Hintergrund
Rehabilitation im Bühnentanz
Das Training im professionellen Tanz
Definition und Durchführung des Übergangstrainings im Tanz
Vorgehen vor Beginn | Expertenrunde aus für die Rehabilitation verantwortlichem/r Arzt/Ärztin bzw. Operateur/Operateurin, Physiotherapeut/in und dem/der für das MAT‑T verantwortlichen Pädagogen/in Gespräch mit Tänzer/in zu aktuellen Beschwerden in Bezug zur Bewegung/Ort/Zeitpunkt/Art der Verletzung/Therapie/Stand der Rehabilitation und individuellem Vorgehen unter Berücksichtigung der Tanzrichtung (Haupttanzrichtung: klassischer Tanz – zeitgenössischer Tanz), Berücksichtigung verschiedener Stilrichtungen oder Schulen innerhalb der Tanzrichtung (z. B. Waganova, Cecchetti), Berücksichtigung der beruflichen Tätigkeit (z. B. Solo, Gruppe, Teilzeit – Vollzeit, kreative Tätigkeit), Berücksichtigung der Organisationsstruktur (z. B. Anzahl der Vorstellungen pro Jahr) |
Schwierigkeitsgrad | Basistraining Große Sprungkombinationen (außer: „sissonnes“) verzichtbar. Ggf. Training ohne Spiegel („vom Spiegel weg“) |
Trainingsinhalte allgemein | Jo-Jo-Prinzip [1]: Steigern von „Blickrichtung Stange“ (beidhändige Unterstützung), „seitlich zur Stange“ (einhändig) zum „freien Raum“ (ohne Unterstützung) Fußübungen (Kreisen, Flexion, Extension, pas de chaval) Gewichtsverlagerungen (z. B. Sprüngen und deren Vorbereitung): Steigerung von zuerst „2 auf 2“ (von 2 Füßen auf 2 Füße) dann „1 auf 2“ (von 1 Fuß auf 2 Füße), dann „1 auf 2“ (von 1 Fuß auf 2 Füße), am Ende „1 auf 1“ (von 1 Fuß auf 1 Fuß, z. B. „temps levé“). Integration tänzerischer Elemente (z. B. Balancés, Pas de valse, Travelling pas de basque), um das „Gefühl, wieder zu tanzen“ subjektiv zu verstärken. Vorbereitung der Bewegungselemente im freien Raum an der Stange (z. B. relevé, Sprünge) |
Trainingsinhalte nach Phasen | Frühphase: Bewegungscharakter: eher statische Elemente Stange in paralleler Fußstellung ohne und mit Gewichtsverlagerungen Zunächst Bewegungen mit Blickrichtung zur Stange (beidhändig), später einhändig Tendus zunächst zur Seite und Blickrichtung zur Stange. Später vorne, einhändig, Einbindung der Hüftrotation durch aktive Bewegungen (einwärts, auswärts rotieren) Bewegungen der Arme (port de bras) Balancen Beine a terre, später en l’air Keine Bewegungskombinationen (z. B. nur pliés, nur ronds de jambes) Freier Raum: z. B. einfaches „temps lié“ mit „transfer of weight“. Mittlere Phase, zusätzlich: Bewegungscharakter: statische Elemente mit dynamischen Anteilen Stangentraining in Außenrotation (turn out, en dehors), demi plié in 1. und 2. Position Bewegungen en croix Bewegungskombinationen (auch länger) Sprünge (1 auf 1, 1 auf 2) Verbindungsschritte (pas de bourrée, chassé) Spätphase, zusätzlich: Bewegungscharakter: statisch und dynamische Elemente Grand plié in allen Positionen (auch 4. und 5. Position, zunächst 3. Position) Steigerbar bis zum vollständigen Basistraining (Stange und freier Raum) Rond de jambe en l’air, fondu, allegro |
Wiederholungen | Wiederholungen der gleichen Einheit oder ähnlichen Einheit über mindestens 2 bis 7 Trainingseinheiten (oder 1 Woche) |
Wechsel der Bewegungskombinationen | Je weiter fortgeschritten der Rehabilitationszeitpunkt, desto häufiger Wechsel |
