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2021 | Buch

Offene Hernienchirurgie

herausgegeben von: Prof. Dr. Dr. Ulrich A. Dietz, Prof. Dr. Guido Beldi, Dr. René H. Fortelny, Dr. Armin Wiegering

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Die Techniken und Indikationen der offenen Hernienchirurgie werden systematisch und anschaulich von Experten aus dem ganzen deutschsprachigen Raum beschrieben und durch eigens erstellte farbige Zeichnungen illustriert. Die Darstellung wendet sich an junge Fachärzte und Weiterbildungsassistenten, die sich mit den Therapiemöglichkeiten und den zahlreichen bewährten Operationsverfahren vertraut machen wollen, aber auch an erfahrene Hernienchirurgen, die ihr Wissen weiter vertiefen wollen. Nach einer Übersicht über Diagnostik und Therapiewahl werden für die verschiedenen Hernienformen die einzelnen Verfahren dargestellt, ergänzt durch Kommentare und Empfehlungen der Herausgeber. Im Anschluss wird zu den meistdiskutierten Themen im Bereich der offenen Hernienchirurgie der Wissensstand in kompakten Beiträgen zusammengefasst; ein Überblick über die offene Hernienversorgung in anderen Ländern schließt das Buch ab.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Ventrale Hernien

Frontmatter
Kapitel 1. Epigastrische Hernien
Zusammenfassung
Epigastrische Hernien gehören zu den primärenventralen Hernien und entstehen nicht als Folge einer vorausgegangenen Inzision. In diesem Kapitel wird die Pathophysiologie geschildert, und die chirurgischen Verfahren zur Versorgung epigastrischer Hernien werden diskutiert. Während die Direktnaht nur noch bei sehr kleinen Befunden vertreten wird, haben Netzreparationen an Bedeutung gewonnen. Netze werden oft in den präperitonealen Raum („underlay“) oder in IPOM-Position implantiert. Die retrorektale (Um Missverständnissen vorzubeugen, werden in diesem Buch die englischen Bezeichnungen der Schichten verdeutscht bzw. übernommen und kursiv gedruckt.) Netzimplantation erfordert ein größeres chirurgisches Zugangstrauma und findet eher bei grossen, komplexen Hernien Anwendung. Die Ergebnisse der offenen Reparation mit Netz sind vielversprechend. Abschließend wird in diesem Kapitel die Problematik der Rektusdiastase dargestellt, und es werden Reparationstechniken gemeinsam mit der jeweiligen Abdominoplastik diskutiert.
Joël L. Gerber, Guido Beldi
Kapitel 2. Umbilikalhernien: Ätiologie, Anatomie und Diagnostik
Zusammenfassung
Seit den Arbeiten von Vidal (1843) und Richet (1856) nimmt man an, dass elastische Fasern aus der obliterierten Nabelvene am Oberrand des Nabelrings mit in den Aufbau der Linea alba aufgenommen werden und daher eine strukturelle Schwäche entsteht, die erklärt, warum die meisten Nabelhernien am Nabeloberrand entstehen. Die embryonale Entwicklung des Nabels mit dem extraembryonischen Zölom und der späteren Relokation des Darmes sowie Verschluss der Bauchdecke in der 15. bis 16. Schwangerschaftswoche sind am ehesten an der Entstehung der Nabelhernie beteiligt. Frühgeborene bzw. untergewichtige Neugeborene haben zu über 70 % eine Nabelhernie; am Ende des ersten Lebensjahres haben gerade einmal 1 % der Kinder noch eine Nabelhernie. Bei Erwachsenen kommen Nabelhernien besonders häufig bei Zirrhotikern sowie bei Frauen nach Schwangerschaften auf. Nicht selten treten Nabelhernien in Kombination mit der Rektusdiastase auf.
Ulrich A. Dietz
Kapitel 3. Nahtverfahren bei Umbilikalhernien
Zusammenfassung
Nahtverfahren galten lange als Methode der Wahl zur Reparation sämtlicher Umbilikalhernien und zählen noch heute zu den Standardverfahren zum Verschluss von kleineren primären Umbilikalhernien. Neuere Daten zeigen zwar, dass Patienten auch bei kleineren Nabelhernien von einer Netzimplantation profitieren. Sowohl Registerstudien wie auch randomisierte kontrollierte Studien beschreiben bei primären Nabelhernien mit einer Bruchpforte zwischen 1 und 2 cm sowie bei konkomitanter Rektusdiastase signifikant niedrigere Rezidivraten nach Netzimplantation, ohne dass Komplikationen der Netzimplantation deren Vorteile aufwiegen. Nichtsdestotrotz stellt der Nahtverschluss bei primären Umbilikalhernien mit Bruchpforten bis zu 1 cm oder als Alternative bei Ablehnung einer Netzimplantation vonseiten des Patienten aktuell das zu bevorzugende Verfahren dar und wird von Leitlinien entsprechend empfohlen. Zur Reduktion von Rezidiv- und Wundinfektraten sollten eine Adipositas und ein Diabetes mellitus vor einer elektiven Operation optimiert und ein Nikotinabusus sistiert werden. Bei einem BMI > 50 oder HbA1c > 8,0 % wird ein elektives Vorgehen aufgrund der relevant erhöhten Komplikationsrate nicht mehr empfohlen.
Joël L. Gerber, Guido Beldi
Kapitel 4. Präperitoneales Netzverfahren bei Umbilikalhernien
Zusammenfassung
Für die offene Operation einer Nabelhernie kommen drei Zugangswege in Betracht: Die semizirkuläre infraumbilikale Inzision nach Spitzy, die semizirkuläre linkslaterale Inzision nach Drachter und die vertikale transumbilikale Schnittführung. Letztere bietet im Ergebnis eine nahezu „narbenfreie“ Reparation, sollte aber wegen der potenziellen Infektionsgefahr nur bei zuverlässig zu desinfizierenden Hautverhältnissen ohne tiefe, unzugängliche Hautfalten angewandt werden. Bei entzündlich veränderter oder nekrotischer Nabelhaut wird der Nabel primär exzidiert und der Eingriff mit der Rekonstruktion einer Nabelgrube beendet.
Georg Arlt, Ulla Volmer
Kapitel 5. Offene IPOM-Technik bei Umbilikalhernien
Zusammenfassung
Die aktuelle Datenlage – so zum Beispiel das Dänische Hernienregister mit fast 5000 Patienten – zeigt, dass die Rezidivrate nach Versorgung einer Umbilikalhernie durch die Verwendung eines Netzes im Vergleich zu Nahtverfahren signifikant niedriger ist. Nach operativer Versorgung einer kleinen (<2 cm) Nabelhernie bzw. epigastrischen Hernie mit Verwendung eines Netzes liegt die Reoperationsrate wegen Rezidivs nach 21 Monaten bei 2,2 % im Vergleich zu 5,6 % ohne Netz. Auch eine randomisierte Multizenterstudie aus den Niederlanden zur operativen Therapie von Nabelhernien zwischen 1 cm und 4 cm Größe zeigte eine signifikante Reduktion der Rezidivrate bei Verwendung eines Netzes von 11,4 % auf 3,6 % nach 25,1 Monaten Nachbeobachtung.
Guido Woeste
Kapitel 6. Nabelhernien im Kindesalter
Zusammenfassung
Die Bruchpforte der kindlichen Nabelhernie entspricht einem nicht verschlossenen Nabelring, durch den sich – infolge einer Schwächung der Richet-Faszie (Fascia umbilicalis) – das Peritoneum vorwölbt. Darüber befinden sich das subkutane Fettgewebe sowie die Nabelhaut. Umbilikalhernien haben im Gegensatz zu epigastrischen Hernien die Tendenz, sich im Laufe des Kleinkindesalters zu schließen. Ein Großteil verschließt sich bis zum 2. Lebensjahr, ab dem 2. bis 3. Lebensjahr ist ein Spontanverschluss selten und ab dem 5. Lebensjahr eine Rarität. Die Inzidenz einer Nabelhernie liegt im Kindesalter zwischen 10 und 30 %, wobei farbige Menschen die höchste Inzidenz aufweisen. Des Weiteren korreliert die Inzidenz mit dem Geburtsgewicht. Gut 2/3 aller Kinder mit einem Geburtsgewicht <1500 g haben eine Nabelhernie. Die kindliche Nabelhernie ist in der Regel gut reponierbar, eine Inkarzeration ist eine Seltenheit.
Thomas Meyer

