Hausgemachte Testlösungen?

Wenn die gängigen Standardtestreihen keine Klarheit schaffen, können viele Einzelsubstanzen und Stoffgemische auch individuell zubereitet und epikutan getestet werden. Das erfordert allerdings die Beachtung einiger Regeln. „Die epikutane Testung patienteneigener Substanzen ist oft eine wichtige Ergänzung, nie aber ein Ersatz für die verfügbaren Standardreihen“, schickt PD Dr. Heinrich Dickel, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Uni Bochum, voraus. Eine wichtige formale Voraussetzung, um In-vivo-Testungen individueller Substanzen in der eigenen Praxis vornehmen zu dürfen, sei die einmalige Anzeige an die zuständige Aufsichtsbehörde nach § 67 AMG. Die konkrete regulatorische Handhabung sei je nach Bundesland unterschiedlich. Vereinzelt sei es auch zu Prüfanrufen oder -besuchen durch Behördenmitarbeiter kommen. Wichtige Informationsquellen zu potenziellen Allergenen sind Dickel zufolge unter anderem Verpackungslabel, etwa bei Kosmetika, Beipackzettel oder Fachinformationen bei Arzneimitteln, Technische Datenblätter oder Sicherheitsdatenblätter sowie die Gefahrstoffdatenbanken von DGUV oder GisChem. Die für die Zubereitung von Testlösungen notwendige Ausrüstung ist überschaubar. Gegebenenfalls ist eine geringfügige Ergänzung des Praxislabors notwendig. Es gelten die beim Arbeiten mit Chemikalien gängigen Verhaltensregeln. Wenn der Verdacht besteht, dass die gewählte Konzentration der Testlösung im okklusiven Epikutantest irritativ wirken könnte, kommt Dickel zufolge der halboffene Epikutantest in Frage. Dabei wird die Testsubstanz am Unterarm offen aufgetragen, das Testfeld markiert und unmittelbar nach Antrocknen der Substanz sowie nach 30 Minuten abgelesen. Danach wird die Testfläche für 24 Stunden mit einem nicht okklusiven Pflaster abgedeckt und wie beim okklusiven Test abgelesen. Epikutantestreaktionen mit unklarer klinischer Relevanz können im repetitiven offenen Anwendungstest (ROAT) überprüft werden. Mit diesem Test kann die reguläre Anwendung von kommerziellen Produkten, etwa Kosmetika, nachgestellt werden. Die Testperson trägt die Substanz dazu zweimal täglich auf ein markiertes Areal an der Unterarm-Innenseite auf. Da Ekzemreaktionen gelegentlich mit Verzögerung auftreten können, kann die Testung über bis zu zwei Wochen fortgesetzt werden. Bestimmte Substanzen sollten grundsätzlich nicht getestet werden Dazu zählen unter anderem nicht deklarierte Substanzen, Metallsplitter, hautreizende Substanzen wie Adstringentien, Frostschutzmittel, Treibstoff, Kalk oder Zement, Lackverdünner, aber z. B. auch Nagellackentferner. Substanzlösungen mit einem pH 9 sollten grundsätzlich nicht auf die Haut aufgebracht werden, ohne sie vorher entsprechend zu puffern. PD Dr. Timo Buhl, Klinik für Dermatologie und Allergologie, Uni Göttingen, ergänzt, bei einigen Substanzen sei das Risiko für eine aktive Sensibilisierung durch die Testung sehr hoch. Diese Substanzen solle man am besten gar nicht oder, falls unbedingt notwendig, nur sehr vorsichtig anwenden, z. B. verdünnt, beginnend mit einer niedrigen Konzentration, und im semi-open Test. Zu diesen „kritischen“ Substanzen zählen unter anderem oxidative Haarfärbemittel, Haargel, acrylhaltige Klebstoffe und Werkstoffe für künstliche Nägel. Auch Pflanzen gehen oft mit einem hohen Risiko für irritative Reaktionen und aktive Sensibilisierung einher. Dickel rät daher auch von der Testung eigener Pflanzenzubereitungen ab und empfiehlt, sich auf die gängigen Testreihen zu Pflanzeninhaltstoffen zu beschränken. Hinweis Die zuständige Aufsichtsbehörde kann unter https://www.zlg.de/arzneimittel/deutschland/laenderbehoerden.html ermittelt werden. Die Deutsche Kontaktallergie-Gruppe (DKG) in der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft bietet nähere Informationen und einen beispielhaften Anzeigetext für Spättyp- und Soforttyp-Allergiediagnostik an. basierend auf: Seminar „Epikutantestung von patienteneigenen Substanzen in der Praxis“, 13. Deutscher Allergiekongress, 27. bis 29. September 2018, Dresden. Weitere Beiträge vom 13. 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