Motto: Radiologie ist Diagnose und Therapie

Die moderne Radiologie ist mehr als eine nur diagnostische Fachdisziplin. Radiologen behandeln auch. Das Bewusstsein dafür wurde auf dem 95. Deutschen Röntgenkongress in Hamburg gestärkt. An dem anspruchsvollen Kongressprogramm haben die beiden diesjährigen Kongresspräsidenten, Professor Stefan Diederich aus Düsseldorf für die Deutsche Röntgengesellschaft (DRG) und Professor Johannes Lammer aus Wien für die Österreichische Röntgengesellschaft (ÖRG) gemeinsam gefeilt, „fast vier Jahre lang“, wie Diederich auf der Pressekonferenz zur Kongresseröffnung am 28. Mai in Hamburg sagte. DRG und ÖRG haben den größten deutschsprachigen Fachkongress zum 7. Mal gemeinsam veranstaltet. „Operation, Chemotherapie, Strahlentherapie oder Interventionelle Therapie – welche Behandlung letztendlich angewandt wird, wird zunehmend vom Radiologen beeinflusst. Das kommt auch im Kongress zum Ausdruck, denn wir werden hier Tumorboards für die verschiedensten Erkrankungen veranstalten“, so Lammer. Themenschwerpunkte des diesjährigen Kongresses: Thoraxradiologie, Onkologische Radiologie – beides klinische und wissenschaftliche Schwerpunkte von Diederich; Interventionelle Radiologie, für die Lammer steht – und das konventionelle Röntgenbild. „Dampfröntgen“ im Zeitalter von MRT, CT, PET und Co.? Mit diesem Vorurteil, konventionelles Röntgen sei altmodisch und überholt, räumte Diederich auf der Pressekonferenz gründlich auf. Und gab gleichzeitig einen Crashkurs in Thoraxradiologie anhand von drei klinischen Fällen, die er mit Bildern belegt. Allen drei Patienten war gemeinsam, dass sie wegen Hustens und Luftnot untersucht wurden. Alle drei erhielten zunächst eine konventionelle Rö-Thoraxaufnahme, denn: „Ein Rö-Thorax geht schnell, ist überall möglich, geht schnell und ist mit ca. 10 Euro preiswert“, so Diederich. Und die Strahlenexposition ist gering; sie liegt zwischen 0,04 und 0,08 mSv (Millisievert); das entspricht der Dosis von ein bis zwei Wochen natürlicher Strahlung in Deutschland. „Die Strahlenexposition bei einem Langstreckenflug ist viel höher“, sagte Diederich. Die Fälle der drei Patienten mit Husten und Luftnot Erster Fall: Auf dem Rö-Thoraxbild einer 32-jährigen Patientin fielen diffuse interstitielle Verschattungen in den unteren Lungenbereichen beidseits auf. Die Verdachtsdiagnose atypische Pneumonie war klar. Die CT der Lunge ergab milchglasartig imponierende Verdichtungen beidseits basal. „Für gut ausgebildete Radiologen ist damit die Diagnose eigentlich klar: Ein solcher Befund ist praktisch beweisend für eine Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie.“ Und diese Pilzinfektion kommt fast immer bei einer Immunschwäche vor. Eine Immunschwäche war bei der Patientin aber nicht bekannt. Also wurde ein HIV-Test veranlasst, der tatsächlich positiv ausfiel. Zweiter Fall: Bei einer 69-jährigen Patientin mit Husten und Luftnot ergab das konventionelle Röntgenbild eine komplette Verschattung der gesamten linke Lunge. Auch in diesem Fall ist die Diagnose für einen erfahrenen Radiologen klar: Wegen der Verschiebung des Mediastiums nach links muss es sich um einen schrumpfenden Prozess handeln mit Verdacht auf Tumorverschluss zentral im Hauptbronchus. Diese Diagnose wurde in der CT bestätigt. Dritter Fall: Bei einem 73-jährigen Patienten mit Husten und Luftnot war der Rö-Thorax unspezifisch, also ohne Hinweis etwa auf eine Pneumonie. Die Thorax-CT ergab eine Lungenfibrose mit nach caudal zunehmender Infiltration und Zystenb. Da bei diesem Befund bekanntermaßen das Karzinomrisiko erhöht ist, fahndeten die Radiologen gezielt nach verdächtigen Rundherden und fanden tatsächlich einen ganz caudal rechts, der unter 1cm klein war. Die Biopsie bestätigte die Verdachtsdiagnose Lungenkarzinom. Das heißt, dass allein mit einem konventionellem Röntgenbild schon eine Menge erfahren werden kann – vorausgesetzt, die befundenden Radiologen könnten das Röntgenbild „lesen“, wie Diederich betonte. Auch deshalb stehe die Aus- und Weiterbildung im Fokus des Kongresses. So wurden zum Beispiel den erwarteten 300 Studenten maßgeschneiderte Programme angeboten. Neu diesmal der Kurs „Sono 4 U“, ein Gemeinschaftsprojekt von deutschen und österreichischen Studenten. Bekannt und bewährt indes ist das Stipendienprogramm „Die hellsten Köpfe für die Radiologie“. Hier übernehmen erfahrende Radiologen die Patenschaft und bezahlen gemeinsam mit der DRG den Stipendiaten die Teilnahme am Kongress. Auch die Vorbereitung auf den Facharzt mit dem Programm „Fit für den Facharzt“ liegt den Kongresspräsidenten am Herzen. Ebenso die Weiterbildung der Fachärzte, zum Beispiel mit dem Refresherprogramm. Und nicht zuletzt werden Ergebnisse brandneuer Studien vorgestellt. „Der Deutsche Röntgenkongress ist das größte Forum im deutschsprachigen Raum für aktuelle Studien“, so Diederich.

Springer Medizin

Motto: Radiologie ist Diagnose und Therapie

Weiterführende Themen

Neu im Fachgebiet Radiologie

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Fünf Dinge, die im Kindernotfall besser zu unterlassen sind

„Nur wer sich gut aufgehoben fühlt, kann auch für Patientensicherheit sorgen“

Wie toxische Männlichkeit der Gesundheit von Männern schadet

Update Radiologie