Leistenhernien

Frontmatter
Kapitel 7. Leistenhernien: Anatomie, Klassifikation und Klinik
Zusammenfassung
Die Wahrscheinlichkeit, im Laufe des Lebens eine Leistenhernie zu bekommen, beträgt für Männer 27 % und für Frauen 3 %; die Inzidenz der Leistenhernie ist bei Kindern und bei Männern über 65 Jahren besonders häufig. Leistenhernien kommen öfter auf der rechten als auf der linken Seite vor. Die Ursache der Leistenhernie ist multifaktoriell.
Ulrich A. Dietz
Kapitel 8. Bildgebende Untersuchungstechniken zur OP-Planung in der offenen Leistenhernienreparation
Zusammenfassung
Der geltende Standard der alleinigen klinischen Untersuchung kann der Komplexität gewisser Leistenhernien nicht gerecht werden. Bildgebende Verfahren können bei der Differenzialdiagnose z. B. gegenüber der Sportlerleiste helfen sowie beginnende Leistenhernien, Femoralhernien oder Rezidivhernien detektieren, mit Verbesserung der Sensitivität von 0,745 auf 0,975 % (der korrekt erkannten Leistenhernien) und der Spezifität von 0,963 auf 0,997 % (der korrekt ausgeschlossenen Leistenhernien). Vor allem die sog. „okkulten Hernien“ können nicht ohne bildgebende Untersuchung diagnostiziert werden. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei eine dynamische Untersuchung, d. h. mit laufender Bildgebung der Bewegung der Bauchwandabschnitte unter Valsalva-Manöver in Echtzeit. Prinzipiell stehen alle Schnittbildverfahren zur Verfügung: Sonografie, CT und MRT. Dem Ultraschall ist aufgrund einfacher, leicht erlernbarer Technik sowie ubiquitärer Anwendung und vergleichsweise preisgünstiger Realisierung der Vorrang nicht abzusprechen. Die Magnetresonanztomografie ist besonders bei der okkulten Hernie hilfreich.
René H. Fortelny
Kapitel 9. Lokalanästhesie in der offenen Leistenhernienchirurgie
Zusammenfassung
Die offene Leistenhernienversorgung in Lokalanästhesie wird seit vielen Jahren in den USA und in Europa auch im ambulanten Bereich angewendet. Grundsätzlich gibt es nur wenige Kontraindikationen: große nichtreponible Hernien, Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen bzw. mit Compliance-Problemen und solche mit ausgeprägter Adipositas. Ein Vorteil der Lokalanästhesie ist die geringere Rate an Harnretention gegenüber anderen Narkoseverfahren (0–1 % vs. 3 %), obwohl ca. 8 % der Patienten intraoperativ doch Schmerzen verspüren und eine zusätzliche Sedierung bzw. i.v.-Analgesie brauchen. Es gibt zwei Methoden der Lokalanästhesie: a) die schrittweise Infiltration im Rahmen der Operation; b) die Infiltration der Inguinalnerven bei ihrem Durchtritt durch die Bauchdecke („inguinal block“). Meistens werden beide Verfahren kombiniert.
Ulrich A. Dietz
Kapitel 10. Leistenhernienreparation nach Shouldice
Zusammenfassung
Dieses Kapitel wird dem Andenken an Robert Bendavid, MD (1940–2019) gewidmet. Erfrischend und doch messerscharf im Hinterfragen von Konventionen, kompromisslos auf der Suche nach der Wahrheit, leidenschaftlich und akribisch den Geheimnissen der geschichtlichen Hintergründe der Hernienchirurgie auf der Spur, grenzenlos und unermüdlich war er geistig und geografisch unterwegs. Kein Geheimnis, kein Erkenntnisbaustein, den er nicht in der geübten Furchtlosigkeit des Philosophen mehrdimensional bewegte. Er hat in der besten Tradition seiner Vorväter gekämpft. Möge er nun schauen.
Michaela Ramser, Ulrich A. Dietz
Kapitel 11. Leistenhernienreparation nach Bassini
Zusammenfassung
Bassini beschäftigte sich bereits in den 1870er Jahren mit Leistenhernien. Er erkannte, dass Hernien eine mechanische Erkrankung sind, die durch eine morphologische Veränderung der Bauchdecke ausgelöst werden: „Ein jeder weiss, dass der Leistenkanal im physiologischen Zustande in der Weise functionirt, dass er den Samenstrang durchgehen lässt und zu gleicher Zeit die Eingeweide zurückhält, weil er eben von zwei Wänden gebildet wird und schief verläuft …“ Innerhalb von 4 Jahren veröffentlichte er Ergebnisse von 262 Operationen.
Luigi De Santis, Paolo Benin, Flavio De Sanctis
Kapitel 12. Spannungsfreie Netzreparation der Leistenhernie nach Lichtenstein
Zusammenfassung
Irving Lester Lichtenstein (1929–2000) unterrichtete an der University of California in Los Angeles und arbeitete an dem heute als Cedars-Sinai Medical Center bekannten Institut. Er widmete sich besonders Patienten mit Leistenhernien. Er verwendete die Lokalanästhesie, damit die Patienten auf dem Operationstisch seinen Aufforderungen zum Pressen Folge leisten konnten. Schon 1964 vertrat Lichtenstein die Ansicht, dass Allgemeinnarkose und postoperativ lange Bettruhe unnötig oder sogar kontraproduktiv seien – damals revolutionäre Aspekte. 1984 veröffentlichte er schließlich die Hernienreparation, die seinen Namen trägt.
Jürg Metzger
Kapitel 13. Beidseitige transabdominelle Leistenhernienversorgung nach Stoppa
Zusammenfassung
Das Grundprinzip des offenen präperitonealen Netzverfahrens nach Stoppa ist die Verstärkung der endopelvinen Faszie mit einem großen Netz zur Abdeckung aller potenziellen Bruchpforten (inguinal lateral, inguinal medial, Femorallücke und Obturatorlücke). Die Technik kommt aufgrund der Netzgröße und -position zwischen Peritoneum und innerer Bauchwand in aller Regel ohne Fixation aus. Das Verfahren wurde erstmals 1969 durch den französischen Chirurgen René Stoppa angewandt und auch als „grand prosthetic reinforcement of the visceral sac“ (GPRVS) bezeichnet. Aus heutiger Sicht ist das Stoppa-Verfahren technisch durchaus als Vorläufer der endoskopischen präperitonealen Netzverfahren anzusehen. Die Vorteile der gross dimensionierten extraperitonealen Netzeinlage, der schonenden Gewebepräparation im präperitonealen Raum und der Inspektion und Abdeckung aller potenziellen Bruchlücken wurden schon vor sechs Dekaden propagiert.
Philipp Kirchhoff, Henry Hoffmann
Kapitel 14. Transinguinale präperitoneale Verfahren der Leistenhernienreparation
Zusammenfassung
Der Zugang zur präperitonealen Netzimplantation erfolgt über einen kleinen Leistenschnitt und mittels Inzision der Fascia transversalis. Unter diesen Verfahren werden die Techniken nach Ugahary und Simmermacher (1998), Pélissier und Ngo (2006), TREPP (2012), ONSTEP (2013) und MOPP (2017). Die Techniken werden hier nur kurz aufgeführt, da sie wegen ihrer Schnelligkeit eine gewisse Beliebtheit genießen. Die Herausgeber sind allerdings der Überzeugung, dass die Präparation der Leistenhernien unter direkter Sicht (offen oder laparoskopisch) unverzichtbar ist.
René H. Fortelny
Kapitel 15. Klinische Diagnostik der postoperativen Leistenschmerzen nach Leistenhernienreparation
Zusammenfassung
Bei postoperativen Leistenschmerzen werden 3 Hauptmuster unterschieden: a) mit dem Operationstrauma verbundene akute Schmerzen (sie vergehen ohne Spätschäden durch adäquate postoperative Analgesie); b) persistierende postoperative Schmerzen, die nicht mittels üblicher Analgesie therapiert werden können (verursacht durch perioperative Nervenschädigung, zum Beispiel Koagulation, akzidentelle Naht, Dehnung oder Manipulation) oder c) Schmerzen, die nach einer initialen Phase mehrmonatiger Zufriedenheit neu auftreten (zum Beispiel wegen narbiger Retraktion/Schrumpfung des Netzes). Die vorhandenen Leitlinien definieren dabei chronische Schmerzen als solche, die 90 Tage nach der Operation weiterhin bestehen. Chronische Schmerzen führen zu einem deutlichen Verlust an Lebensqualität. In Schweden haben 11 % der Patienten 1 Jahr nach Lichtenstein-Reparation chronische Schmerzen, nach 5 Jahren sind es noch 9 %. Die zeitnahe Resolution postoperativer Schmerzen ist für die Prophylaxe chronischer Schmerzen von großer Bedeutung. Inwieweit genetische Faktoren das postoperative Schmerzempfinden und das Ansprechen auf Schmerzmedikationen beeinflussen, ist noch nicht ganz geklärt.
Ulrich A. Dietz

