Physiologische Veränderungen bei körperlicher Belastung
Körperliche Belastung ruft bei (Leistungs‑)Sportlern und Patienten gleichermaßen äquivalente physiologische und psychologische – reversible oder aber auch irreversible – Veränderungen hervor. Diese stehen u. a. in Abhängigkeit von verschiedenen Belastungsnormativa (Intensität, Dauer, Dichte, Häufigkeit, Umfang oder Frequenz) der Bewegung. Bei einer körperlichen Belastung wird das Herz-Kreislauf-System belastet, wofür die Muskelversorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff sowie auch der Abtransport entstandener Stoffwechselprodukte notwendig werden [
8,
9,
12]. Sowohl bei körperlicher Belastung als auch bei einer Ergometrie (Laufband oder Fahrrad) steht die Körpermuskulatur im Vordergrund. Folglich können physiologische Veränderungen nicht nur durch körperliche Belastung, sondern auch durch eine Ergometrie hervorgerufen werden. Zur Energiegewinnung im Muskel wird Sauerstoff benötigt, der über die Lungen in das Blut und durch die Adern zum Muskel gelangt. So passen sich der Stoffwechsel und damit einhergehend auch der Energiebedarf der arbeitenden Muskulatur an.
Aus physiologischer Sichtweise können jedoch auch negative Prozesse durch die mechanische Reizung der Haut verursacht werden, da intrazelluläre Bestandteile, in erster Linie aus dem Skelettmuskel, ausgeschieden werden. Die Kreatinkinase (CK) ist ein Maß für die Schädigung von Muskelzellen, u. a. durch intensive Muskelbeanspruchung hervorgerufen. CK ist als Enzym wichtig für die Energiegewinnung im Muskel und dient somit als Botenstoff in den Muskeln. [
6,
7,
14‐
16,
20,
21]. CK differenziert sich in 4 Unterformen, je nach Lokalisation:
2.
CK-MM (Skelettmuskel-Typ),
4.
CK-MiMi (Mitochondrien-Typ).
Je nach Vorkommen variieren seine Referenzwerte, wobei zudem zwischen den Geschlechtern differenziert werden muss. Bei
Männern gelten folgende Werte: Gesamt-CK
< 190 U/l, CK-MB
< 6,0 µg/l, CK-MB-Aktivität
< 24 U/l.
Bei Frauen hingegen liegt die Gesamt-CK
< 170 U/l, die CK-MB
< 6,0 µg/l und die CK-MB-Aktivität
< 24 U/l [
6,
7,
15].
CK-MB (Isoenzym der CK vom Myokardtyp)
In der Herzmuskulatur kommt insbesondere die CK-MB vor, eine gewebsspezifische Form der CK (ein Isoenzym). Bei einer Schädigung des Herzmuskels (z. B. durch Herzinfarkt) erhöht sich die CK- und CK-MB-Konzentration im Blut [
6,
7,
11]. Das Hybridmolekül CK-MB ist ein wichtiger Parameter zur Beurteilung der Herzischämie und ein sensitiver Parameter in der Frühphase eines Myokardinfarkts. Ihre diagnostische Spezifität ist jedoch gering.
CK-MM (Isoenzym der CK vom Muskeltyp)
Bei einem Muskelschwund beispielsweise, möglicherweise hervorgerufen durch Mangelernährung im höheren Alter oder bei anhaltender körperlicher Inaktivität, bauen sich die Muskelzellen des Bewegungsapparates ab und die CK-MM (Isoenzym der CK vom Muskeltyp) steigt. Es gibt zudem einige recht unterschiedliche Ursachen für den Anstieg des CK-Werts, wie nach Operationen und Injektionen in den Muskel, nach Stößen in die Muskulatur oder bei Muskelkater.
CK-Wert und sportliche Belastung bzw. Ergometrie
Ein erhöhter CK-Wert kann sehr unterschiedlicher Genese sein. CK ist ein Maß für körperliche Belastung bei Männern und Frauen. Generell wird die Kreatininkinase (CK) beim Verdacht auf
Muskelerkrankungen bestimmt und kann auf Grund von Verletzungen, körperlicher Belastung oder Entzündungen abrupt ansteigen. Stark erhöhte CK-Werte können auch nach exzessivem und ungewohntem Muskeltraining (v. a. der großen Muskelgruppen) im Fitnessstudio, beim Bodybuilding oder nach Ausdauersport nachgewiesen werden. Werte können teilweise auf das Zweitausendfache des Normalwerts ansteigen. [
3,
6,
7] Auch ein Sturz oder Stoß oder ein Herzmuskelschaden (Infarkt) können ursächlich für einen erhöhten CK-Wert sein [
6,
7,
14,
18].
