilität der AKI nur bis Tag 5 untersucht.

Springer Medizin

Cave iatrogene Überwässerung bei akuter Nierenschädigung!

Weiterführende Themen

Neu im Fachgebiet AINS

Hinter dieser Appendizitis steckte ein Erreger

Ärztliche Empathie hilft gegen Rückenschmerzen

Mehr Schaden als Nutzen durch präoperatives Aussetzen von GLP-1-Agonisten?

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Update AINS