Femoralhernien

Frontmatter
Kapitel 16. Femoralhernien: Klinik und Therapiewahl
Zusammenfassung
Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Entstehung der Femoralhernie durch Besonderheiten der anatomischen Insertion des Leistenbandes bzw. des Tractus ileopubicus am Ligamentum pectinatum (Cooperi) erklärt werden kann. Beobachtungen von Lloyd Nyhus aus den 1960er Jahren zeigten, dass die Schenkelpforte oft erweitert ist und nicht immer mit einer Hernie korreliert, sodass Nyhus postuliert, dass die erweiterte Schenkelpforte prädisponierend ist, so zum Beispiel bei multiparen Frauen. Sehr selten – fast anekdotisch – ist die Schenkelhernie mit Appendix vermiformis als Bruchinhalt, die von Garengeot 1731 beschriebene Hernie. Die Differenzialdiagnose der Schenkelhernie ist oft schwieriger als die der Leistenhernie: Die genaue Position des Leistenbandes ist oft klinisch nicht eindeutig, ausgeschlossen werden müssen Lymphknoten der Leiste, variköse Veränderungen der Einmündung der V. saphena magna sowie das Lipom des Leistenkanals. Der dynamische Ultraschall oder das CT bzw. MRI sind oft von großer Hilfe, besonders wenn die Symptomatik nicht akut, sondern chronisch besteht. Oft präsentiert sich die Schenkelhernie der Frau mit klinischem Ileus-Bild – bei jeder Frau, die sich mit akutem Ileus vorstellt, muss daher eine Schenkelhernie ausgeschlossen werden.
Ulrich A. Dietz
Kapitel 17. Femoralhernienreparation nach Lichtenstein
Zusammenfassung
In der Prozedurenbroschüre der Lichtenstein-Klinik aus dem Jahr 1996 wird erstmals die Anpassung der klassischen Lichtenstein-Operation für die Schenkelhernie gezeigt (femorale Lichtenstein-Technik). Auch wenn Lichtenstein selbst auch eine Plug-Methode beschrieben hatte, soll sich dieses Kapitel auf die Versorgung der Femoralhernie mittels eines etwas größeren flachen Netzes als bei der Leistenhernie beschränken. Während bei der klassischen Lichtenstein-Technik die Hinterwand des Leistenkanals (Fascia transversalis) nicht eröffnet wird, muss diese nun – ähnlich wie auch bei der Shouldice-Technik – zur Exploration der Schenkelpforte eröffnet werden. Als zweite Anpassung der Technik muss das Netz medial an das Ligamentum pectinatum (Cooperi) fixiert werden. In diesem Kapitel wird im Einzelnen darauf eingegangen.
Ulrich A. Dietz
Kapitel 18. Femoralhernienreparation nach Rives (Rives-Femoral)
Zusammenfassung
Jean-Bernard Flament (Reims) erinnert sich: Als Jean Rives eines Tages die Literatur studierte, fiel ihm eine skandinavische Arbeit auf, bei der über einen medianen Zugang ein Netz in die Leiste implantiert wurde. Er glaubte zu verstehen, dass es sich um ein synthetisches Netz handelte – was aber nicht richtig war: Es handelte sich um autologe Haut. Er zögerte nicht, Dacron zu implantieren und wurde damit sehr erfolgreich. Von ihm stammen 3 unterschiedliche Hernienoperationen: a) die Versorgung der Leisten- und Schenkelhernie von anterior mit präperitonealem Netz (Operation nach Rives); b) die beidseitige posteriore Netzversorgung der Leisten (später als Stoppa-Operation bekannt) und c) die wohl wichtigste Operation, die retromuskuläre Netzversorgung medianer Narbenhernien.
Ulrich A. Dietz, Armin Wiegering