Im Fall einer muskulären Belastung sind interindividuelle Faktoren ursächlich für variierende Anstiege des CK-Werts (im Einzelfall < 1000 U/l), so dass er nicht immer direkt auf 500–600 U/l ansteigt [
6,
7]. Während Leistungssportler meist erhöhte CK-Aktivitäten im Blut haben, stiegen diese Werte bei Freizeitsportlern manchmal nur mäßig oder gar nicht (Non-Responder) an. Des Weiteren kann ein Zellschaden auch auf die Konzentrationen von Myoglobin, Kortisol und PSA im Blutplasma verändern [
6,
7,
14,
18]. Regelmäßige, präventive sportliche Betätigung bei weitgehend konstanter muskulärer Beanspruchung verändert die CK-Werte nur kaum. Bei einem geänderten Belastungsumfang oder einer veränderten Belastungsintensität kann sich die CK-Konzentration verändern. Nach ungewohnten und exzentrischen Belastungsformen (v. a. Kraft- und Schnellkraftbelastungen) kann der CK-Wert hoch ansteigen [
6,
7,
15].
Bei deutlich erhöhter CK-Aktivität im Blut steigen analog auch die Transaminasen an, wobei die Glutamat-Oxalacetat-Transaminase (GOT)/Aspartat-Aminotransferase (AST) wegen ihrer höheren muskulären Aktivität stärker reagiert als die Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT)/AlaninAminotransferase (ALT). Demgegenüber bleibt die Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT) unverändert. Sollte die Kreatininkinase das Drei- bis Vierfache des oberen Referenzbereichs übersteigen, sind Transaminasenanstiege zu erwarten [
3,
4,
18].
PSA und sportliche Belastung bzw. Ergometrie
Ein weiterer Blutparameter, der sich durch sportliche Belastung verändert, ist der PSA-Wert (prostataspezifisches Antigen). Grundsätzlich ist PSA gegenüber CK nur bei Männern in der Diagnostik der Prostatafunktion einsetzbar, wodurch seine diagnostischen Möglichkeiten begrenzt sind. Während dieses Protein bei Männern in der Prostata gebildet wird, ist dies bei Frauen in den Skene-Drüsen der Fall. Bei Männern ist dieser Wert ein Indikator zur Früherkennung von Prostatakrebs [
10,
11,
22‐
24]. Bei Frauen ist nur die CK als Indikator anzusehen.
Der PSA-Wert kann sich aber auch durch physische Aktivität erhöhen, da mehr PSA durch einen erhöhten Blutfluss während sportlicher Betätigung ins Blut gelangt. Bei länger an dauernder mechanischer Reizung der Haut, wie z. B. durch Reiten oder Fahrradfahren, kommt es bei Sportlern und Nichtsportlern zur Steigerung der Konzentration der zirkulierender Hormone, wie Kortisol und Testosteron bzw. der Akute-Phase-Proteine wie C‑reaktives Protein (CRP); das CRP ist ein Entzündungsmarker [
4,
6,
7,
21]. Ferner besteht die Annahme, dass durch solche Sportarten bei Männern eine Irritation der Prostata resultiert, so dass die PSA-Produktion in den Prostatadrüsen aktiviert wird. Die physikalische Untersuchung der Prostata (wie z. B. Manipulation oder Biopsie) führt zur Veränderung der PSA-Konzentration [
10,
11,
13,
19,
24]. Die nachweislichen Veränderungen des PSA-Werts, die durch sportliche Betätigung hervorgerufen werden, können aufgrund von mechanischer/physikalischer Reizung der Prostata, wie z. B. bei Reiten oder Fahrrad fahren, die Vermutung zulassen, dass sich dies theoretisch auch durch eine Fahrradergometrie hervorrufen lässt. Der Zusammenhang des PSA-Anstiegs und sportlicher Betätigung bzw. Fahrradergometrie kann nur bei Männern nachgewiesen werden, da Frauen keine Prostata und folglich keinen PSA-Anstieg haben [
10,
11,
18].
PSA-Konzentrationen sind altersabhängig und hängen vom Volumen der männlichen Prostata ab. Des Weiteren führt die Ergometrie zu erhöhten PSA-Werten [
1,
2,
5,
10,
17,
19,
25]. Bei jeder Manipulation der Prostata steigen beim Mann die PSA-Werte nach 15 min an. Dies ist unabhängig vom Alter oder sportlichen Leistungszustand zu sehen.