Gesamtdauer des Übergangstrainings | Beginn: Sobald absehbar ist, dass die Rückkehr in den alten Beruf zeitlich planbar und Voraussetzungen gegeben sind Ende: Eintritt der Arbeitsfähigkeit, ggf. vorübergehend auch nach Erreichen der Arbeitsfähigkeit parallel zum Theatertraining (Bewegungskombinationen werden im Sinne einer Supervisionseinheit). Je näher die Arbeitsfähigkeit rückt, desto mehr definierte Vorgaben für den/die Tänzer/in und Abnahme der Pausenlänge zwischen den einzelnen Bewegungsfolgen |
Bewegungskombinationen | Erst Einzelbewegungen, zunehmend ineinander fließen lassen (z. B. Frühphase: 1 tendu vor, 1 demi plié – Spätphase: tendu mit demi plié) |
Reflexion/Feedback | Vor Beginn der Trainingseinheit jeweils Reflektion und Feedback zu der vorherigen Einheit (Tempo/Schwierigkeitsgrad/Inhalt/Beschwerden/Ermüdungsgrad, aktuelle Beschwerden) Einfache elementare Bewegungsinhalte |
Allgemeines | Identifikation und Korrektur von schlechten Gewohnheiten (Kompensationsbewegungen, technischen Defiziten, Fehlstellungen), Aufbau von Muskulatur, Verbesserung der Propriozeption |
Bei bestehender Arbeitsfähigkeit | Vermeidung einer belastungsinduzierten Verschlechterung bei Beschwerden (auch bei Bagatellbeschwerden) Technische Korrekturen mit Anpassung der tanztechnischen Bewegungen auf die individuellen anatomisch-physiologischen körperlichen muskuloskeletalen Voraussetzungen Ggf. Vermeidung einer Arbeitsunfähigkeit Unterstützung bei der Wiedererlangung der uneingeschränkten, beschwerdefreien Arbeitsfähigkeit |
Bei bestehender Arbeitsunfähigkeit, rehabilitativ (tertiärpräventiv) | Gewöhnung an tanzspezifische Belastungen Entwicklung von subjektivem Vertrauen und Sicherheit bei der Durchführung von tanzspezifischen Bewegungsfolgen Unterstützung bei der Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit Abwendung der Gefährdung der Erwerbsfähigkeit Reduzierung des psychomentalen Drucks von Beschäftigten Ggf. Beschleunigung der Wiedereingliederung nach Verletzung und Erleichterung des Übergangs zwischen Rehabilitationsphase und Arbeitsfähigkeit Qualitative Aufwertung einer Wiedereingliederungsphase |
Indikationen, Voraussetzungen für die Teilnahme und Vorteile des Übergangstrainings
Vorteile eines Übergangstrainings im professionellen Bühnentanz
Diagnose: Außenbandruptur | Unfalltag | Beginn: nach Orthesenentfernung 6 Wochen nach dem Unfalltag | |||||||
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Hinweise zur Tätigkeit | Art | Wo 1 | Wo 2 | Wo 3 | Wo 4 | ||||
A | E | A | E | A | E | A | E | ||
Stange | Beidhändig | Tag 1: BB | |||||||
Seitlich (EB) | Ab Tag 2 | X | X | X | X | X | X | X | |
Zehenstand | X (BB) | X (EB) | X (EB) | X (EB) | X (EB) | X (EB) | |||
Balance | X | X | X | X | x | ||||
Sprünge klein | X | ||||||||
Freier Raum | Pirouetten | X | X | ||||||
Sprünge klein | X | X | X | X | |||||
Sprünge mittel | X | X | X | X | |||||
Batterie (Sprünge) | X | ||||||||
Spitzenschuharbeit | X | X | X |
Bedeutung für die arbeitsmedizinische Praxis
Fazit
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Trotz limitierter wissenschaftlicher Ergebnisse gibt es Hinweise darauf, dass ein Übergangstraining – in Kombination mit anderen, die uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit wiederherstellenden allgemeinen Maßnahmen – im professionellen Bühnentanz eine wichtige Option darstellt.
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Es ist wünschenswert, dass sich die wissenschaftlichen Aktivitäten erhöhen und die Wirksamkeit dieser Maßnahme zunehmend auch evidenzbasiert untermauert werden kann.