Inzisionalhernien

Frontmatter
Kapitel 19. Inzisionalhernien: Klassifikation, Klinik und Therapiewahl
Zusammenfassung
Inzisionalhernien treten bei 8–20 % der Patienten mit chirurgischem Zugang zum Abdomen auf, sei es nach offenen Eingriffen oder nach Trokarzugängen. Die meisten Inzisionalhernien treten im ersten Jahr nach der Indexoperation auf, allerdings steigt das Risiko mit der Zeit weiterhin kontinuierlich. Dieser Anstieg an Inzidenz über die Zeitachse lässt sich durch die multifaktorielle Ätiologie der Inzisionalhernien erklären: Art des Zugangs, Qualität des Bauchdeckenverschlusses, subkutane Wundheilungsstörung nach der Indexoperation, Adipositas, Komorbiditäten (besonders Diabetes mellitus und Kollagenschwäche) sowie Nikotinkonsum sind die häufigsten Risikofaktoren. Allerdings ist durch die zunehmende Zahl laparoskopischer Operationen eine rückläufige Tendenz an Inzisionalhernien bemerkbar. Patienten mit inzisionalen Hernien haben nicht nur klinische Probleme (Größenzunahme der Hernie, Schmerzen, Passageprobleme, Hautulzerationen, usw.), sondern erfahren auch einen deutlichen Einschnitt in ihrer Lebensqualität.
Ulrich A. Dietz, Franz Mayer
Kapitel 20. Netzimplantation bei Inzisionalhernien in Retrorectus-Technik
Zusammenfassung
Bei der Reparation einer Inzisionalhernie ist die Implantation eines Netzes dem Defektverschluss mittels Naht unter Berücksichtigung der funktionell möglichst optimalen Rekonstruktion des Defektes deutlich überlegen. Dazu wurden in der Geschichte der chirurgischen Bauchwandrekonstruktion verschiedenste Techniken entwickelt. Bei der Bewertung von Verfahrenstechniken der Bauchwandrekonstruktion ist es unerlässlich, Unterschiede bei den zugrunde liegenden Pathologien zu berücksichtigen. Der Begriff „Ventralhernie“ muss in diesem Zusammenhang präzisiert werden, man muss bei allen Analysen von Reparationstechniken primäre Bauchwandhernien von Inzisionalhernien unterscheiden. Unter den heute verfügbaren chirurgischen Techniken beschreibt der Begriff „Sublay-Reparation“ das Prinzip der netzverstärkten Rekonstruktion der Bauchwand mittels „retromuskulärer“ Netzimplantation und geht auf Arbeiten von Jean Rives und René Stoppa zurück. Bei sehr großen medianen Bruchpforten, solchen, die lateral der Linea semilunaris lokalisiert sind oder an diese heranreichen, kann von einer Netzposition dorsal der Rektusmuskulatur und ventral des hinteren Blattes der Rektusscheide (retrorectus) ausgehend nach lateral hin mittels posteriorer Komponentenseparationstechniken ein myofaszialer „Release“ präpariert werden und damit eine Kombination der Retrorectus- und Transversalis-fascial-Netzposition erreicht werden. Damit ist auch die Rekonstruktion ausgedehntester Defekte mittels Implantation sehr großer Netze oft erst möglich.
Franz Mayer
Kapitel 21. Anteriore Komponentenseparationstechnik nach Ramirez bei der Reparation von Inzisionalhernien
Zusammenfassung
Der Begriff „komplexe Bauchwandhernie“ ist nicht einheitlich definiert. Die European Hernia Society (EHS) empfiehlt zur besseren Vergleichbarkeit der Versorgung von primären ventralen Hernien und Inzisionalhernien eine Einteilung nach Defektgröße, Lokalisation sowie die Unterscheidung zwischen Primär- und Rezidivherniation. Daneben haben aber auch patientenbezogene Faktoren wie das Vorliegen von Komorbiditäten, Infektionen und Kontaminationen des Operationsgebietes sowie das klinische Szenario entscheidenden Einfluss auf die Komplexität der Reparation. Im Unterschied zur Leistenregion, wo durch Verwendung von synthetischen Netzen ein spannungsfreier Verschluss angestrebt wird, ist bei der Versorgung von Mittelliniendefekten eine Vorspannung der queren Bauchmuskulatur durchaus erwünscht und funktionell notwendig. Die Compliance der Bauchdecke ist je nach Physiognomie des Patienten äußerst variabel. Bei Defekten mit einem queren Durchmesser ≧ 10 cm (W3 nach EHS-Klassifikation) ist eine Adaptierung der Rektusmuskeln und Nahtverschluss der Mittellinie ohne zusätzliche Maßnahmen in der Regel nicht mehr möglich. Ob aber letzten Endes eine additive Komponentenseparationstechnik zum Einsatz kommen muss, kann nicht allein an der Defektgröße festgemacht werden und bleibt eine individualmedizinische Entscheidung. Ein sog. „Bridging“ mit Einlage eines Netzes in den Defekt ohne Mittellinienverschluss sollte aufgrund der hohen Rezidivraten und der funktionell schlechten Ergebnisse wenn immer möglich vermieden werden.
Bernhard Dauser
Kapitel 22. Posteriore Komponentenseparation bei der Reparation von Inzisionalhernien (Syn.: Transversus-abdominis-Release, TAR)
Zusammenfassung
Die posteriore Komponentenseparation wurde erstmals von Alfredo M. Carbonell beschrieben. Nach Durchtrennung des hinteren Blattes der Rektusscheide am lateralsten Punkt wird in den Raum zwischen M. transversus abdominis und M. obliquus internus eingegangen. In unmittelbarer Nähe verlaufen die neurovaskulären Strukturen (Nn. intercostales) zwischen den genannten Muskelgruppen und limitieren dadurch die Präparation lateralseits. 2012 präsentierte die Arbeitsgruppe um Yuri W. Novitsky mit dem sog. Transversus-abdominis-Release (TAR) eine technische Modifikation der posterioren Komponentenseparation. Nachdem zum einen die neurovaskulären Strukturen (und damit die Innervation der Rektusmuskeln) geschont werden, zum anderen eine nahezu uneingeschränkte Erweiterung des Netzlagers weit nach lateral, subxiphoidal, retrokostal und retropubisch möglich ist, hat sich der TAR gegenüber dem von Carbonell erstbeschriebenen Zugang zum hinteren Kompartiment durchgesetzt.
Bernhard Dauser
Kapitel 23. Offenes IPOM bei der Reparation von Inzisionalhernien
Zusammenfassung
Mit der Einführung der laparoskopischen Ventral- und Inzisionalhernienchirurgie zu Beginn der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts durch Karl LeBlanc aus Baton Rouge LA (USA) wurden auch in zunehmend größerer Zahl Netze entwickelt, welche für den intraperitonealen Einsatz zugelassen waren, da es sich zu Beginn bei der minimalinvasiven Technik ausschließlich um IPOM-Verfahren (intraperitoneales Onlay Mesh) handelte – ein Begriff, der nicht korrekt ist und heute im Konsens nur noch als intraperitoneal beschrieben werden sollte. Die weitere Verbreitung der laparoskopischen IPOM-Technik führte dazu, dass diese Netze zum Teil auch in offener Technik eingebracht wurden. Unter anderem weil für die offene IPOM-Technik im Gegensatz zu anderen offenen Verfahren – wie die Sublay-Technik (retromuscular) – in der Abdominalwand kein Netzlager vorbereitet werden muss, fand diese Technik Eingang in das Armamentarium der Chirurgie. Durch die zunehmende Diskussion um die Folgen intraperitoneal gelegener Netze kam es auch zu einem Rückgang an Inzisionalhernienoperationen in offener IPOM-Technik, da bei diesem Verfahren einerseits der Nachteil des größeren Bauchdeckentraumas im Vergleich mit laparoskopischen Techniken in Kauf zu nehmen und andererseits auch der Nachteil der intraperitonealen Netzlage zu akzeptieren ist. Aus diesen Gründen ist die offene IPOM-Technik als eine Rückzugsmöglichkeit zu sehen, wenn laparoskopische Techniken zum Beispiel wegen fehlender Verträglichkeit beim Patienten für ein Pneumoperitoneum nicht möglich sind oder andere offene Verfahren technisch zu aufwendig oder unmöglich erscheinen. In einem Stufenkonzept zur Versorgung von Inzisionalhernien kann die Technik als Ultima Ratio zum Verschluss von großen Bauchwanddefekten unter besonderen Bedingungen gesehen werden.
Rudi Schrittwieser

Parastomale Hernien

Frontmatter
Kapitel 24. Parastomale Hernien: Übersicht, Therapiewahl und IPST-Verfahren
Zusammenfassung
Parastomale Hernien (PSH) sind Inzisionalhernien mit direktem Bezug zu einem künstlichen Darmausgang. Es werden große Variationen in der Rate der Inzidenz der PSH beschrieben. Dieser Umstand ergibt sich durch uneinheitliche Definitionen von PSH, durch die verschiedenen Arten von untersuchten Stomata und nicht zuletzt durch die sehr unterschiedlichen und oft zu kurzen Follow-up-Zeiten der Studien. Wenn man die Patienten konsequent CT-morphologisch nachuntersucht, liegen die PSH-Raten bei realistisch fast 80 %. Symptomatische und damit operationswürdige parastomale Hernien sind in den meisten Fällen klinisch zu diagnostizieren und beim stehenden Patienten unter Betätigung der Bauchpresse evident.
Gernot Köhler
Kapitel 25. Keyhole-Netz und offene Sugarbaker-Technik bei der Reparation parastomaler Hernien
Zusammenfassung
Die ideale Versorgung von parastomalen Hernien (PSH), sei es in offener oder in laparoskopischer Technik, steht trotz der Existenz von randomisierten kontrollierten Studien und Reviews nach wie vor zur Diskussion. Wie schon in der einleitenden Übersicht ausführlich dargestellt, scheint die Netzprophylaxe bei permanenter Stomaanlage mit hoher Evidenz unbestritten die erste Wahl zur Vermeidung von PSH zu sein. Die Wahl des Netzes und die Position sind sowohl für die Prävention als auch für die Therapie von entscheidender Bedeutung. Prinzipiell stehen zur Versorgung des parastomalen Defektes zwei netzverstärkende Verfahren zur Verfügung: einerseits das Keyhole-Netzverfahren und andererseits das Sugarbaker-Verfahren. Beide Methoden können in offener wie auch endoskopischer Technik durchgeführt werden.
René Fortelny, Walter Brunner
Kapitel 26. Prophylaxe parastomaler Hernien mit Netz
Zusammenfassung
Das Auftreten von parastomalen Hernien wird in der Literatur mit 30–50 % angegeben. In einer prospektiven Studie konnten Pilgrim et al. unabhängig von der Elektiv- oder Akutversorgung und der primären Indikation zur Stomaanlage eine kumulative parastomale Hernienrate von 33 % nach einem medianen Follow-up von 14 Monaten nachweisen. In der multivarianten Analyse fanden sich als prädiktive Risikofaktoren für das Auftreten von parastomalen Hernien das Alter (mit 4 % Zunahme pro Jahr) sowie die Größe der Stomaanlage (mit Zunahme von 10 % für jeden zusätzlichen Millimeter). Die Anlage einer Kolostomie war im Vergleich zur Ileostomie ebenfalls mit einem signifikant erhöhten Risiko behaftet. Als weitere tendenzielle, aber nicht signifikante Risikofaktoren konnten BMI über 35 kg/m2, Diabetes, Prostatahypertrophie, Aszites und chronische Obstipation selektioniert werden. In einer weiteren retrospektiven Studie zeigte sich eine kumulative 5-Jahresinzidenzrate von 37 % für parastomale Hernien. Die multivariate Analyse ergab ein signifikant erhöhtes Risiko für das weibliche Geschlecht, Alter über 60 Jahre, BMI über 25 kg/m2 und Hypertonie.
René Fortelny