In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass jegliche (leicht bis anstrengende) körperliche Aktivität den PSA-Wert beeinträchtigen kann, wodurch bei der Interpretation immer die körperliche Aktivität des Patienten abgefragt werden sollte [
1,
2,
10].
Ursachen der PSA-Erhöhung bei Männern [
1,
2,
5,
10,
17,
19,
25] sind in Tab.
1 dargestellt, wobei die unterschiedlichen Ursachen hier auffällig sind, die alle einen erhöhten PSA-Wert bedingen können. Diese unterschiedlichen Ursachen sollten dem Diagnostiker bekannt sein, damit er eine richtige Beurteilung der Werte vollziehen kann.
Tab. 1
Ursachen der Erhöhung von PSA bei Männern. (Nach [
1,
2,
5,
10,
17,
19,
25])
Prostata-Massage | 3,0-fach | 3 bis 4 Tage |
Radfahren (z. B. im Rahmen einer Ergometrie) und Reiten | 1,5- bis 2‑fach | 1 bis 2 Tage |
Ejakulation | 2,0-fach | 2 Tage |
Prostatabiopsie | Bis 50-fach | 4 Tage bis 4 Wochen |
TRUS | 2‑fach | 1 bis 2 Tage |
Darmspiegelung | 3‑fach | 3 bis 5 Tage |
Katheter | 4‑fach | 5 bis 7 Tage |
Laktatdehydrogenase und sportliche Belastung bzw. Ergometrie
Die Laktatdehydrogenase (LDH) ist ein Enzym, welches in allen Zellen des Körpers vorkommt und 5 Isoenzyme besitzt. Im Gegensatz zu CK ist LDH ein rein diagnostischer Parameter, der nur als Indikator für Muskelarbeit, Muskelentzündung und Zelluntergang bei Herzinsuffizienz genutzt wird [
16]. Bei jeglicher körperlichen Belastung, wie z. B. sportliche Aktivität oder Ergometrie, kann eine Erhöhung (bis zur 5‑fachen Menge des oberen Referenzbereichs) der LDH-Aktivität im Blut nachgewiesen werden, da es aus der Muskulatur freigesetzt wird [
1].
Fazit für die Praxis
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Am Beispiel der vorliegenden Untersuchung zeigt sich exemplarisch, dass CK und LDH geeignete Diagnostikparameter für körperliche Aktivität sind, wenngleich auch diese Untersuchung an Leistungssportlern durchgeführt wurde: In einer ergometrischen Analyse wurden CK-MB, c‑Troponin‑T, LDH und Natrium vor und 30 min nach körperlicher Betätigung (300 W pro 15 min) in Seren von 42 Leistungssportlern untersucht. Es konnte belegt werden, dass der Einfluss der körperlichen Aktivität auf die Normalwerte keinen Anstieg der Konzentrationen im Serum von c‑Troponin‑T, CK-MB und Na + hervorruft. Nur bei der gesamten LDH wurde ein Anstieg von 11 % beobachtet.
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Demnach sind CK, PSA und LDH Indikatoren im Rahmen einer Blutuntersuchung, die auf körperliche Belastung hinweisen können, sowohl durch sportliche Betätigung als auch durch den Einfluss einer Ergometrie. Im Hinblick auf den PSA-Wert ist dieser jedoch bisher vorwiegend für Männer durch den Einfluss von verschiedenen Sportarten erforscht. Da bisher wissenschaftliche fundierte Aussagen zu Frauen fehlen, wäre es wünschenswert und notwendig, diese zu analysieren. Die aktuellen Werte deuten darauf hin, dass die Ergometrie als sportliche Betätigung eine Massage des Urogenitalbereichs bewirkt. Männer sollten folglich aufpassen, damit bei zu häufiger und umfangreicher Massage der Prostata keine negativen Folgen ihrer Funktion resultieren. In diesem Zusammenhang muss berücksichtigt werden, dass die Dauer und Intensität eine Rolle spielt, bis Laborparameter ansteigen. Eine Überprüfung der Prostatafunktion ist in Vorsorgeuntersuchungen möglich. Auch diese Aussage ist nur hypothetischer Natur und muss nachweislich analysiert werden. Anhand der aktuellen Datenlage kann keine Schlussfolgerung gezogen werden.
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Ferner ist anzumerken, dass erhöhte PSA-Werte bei sportlichen Männern zu einer verfälschten Diagnostik führen können. Daher sollte im Rahmen einer Krebsdiagnostik der Prostata nicht alleine der PSA-Wert zu Rate gezogen werden.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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