Ältere haben bei klassischen Bauchschmerz-Erkrankungen oft keine Schmerzen

Erkrankungen, die typischerweise mit Bauchschmerzen einhergehen, können sich bei geriatrischen Patienten ganz anders manifestieren, wurde beim DGIM-Kongress betont. Gerade Fieber und Schmerzen fehlen häufig. Ältere Menschen sind ein Risikokollektiv, wenn es darum geht, akute Erkrankungen im Bauchraum rasch und richtig zu diagnostizieren. Denn die machen sich im Alter nicht unbedingt auf sonst typische Art bemerkbar. An welche Krankheiten hier besonders zu denken ist, und wie sie sich manifestieren, war Thema beim DGIM-Kongress. Wie Professor Christian Maaser, Klinikum Lüneburg, erläuterte, gibt es bei geriatrischen Patienten einige Besonderheiten. So ist aufgrund der Immunseneszenz die infektbedingte Morbidität und Mortalität höher als bei jüngeren Menschen. Zugleich fehlen oft systemische Entzündungszeichen, wie eine Leukozytose. 20 bis 30 Prozent haben trotz eines aktiven Infekts kein Fieber. Und: „Ältere Patienten haben häufig keine Bauchschmerzen.“ Ihre Schmerzwahrnehmung ist geringer ausgeprägt und manchmal durch regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln gedämpft. Hinzu kommen nicht selten Probleme durch eine demenzielle Entwicklung, aufgrund derer sich die Patienten nicht adäquat artikulieren können. Umso gründlicher ist nachzuforschen, eine ausführliche Fremdanamnese inklusive. Auch bei klinisch unauffälligem Abdomen lohnt sich laut Maaser die großzügige Abdomensonografie. Sie erfordere ein systematisches Stück-für-Stück-Vorgehen, bei dem man die Differenzialdiagnosen schon im Hinterkopf habe, betonte der Internist – „Nicht denken, wenn Sie den Schallkopf draufhalten, sehen Sie alles.“ Auch an mesenteriale Ischämie denken! Wenn man die Krankheitsursache nicht identifiziert, die Patienten nicht entsprechend behandelt und wieder heimschickt, droht ein Drehtüreffekt. „Einer von zehn entlassenen geriatrischen Patienten mit Abdominalschmerzen erscheint erneut innerhalb von zwei Wochen.“ Erkrankungen, an die man in dieser Altersgruppe besonders denken muss, sind Rupturen abdomineller Aortenaneurysmen – oft als Nierenkolik fehlinterpretiert – und akute mesenteriale Ischämien. „Wenn jemand mit plötzlichen, heftigsten Bauchschmerzen kommt, sollten Sie an die mesenteriale Ischämie denken“, sagte Maaser. Dabei sind die Symptome oft eindrucksvoller als der Befund beim Abtasten des Bauches: „Wenn sie die Patienten klinisch untersuchen, finden Sie keinen großen Peritonismus.“ Perforationsgefahr bei schwerer Verstopfung Gastrointestinale Ulzera manifestieren sich eher mit Teerstuhl denn mit Schmerzen, selbst Perforationen können ohne Schmerzen verlaufen. Das veranschaulichte Maaser am Beispiel einer 84-Jährigen, bei der die letztlich diagnostizierte Coecumperforation eine unerwartete Ursache hatte. Die Patienten war mit einer Leukozytose, massiv erhöhtem C-reaktivem Protein und Kreatininanstieg gekommen und hatte zu keinem Zeitpunkt Abdominalschmerzen angegeben. Im Ultraschall war ein Pneumoperitoneum zu erkennen. Ursache der Darmperforation war letztlich nichts anderes als eine Obstipation. Darunter leiden chronisch immerhin 70 Prozent betagter Menschen. Maaser: „Sie müssen sicherstellen, dass das nicht zur Perforation führt.“ Schmerzauslöser nicht immer im Bauchraum Wichtig sei, immer auch an extraintestinale Bauchschmerzursachen zu denken. „30 Prozent der Männer mit mittelgradig bis stärkerer Prostatahyperplasie entwickeln pro Jahr einen Harnverhalt.“ Auch Pneumonien, Lungenembolien und eine metabolische Azidose können Bauchschmerzen hervorrufen. Selbst an eine Appendizitis muss man mitunter denken. Sie kommt zwar allgemein eher bei jüngeren Menschen vor, fünf bis zehn Prozent der Appendizitis-Patienten sind aber älter als 65 Jahre. Alle Beiträge vom DGIM-Kongress 2023 finden Sie hier im Dossier zur Veranstaltung. Quelle: Ärzte Zeitung

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