Das offene Abdomen

Frontmatter
Kapitel 27. Die offene Abdominalbehandlung
Zusammenfassung
Das offene Abdomen als Behandlungskonzept komplexer intraabdomineller Befunde hat sich trotz hoher Morbidität in den vergangenen Jahrzehnten etabliert. In den letzten Jahren konnten sowohl die Entstehung von Darmfisteln wie auch die geplante monströse Hernie durch einfache Maßnahmen wie dem Intestinalschutz mit Folie und dem progressiven Bauchdeckenverschluss bereits während der Akutphase signifikant reduziert werden. Dieses Kapitel beschreibt anschaulich den aktuellen Stand, auch aus dem großen Erfahrungsschatz der Militärmedizin. Es beinhaltet zudem Kommentare der Herausgeber zum aktuellen Kenntnisstand des primären Bauchdeckenverschlusses.
Arnulf G. Willms, Robert Schwab

Aktuelle Themen der offenen Hernienchirurgie

Frontmatter
Chapter 28. Minimierung perioperativer Risiken der offenen Hernienchirurgie
Zusammenfassung
Dieses Kapitel soll anhand Studien mit hoher Evidenz und Leitlinien der letzten zehn Jahre einen Überblick über das perioperative Risikomanagement in der abdominalen Hernienchirurgie vermitteln. Kardiale Komplikationen sind die häufigste Ursache für perioperative Morbidität und Mortalität und führen zu verlängertem Spitalaufenthalt, höheren Kosten und schlechterer Langzeitprognose. Das Erkennen von Risikopatienten in der präoperativen Sprechstunde und die angepasste perioperative Betreuung sind daher essenziell. Eine spezielle Risikopopulation stellen adipöse Patienten dar. Einerseits ist die Inzidenz von Inzisionalhernien erhöht, anderseits ist das perioperative Risiko bei einer Narbenhernienplastik größer. Der wachsende Anteil an Menschen mit Adipositas, welche sich einem bariatrischen Eingriff unterziehen, wird zu einem häufigeren Zusammentreffen dieser Population mit dem Hernienchirurgen führen. Abschließend wird die hohe Inzidenz postinterventioneller chronischer Schmerzen seit der Etablierung von Netzplastiken in der Hernienchirurgie thematisiert.
Manuel Halbherr, Andreas Vogt
Chapter 29. Präoperative Erhebung des Ernährungsstatus vor offener Hernienchirurgie
Zusammenfassung
Bereits im Jahre 1936 beschrieb Hiran O. Studley die Korrelation von präoperativem Gewichtsverlust und postoperativen Komplikationen. In seiner Arbeit zeigte er an 50 chirurgischen Patienten mit peptischen Ulzera eine Mortalitätsrate von 33 % bei vorbestehender Mangelernährung im Gegensatz zu 3,5 % bei normal ernährten Patienten. Es sollten 80 Jahre verstreichen, bis die erste Leitlinie zur Erfassung der Malnutrition im Jahr 2013 internationale Anerkennung erfuhr. Damit wurde das „Stiefkind Ernährungsmedizin“ in der umfassenden Patientenbetreuung endlich ernst genommen.
Daniel Inderbitzin, Martina Pabst
Chapter 30. Basics zu Netzen für die Leistenhernienreparation
Zusammenfassung
Seit Mitte der 90er Jahre stützt sich die operative Versorgung der Leistenhernie vornehmlich auf die Verstärkung der Leistenregion durch Implantation von die Bruchlücke weit überlappenden, großflächigen, textilen Netzen oder alternativ durch direkten Verschluss der Bruchlücken mittels Kunststoff-Plugs. Während bei den flachen Netzen bereits die Integration in Narbe oder in lokales Gewebe die Fixation des idealerweise spannungsfrei eingebrachten Implantates gewährleistet, erfordert der Plug-Stopfen eine suffiziente Narbenfixation in der Bruchlücke zur Prävention einer Migration bei lokaler mechanischer Belastung. Angesichts der gestörten Narbenbildung mit Ausbildung minderwertigen Kollagens bei vielen Hernienpatienten erscheint es nicht überraschend, dass im Vergleich zu flachen Netzen der Plug-Verschluss mit erhöhten Rezidivraten bzw. Migrationsraten behaftet ist.
Uwe Klinge
Chapter 31. Netze für die Narbenhernienreparation
Zusammenfassung
Die hohe Rezidivrate bei Direktverschluss einer Inzisionalhernie hatte in den späten 1960er Jahren die Einführung von Netzen aus synthetischen Materialien zur Folge. Die verfügbaren Materialien der Netze haben spezifische Eigenschaften, welche mit entsprechenden Komplikationen einhergehen. Die Kenntnis der wichtigsten Materialien und deren spezifische Eigenschaften und biologische Effekten sollten somit jedem allgemeinchirurgisch tätigen Arzt bekannt sein, um das zu implantierende Netz optimal an die aktuelle Situation anpassen zu können.
Manuel Jakob, Guido Beldi
Chapter 32. Netzfixation (offene Leisten- und Narbenhernien)
Zusammenfassung
Kaum ein anderes Thema hat die moderne Hernienchirurgie in den letzten zwei Dekaden so geprägt wie die Netzfixation. Ausgehend von der Erkenntnis, dass perforierende Fixationselemente, noch dazu bis dahin häufig kritiklos platziert, ein Hauptgrund für die Entwicklung chronischer Schmerzen sind, entspann sich ein unvergleichlicher Innovationsschub, der zur Etablierung von neuartigen Techniken wie Fibrinkleberfixation oder Microgrip-Netzen und der Vorstellung hochspezialisierter Applikationsinstrumente führte. Darüber hinaus kam es zu einer starken Fokussierung auf die Anatomie der Leiste und der Bauchwand sowie zum aufkeimenden Verständnis, dass Netze und deren Fixation als funktionelle Einheit anzusehen sind.
Alexander H. Petter-Puchner, Simone K. Gruber-Blum, Karl S. Glaser
Chapter 33. Bedeutung offener Leistenhernienreparationen im Kontext der Leitlinien
Zusammenfassung
Leitlinienkonforme Therapie im Sinne einer unter juristischen Aspekten regelgerechten Therapie ist in Deutschland insofern schwierig, als dass es derzeit keine AWMF-Leitlinien für die Hernienchirurgie gibt. Allerdings wurden seit 2003 13 internationale Leitlinien bzw. Empfehlungen zur Therapie der Leistenhernie des Erwachsenen publiziert.
Dirk Weyhe
Chapter 34. Watchful-Waiting bei Leistenhernie und Inzisionalhernie
Zusammenfassung
Symptomatische Leistenhernien bereiten dem Patienten im Alltag Schmerzen und Unbehagen und stellen daher eine OP-Indikation dar. Dagegen ist die Indikationsstellung zur Operation bei asymptomatischen und oligosymptomatischen Leistenhernien komplexer. Hier müssen die Risiken des Watchful Waiting gegen die potenziellen perioperativen Komplikationen abgewogen werden. Durch einige große prospektive Studien sind hierzu reliable Daten bekannt, die mit dem Patienten im Sinne eines Shared Decision Making besprochen werden sollten, bevor die Indikation zur Operation gestellt wird.
Johannes C. Lauscher
Chapter 35. Die Sportlerleiste
Zusammenfassung
Belastungsabhängige Leistenschmerzen sind bei Sportlern häufig und können verschiedene Ursachen haben. Sie lassen sich anhand ihrer anatomischen Lokalisation in 4 Bereiche unterteilen: adduktorenbedingte, iliopsoasbedingte, schambeinbedingte und inguinal bedingte Leistenschmerzen. Bei den inguinal bedingten Beschwerden handelt es sich um ein eigenständiges Krankheitsbild mit typischer Beschwerdesymptomatik und Ultraschallbefund, welches als Sportlerleiste bezeichnet wird. Durch eine lokalisierte Vorwölbung im Bereich der Leistenkanalhinterwand kommt es zu einer Druckbelastung auf die Strukturen im Leistenkanal mit möglicher Nervenirritation sowie Pubalgie durch Medialisierung des Muskelansatzes am Schambein.
Joachim Conze
Chapter 36. Tipps für sicheres und erfolgreiches ambulantes Operieren in der offenen Hernienchirurgie
Zusammenfassung
Weltweit kam es in den letzten Jahren in den meisten Ländern Europas zu einem kontinuierlichen Anstieg ambulanter Hernienoperationen. Nach Umfragen in der Europäischen Herniengesellschaft beläuft sich der Anteil ambulanter Leistenhernienoperationen auf bis zu 80 %. Seit Jahren empfehlen die Leitlinien der Europäischen Herniengesellschaft die ambulante Durchführung von Leistenhernienoperationen bei allen Patienten mit ASA-Klassifikation I und II, unabhängig von jeweiligen Verfahren. In dem 2014 publizierten Update der Europäischen Leitlinien gilt dies sogar für viele Fälle mit ASA-Klassifikation III. Auch in den neueren internationalen HerniaSurge-Leitlinien ist dieses Vorgehen für die Mehrzahl der Leistenhernien empfohlen, sofern eine häusliche Versorgung gewährleistet ist.
Ralph Lorenz
Chapter 37. Praktische Hinweise bei oraler Antikoagulation in der offenen Hernienchirurgie
Zusammenfassung
Dieses Kapitel befasst sich mit dem korrekten Umgang mit oralen Antikoagulanzien in Form von Vitamin-K-Antagonisten (z. B. Marcumar), direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK, z. B. Rivaroxaban) und Thrombozytenaggregationshemmern im Rahmen von offenen Hernienoperationen.
Johannes Baur
Chapter 38. Lebensqualität nach Hernienreparationen
Zusammenfassung
In den letzten Jahren hat sich ein zunehmendes Interesse an den Themen „Lebensqualität“, „Patientenzufriedenheit“ und „Patient Reported Outcomes“ (PRO) entwickelt. Muysoms et al. erklärten 2016, dass die Zeiten, in denen der Erfolg einer Hernienoperation allein durch die Rezidivhäufigkeit bemessen wird, endgültig vorbei seien (Muysoms et al., Surgery 160:1344–1357, 2016). Bei der konzeptionellen Auseinandersetzung mit dem Thema müssen folgende Fragen beantwortet werden: 1) Was ist unter dem Begriff Lebensqualität zu verstehen? 2) Wie kann Lebensqualität gemessen werden? 3) Welche Erkenntnisse können aus der Lebensqualitätsforschung gewonnen werden? 4) Welcher Nutzen kann aus der Lebensqualitätsmessung gezogen werden?
Simone Andrea Günster
Chapter 39. Randomisierte kontrollierte Studien vs. Versorgungsforschung in der Hernienchirurgie: Was für den Alltagspatienten wichtig ist
Zusammenfassung
Versorgungsforschung ist ein fachübergreifendes Forschungsgebiet, das die Kranken- und Gesundheitsversorgung und ihre Rahmenbedingungen beschreibt und kausal erklärt, zur Entwicklung wissenschaftlich fundierter Versorgungskonzepte beiträgt, die Umsetzung neuer Versorgungskonzepte begleitend erforscht und die Wirksamkeit von Versorgungsstrukturen und -prozessen unter Alltagsbedingungen evaluiert. Naturgemäß geht dies nur in Kollektiven und damit unter Einsatz von Studien. Generell sind zwei Studientypen zu unterscheiden: aktive, sog. experimentelle Studien und passive oder beobachtende Studien (z. B. Kohortenstudien auf der Basis von Registern). Einzig bekannter experimenteller Studientyp ist derzeit die randomisierte Studie. Bei diesem Studientyp werden sämtliche Aspekte der Behandlung und Beobachtung a priori festgelegt und dann wird mit der Durchführung begonnen. Diese Studienform kann auch unter Alltagsbedingungen durchgeführt werden und ist für die Versorgungsforschung besonders relevant, denn hier wird unter optimalen wissenschaftlichen Bedingungen im Anschluss an den Nachweis der Wirkung eines Verfahrens in der Spezialsituation dessen Effektivität im breiten Einsatz unter Alltagsbedingungen kausal untersucht.
Christoph Seiler
Chapter 40. Der mündige Hernienpatient: Von der selbstständigen Informationssuche im Internet bis zur Faktenbox
Zusammenfassung
Informieren tritt an die Stelle von Überzeugen: Patienten wünschen sich die Beteiligung an den sie betreffenden Gesundheitsentscheidungen nicht nur. Sie ist ihr Recht. Nicht erst seit dem Patientenrechtegesetz 2013 wird auf die mündige Entscheidung des Patienten hingearbeitet. Sie ist schon länger für die Qualität der Versorgung zentral. Der Hernienpatient trifft idealerweise eine informierte Entscheidung, das heißt auf Basis der besten verfügbaren Evidenz zu den möglichen Nutzen und Schäden einer Behandlungsoption, zu potenziellen Alternativen und unter Einbezug seiner persönlichen Präferenzen mithilfe seines Arztes. Nur, um medizinische Evidenz nutzen zu können, muss man Zugang zu ihr erlangen – und zwar im mehrfachen Sinne. Zum einen müssen solche medizinischen Risikoinformationen, nach den Standards der Risikokommunikation, ausgewogen, transparent und verständlich für Ärzte und Patienten aufbereitet sein. Müssen bei Ärzten und Patienten wiederum vorhanden sein, um die Informationen reflektieren und anwenden zu können. Zum anderen muss hochqualitative Evidenz überhaupt existieren, dieses Wissen ist jedoch sehr oft eben nicht verfügbar. Man spricht dann von Problemen der Unsicherheit. Dieses Kapitel beschränkt sich auf Probleme des Risikos und beleuchtet diese anhand von Schlüsselaufgaben für die moderne medizinische Risikokommunikation, um den mündigen Patienten in der digitalen Welt zu ermöglichen.
Felix G. Rebitschek
Chapter 41. Optimierung der prästationären und stationären Abläufe in der offenen Hernienchirurgie
Zusammenfassung
Die Veränderung der Patientenbehandlung in der Hernienchirurgie der letzten zwei Jahrzehnte ist rückwirkend als dramatisch zu bezeichnen. Waren in der Zeit bis Ende des Jahrtausends vor allem stationäre Behandlungen für die Hernienpatienten die Regel, hat sich dies in letzten zwei Jahrzehnten durch eine zunehmende Ökonomisierung, aber auch Optimierung der Patientenbehandlung deutlich verändert. Dieses Kapitel soll die Optionen für eine gute, erfolgreiche prästationäre und stationäre Behandlung von Hernienpatienten darlegen. Aufgrund der Vielfalt der Erkrankten sind keine detaillierten Analysen möglich, zumal wissenschaftliche Analysen gerade diesen Teil betreffend relativ marginal sind.
Bernhard Lammers
Chapter 42. Qualitätskriterien der Hernienchirurgie aus Sicht des Patienten
Zusammenfassung
In diesem Kapitel werden die präoperativen, perioperativen und postoperativen Qualitätskriterien der Hernienchirurgie aus Sicht des Patienten beschrieben.
Lukas Eisner
Chapter 43. Soll und darf ich alles machen, was ich zu machen vermag? Medizin-ethische Überlegungen in Form eines Hernienfalls
Zusammenfassung
Ethik in der Medizin wird wie ihre Geschichte im Medizinstudium als Orchideenfach wahrgenommen. Interessant – aber fürs medizinische Staatsexamen nicht relevant. Im späteren Berufsalltag des Arztes setzt sich dies fort, mit einem entscheidenden Unterschied: Die als vermeintlich „weiche Themen“ wahrgenommenen ethischen Topoi werden im Berufsalltag plötzlich zu „harten Themen“, und zwar aufgrund ihrer ökonomischen bis hin zu juristischen Konsequenzen.
Nils Ole Oermann
Kapitel 44. Die eigenen Ergebnisse kennen: das Geheimnis für Exzellenz
Zusammenfassung
Erkenntnisgewinn ist in der Chirurgie schwieriger als in den anderen Disziplinen der Medizin. In einem operativen Fach gilt es nicht nur eine theoretische Ebene zu beherrschen, sondern auch praktisch-handwerkliche Fähigkeiten zu erlernen. Während theoretisches Wissen vergleichsweise einfach zu erwerben ist, z. B. durch Lesen von Lehrbüchern und Fachzeitschriften sowie Zuhören bei Visiten, Vorträgen, Besuch von Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen sowie von Kongressen, kann die Ausbildung in der Handwerkskunst mit vielen Hindernissen belastet sein. Hier ist zunächst die Häufigkeit des zu erlernenden Eingriffs in der jeweiligen Klinik zu nennen; nicht wenige Operationen kommen nur einmal in der Woche oder noch seltener vor. Zudem ist die Anwesenheit der jungen Chirurgen in der Klinik durch neue Arbeitszeitgesetze begrenzt. Ebenso nicht zu unterschätzen sind Wille und Motivation von Chef-, Leitenden- und Oberärzten zur Ausbildung. Ausbildung kostet Geduld, Zeit und Geld. Dem Druck des Managements zur kosteneffizienten Leistung kann häufig nicht standgehalten werden. Nachsorgeprogramme zur Ergebniskontrolle werden weder gestattet noch bezahlt. Darüber hinaus soll die Krankenhausverweildauer, wie von den Krankenkassen verlangt, möglichst kurz sein oder der Patient ohnehin ambulant operiert werden. Schwere Operationsfehler können sich natürlich sofort bemerkbar machen, andere jedoch erst nach Tagen, Wochen oder Monaten. Um jedoch Fehler entdecken oder um eine optimale Operationsstrategie entwickeln sowie die Qualität erhöhen und Komplikationen für den Patienten vermeiden zu können, ist die Kenntnis der eigenen Ergebnisse unverzichtbar.
Reinhard Bittner
Kapitel 45. Übungskonzepte und Modelle für die Weiterbildung in der offenen Hernienchirurgie
Zusammenfassung
Veränderungen des Arbeitszeitgesetzes, die natürliche Weiterentwicklung ethischer Standards, Patientenbewusstsein und -anforderungen, OP-Kosten und technologische Innovationen führten zu einem deutlichen Rückgang der Ausbildungsmöglichkeiten im Operationssaal. Daher ist in den letzten drei Jahrzehnten die Entwicklung von Simulatoren, Simulationsprogrammen und die Entstehung von Trainingszentren gefördert worden, um die chirurgische und klinische Weiterbildung zu ergänzen. Unstrukturiertes Training im Rahmen von Kongressen und Symposien sowie der traditionelle „See one, do one, teach one“-Ansatz von William Steward Halsted (1852–1922) entsprechen nicht mehr den Bedürfnissen in der chirurgischen Weiterbildung der jungen Generation. Wohlgemeinte, aber unstrukturierte Weiterbildungsangebote können schon lange nicht mehr das exponentielle Wachstum des Spektrums – zum Beispiel der laparoskopischen Chirurgie – abdecken; auch ist in einigen Bereichen der Chirurgie eine erhebliche Lernkurve nötig; daher ist aktuell der Erwerb von Ad-hoc-Fertigkeiten unzureichend, während maßgeschneiderte, strukturierte und systematische Weiterbildungsangebote von großem Vorteil sind. Die Lehrforschung hat sich in den vergangenen Jahren dieser Entwicklung und Herausforderung gestellt und die Bedeutung von Skills-Förderung und dem Training an Simulatoren in verschiedensten wissenschaftlichen Studien nachgewiesen.
Stella Mavroveli, Jimmy Kyaw Tun, Fotis Petrou, Georges Petrou, Danilo Miskovic, George B. Hanna

Die Bedeutung der offenen Hernienchirurgie außerhalb des deutschsprachigen Raumes

Frontmatter
Kapitel 46. Offene Hernienversorgung im Vereinigten Königreich
Zusammenfassung
Im Gegensatz zu vielen EU-Ländern bleibt die Hernienspezialisierung in Großbritannien unter dem Dach der „General Surgery“ – einer uneinheitlichen Mischung von Chirurgen, die aus verschiedenen Subspezialitäten der kolorektalen, ösophagogastrischen, HPB-, Transplantations-, Gefäß-, endokrinen und Brustchirurgie stammen. Angesichts der unterschiedlichen Ausbildung und Expertise in der minimalinvasiven Chirurgie in dieser heterogenen Gruppe ist es vielleicht nicht verwunderlich, dass die offene Chirurgie für alle Formen von Hernien nach wie vor üblich ist. Die finanziellen Zwänge des NHS (National Health Services, Großbritannien) – mit sinkendem Budget im Verhältnis zum BIP und der daraus resultierenden Betonung evidenzbasierter Praxis bei gleichzeitiger Kosteneffizienz – führen dazu, dass die technologischen Innovationen, insbesondere die Robotik, die in den USA und einigen Teilen der EU zu beobachten sind, keine nennenswerten Auswirkungen auf die UK-Hernienchirurgie hatten und dies auf kurze Sicht wahrscheinlich auch nicht haben werden.
Neil Smart
Kapitel 47. Offene Hernienversorgung in den Beneluxländern
Zusammenfassung
Die Beneluxländer bestehen aus Belgien, den Niederlanden und Luxemburg und werden von rund 29 Mio. Einwohnern bevölkert. In den Niederlanden ist die Krankenversicherung obligatorisch und der Großteil der Bauchdeckenoperationen wird im öffentlichen Sektor durchgeführt. In Belgien und Luxemburg steht eine staatlich geförderte Gesundheitsversorgung zur Verfügung mit der Möglichkeit, eine zusätzliche private Krankenversicherung abzuschließen.
Gabrielle H. van Ramshorst
Kapitel 48. Offene Hernienversorgung in Frankreich
Zusammenfassung
Französische Chirurgen beschäftigen sich seit vielen Jahren mit der Bauchdeckenchirurgie (Parietologie), sowohl mit offenen als auch mit laparoskopischen Techniken. Seit Henri Fruchaud zum ersten Mal den myopektinealen Trichter beschrieb, haben viele französische Chirurgen unterschiedliche Operationsverfahren entwickelt: Zagdoun beschrieb 1959 eine Technik, die derjenigen ähnelt, die von Lichtenstein weltweit verbreitet wurde; Rives und Stoppa beschrieben verschiedene Techniken für Leisten- und Ventralhernienreparationen, die noch immer als Standardverfahren gelten; Jean Henri Alexandre beschrieb die “Parietalisierung” des Samenstranges über eine Leistenzugang; Pélissier schuf ein Netz, das in der TIPP-Technik (Trans-Inguinal-Pre-Peritoneal) über einen minimalinvasiven Zugang eingesetzt wird und in der operativen Technik durch Berrevoet, Gillion, Chollet und Soler weiterentwickelt wurde.
Jean-François Gillion
Kapitel 49. Offene Hernienversorgung in den USA
Zusammenfassung
Die Hernienchirurgie ist Vorreiterin des chirurgischen Fortschritts und der Innovation, mit rasanten Entwicklungen in den Operationsverfahren, den technologischen Hilfsmitteln, den Netzmaterialien und vor allem mit der Optimierung der Ergebnisse. In den Vereinigten Staaten hat die Entwicklung und Einführung von minimalinvasiven Operationen (MIC), zunächst mit laparoskopischen Systemen und seit Kurzem auch mit Robotern, die verfügbaren Möglichkeiten für die Rekonstruktion der Bauchdecke erweitert und damit noch weitere Verbesserungen mit weniger Infektionen, geringerer Verweildauer, besserer Kosmetik und Lebensqualität bewirkt. In den USA werden jährlich schätzungsweise 1.000.000 Hernienoperationen durchgeführt: 40–45 % der Leistenhernienoperationen werden als MIC versorgt, davon wiederum etwa die Hälfte mit dem Roboter; 20–25 % der Ventral- und Inzisionalhernien werden in MIC-Technik versorgt. Trotz dieser aktuellen Fortschritte und des großen und aufregenden Potenzials für zukünftige Entwicklungen sind nach wie vor offene Verfahren bei Hernien- und Bauchwandrekonstruktionen die fundamentale Grundlage, welche jeder Chirurg beherrschen muss.
David C. Chen
Kapitel 50. Offene Hernienversorgung in Afrika
Zusammenfassung
Afrika ist ein großer Kontinent und die Gesundheitssysteme sind in den verschiedenen Staaten von unterschiedlichem Standard; nur wenige Länder sind mit Europa und der westlichen Welt vergleichbar. Südafrika und einige andere Staaten wie Ägypten, Nigeria oder Kenia haben wahrscheinlich einen vergleichbaren Standard. In allen anderen Ländern ist auch heute noch Hernienchirurgie keine elektive Operationsindikation und Hernieneingriffe werden größtenteils als „Notfalloperationen“ durchgeführt. Leistenhernien und Nabelhernien sind der Teil der Hernien, wo ansatzweise eine standardisierte Operation durchgeführt wird. Andere Hernienformen werden oft gar nicht operiert.
Mathias Rohr
Kapitel 51. Offene Hernienversorgung in Skandinavien
Zusammenfassung
Die offene Versorgung von Leistenhernien hat nach wie vor ihren Stellenwert in der Hernienchirurgie. Mit der Einführung endoskopischer Techniken Anfang der 90er Jahre betrat die Hernienchirurgie der weltweiten Chirurgengesellschaften eine neue Ära, welche sich zunehmend nicht nur mit Innovation, sondern auch mit Ergebnisqualität beschäftigte. Der primäre Fokus lag zunächst auf der Rezidivrate und rückte später auf das von Patienten berichteten Outcome (PROMs). Es gab eine enorme Entwicklung von Operationstechniken, die sich mit chirurgischen Details und Standardisierung befassten. Die „My-Way“-Technik gehört seit Langem nicht mehr in die Herniengemeinschaft. Skandinavien hat einen anerkannten Ruf für seine nationalen Register. Schweden, Dänemark und Finnland haben derzeit nationale Register, die im Jahr 1992, 2000 bzw. 2018 eingerichtet wurden. Norwegen und Island haben derzeit noch keine Register.
Agneta Montgomery
Chapter 52. Offene Hernienversorgung in Südamerika
Zusammenfassung
Brasilien ist mit einer geschätzten Bevölkerung von 207 Mio. Menschen das größte Land Südamerikas. Obwohl Brasilien eine große Wirtschaftsmacht auf diesem Kontinent ist, bestehen soziale und wirtschaftliche Probleme, die auch Gesundheitsfragen betreffen.
Pedro Henrique de Freitas Amaral, Sergio Roll
Chapter 53. Offene Hernienversorgung auf den Philippinen
Zusammenfassung
Die Hernienchirurgie ist eine der häufigsten Operationen auf dem Gebiet der Allgemeinchirurgie. Die häufigste unter den Bauchdeckenhernien ist die Leistenhernie. In einer Studie von Burcharth machen Leistenhernien etwa 97 % der Bauchwandhernien aus. Es folgen ventrale Hernien und andere seltene Formen von Hernien. In den letzten zehn Jahren hat sich die Chirurgie wie auch das Management von Hernien weiterentwickelt.
José Macario Faylona
Chapter 54. Offene Hernienversorgung in Taiwan
Zusammenfassung
Vor 1990 wurde in Asien bei Leistenhernien am häufigsten die modifizierte Bassini-Technik durchgeführt. Von 1990 bis 2000 wurden die Reparationen von Shouldice (für primäre Leistenhernien) und Stoppa (für Rezidivleistenhernie) zunehmend populär, obwohl modifizierte Bassini-Verfahren in dieser Zeit noch immer die Leistenhernienchirurgie dominierten. Die endoskopischen Verfahren (TAPP und TEP, 1992 und 2004) wurden in Asien vor den offenen spannungsfreien Reparationsprinzipien eingeführt („tension-free repair“, TFR), jedoch wurden die TFR-Techniken von Chirurgen aus asiatischen Ländern schnell angepasst. Spannungsfreie Netzreparationen sind heute die am weitesten verbreitete Methode zur Leistenhernienversorgung in Asien und machen 70 % aller in entwickelten Ländern durchgeführten Leistenhernienoperationen aus. TFR-Reparationen werden je nach Topografie der Netzplatzierung unterschiedlich klassifiziert: Es gibt anteriore und posteriore Netzreparationen sowie die Kombination von anteriorer mit posteriorer Netzversorgung.
Ching-Shui Huang
Chapter 55. Offene Hernienversorgung in Spanien
Zusammenfassung
Die Bauchdeckenchirurgie umfasst heterogenes klinisches Problem. Wahrscheinlich sind Bauchwandhernien die bekannteste Pathologie, die eine operative Behandlung dieser Region der menschlichen Anatomie erfordern. Aufgrund ihrer Prävalenz sind die Leisten- und Inzisionalhernien von besonderer Bedeutung. Die minimalinvasive Chirurgie (MIS) der gesamten Viszeralchirurgie ergänzt mit dem neuen Zugangsweg die klassische offene Chirurgie (OS) seit den 90er Jahren und stellt eine echte Revolution auf dem Gebiet der Chirurgie dar. Offensichtlich konnte sich die Chirurgie der Bauchdecke dieser Revolution nicht entziehen. Derzeit spielt jedoch die offene Chirurgie immer noch eine wesentliche Rolle in der Behandlung von Hernien. Je nach Art und Charakteristik der Hernie sind verschiedene Zugangsarten (z. B. OS oder MIS) angezeigt. Der Entscheidungsprozess im Hinblick auf die Durchführung eines MIS- oder OS-Verfahrens in der Hernienchirurgie basiert einerseits auf den Literaturdaten und deren Interpretation in Kombination mit der Erfahrung von Chirurgen und andererseits – nach einem gründlichen Informationsprozess – auf den Patientenpräferenzen. Auch die Entscheidung, das eine oder andere Verfahren durchzuführen, wird von den Möglichkeiten des Gesundheitssystems und verfügbarer Ressourcen beeinflusst. Unserer Meinung nach kann die Nutzungsrate von OS oder MIS aufgrund all der oben genannten Faktoren von Region zu Region variieren.
Manuel López-Cano
Backmatter
Metadaten
Titel
Offene Hernienchirurgie
herausgegeben von
Prof. Dr. Dr. Ulrich A. Dietz
Prof. Dr. Guido Beldi
Dr. René H. Fortelny
Dr. Armin Wiegering
Copyright-Jahr
2021
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-61348-1
Print ISBN
978-3-662-61347-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-61348-1

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23.04.2024 Appendizitis Nachrichten

Schmerzen im Unterbauch, aber sonst nicht viel, was auf eine Appendizitis hindeutete: Ein junger Mann hatte Glück, dass trotzdem eine Laparoskopie mit Appendektomie durchgeführt und der Wurmfortsatz histologisch untersucht wurde.

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23.04.2024 Operationsvorbereitung Nachrichten

Derzeit wird empfohlen, eine Therapie mit GLP-1-Rezeptoragonisten präoperativ zu unterbrechen. Eine neue Studie nährt jedoch Zweifel an der Notwendigkeit der Maßnahme.

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Die Ureterstriktur ist eine relativ seltene Komplikation, trotzdem bedarf sie einer differenzierten Versorgung. In komplexen Fällen wird dies durch die roboterassistierte OP-Technik gewährleistet. Erste Resultate ermutigen.

Update Chirurgie

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S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Karpaltunnelsyndroms“

Karpaltunnelsyndrom BDC Leitlinien Webinare
CME: 2 Punkte

Das Karpaltunnelsyndrom ist die häufigste Kompressionsneuropathie peripherer Nerven. Obwohl die Anamnese mit dem nächtlichen Einschlafen der Hand (Brachialgia parästhetica nocturna) sehr typisch ist, ist eine klinisch-neurologische Untersuchung und Elektroneurografie in manchen Fällen auch eine Neurosonografie erforderlich. Im Anfangsstadium sind konservative Maßnahmen (Handgelenksschiene, Ergotherapie) empfehlenswert. Bei nicht Ansprechen der konservativen Therapie oder Auftreten von neurologischen Ausfällen ist eine Dekompression des N. medianus am Karpaltunnel indiziert.

Prof. Dr. med. Gregor Antoniadis
Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.

S2e-Leitlinie „Distale Radiusfraktur“

Radiusfraktur BDC Leitlinien Webinare
CME: 2 Punkte

Das Webinar beschäftigt sich mit Fragen und Antworten zu Diagnostik und Klassifikation sowie Möglichkeiten des Ausschlusses von Zusatzverletzungen. Die Referenten erläutern, welche Frakturen konservativ behandelt werden können und wie. Das Webinar beantwortet die Frage nach aktuellen operativen Therapiekonzepten: Welcher Zugang, welches Osteosynthesematerial? Auf was muss bei der Nachbehandlung der distalen Radiusfraktur geachtet werden?

PD Dr. med. Oliver Pieske
Dr. med. Benjamin Meyknecht
Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.

S1-Leitlinie „Empfehlungen zur Therapie der akuten Appendizitis bei Erwachsenen“

Appendizitis BDC Leitlinien Webinare
CME: 2 Punkte

Inhalte des Webinars zur S1-Leitlinie „Empfehlungen zur Therapie der akuten Appendizitis bei Erwachsenen“ sind die Darstellung des Projektes und des Erstellungswegs zur S1-Leitlinie, die Erläuterung der klinischen Relevanz der Klassifikation EAES 2015, die wissenschaftliche Begründung der wichtigsten Empfehlungen und die Darstellung stadiengerechter Therapieoptionen.

Dr. med. Mihailo Andric
Berufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.