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AE-Manual der Endoprothetik
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Publiziert am: 17.11.2022

Knieendoprothetik: Postoperative Behandlung und Rehabilitation

Verfasst von: Axel Seuser und Dieter Christian Wirtz
Die postoperative Behandlung und Rehabilitation nach Knieendoprothetik hat einen endscheidenden Einfluss auf die Standzeit der Prothese. Daher sollte vom 1. Tag an rehabilitativ gearbeitet werden. Primärziele sind Abschwellung, Schmerztherapie, primäre Wundheilung sowie guter Bewegungsumfang. Erste isometrische Kontraktionen der knieumgebenden Muskulatur und frühzeitiges Gangtraining sind die nächsten Schritte, begleitet vom Ausbau von Kraft, Beweglichkeit, Ausdauer und Koordination. Im zunehmenden Maße sollten funktionelle Methoden zur Überwachung der postoperativen Rehabilitation, wie kinetisches Oberflächen-EMG zur Vermessung der Muskelfunktion und 3-dimensionale Funktions-/Ganganalysen zur Optimierung der motorischen Abläufe rund um die Knietotalendoprothese genutzt werden. Während dieser Zeit sollte der Patient motiviert werden diese Bemühungen lebenslang durchzuführen, da diese ihn nicht nur zurück ins Leben und damit in sein soziales/sportliches Umfeld führen, sondern auch eine eventuell notwendige Wechseloperation vermeiden helfen.

Befunddokumentation

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Dokumentation, um den postoperativen Verlauf eines Patienten mit künstlichem Kniegelenkersatz zu beschreiben. Dabei sollte zwischen objektiven und subjektiven Kriterien unterschieden werden.

Subjektive (klinische) Befunddokumentation

Klinische Untersuchung

Die Grundlage jeder Befunddokumentation ist die Beschreibung der Kniegelenkbeweglichkeit. Diese wird im Neutral-Null-System durchgeführt. Idealerweise wird mit einer Beweglichkeitsüberprüfung direkt postoperativ nach Wundverschluss vor Anlegen des Wundverbandes (Abschn. 2) begonnen.
Neben der postoperativen Kontrolle von Durchblutung, Sensibilität und grober Kraft ist die Dokumentation der Wundheilung, des Schwellungszustandes und der klinische Ausschluss von Thrombose- und Entzündungszeichen Inhalt der täglichen Visite. In der direkt postoperativen Phase ist ein täglicher Verbandswechsel zu empfehlen.
Alle erhobenen Daten sollten in einem geeigneten Dokumentationssystem festgehalten werden. Komplettiert wird die Befunddokumentation durch die allgemeinen körperlichen Befunde von Puls, Blutdruck und Temperaturmessungen sowie der postoperativen Labor- und Röntgenkontrolle.

Dokumentation der postoperativen Physiotherapie

Patientenindividuell ist zu entscheiden, wann mit den physiotherapeutischen und physikalischen Maßnahmen (Abschn. 4) begonnen werden kann. Sowohl die Häufigkeit der Anwendungen (auch Bewegungsschiene mit Angabe der erreichten Gradzahl) als auch die Inhalte sollten dokumentiert werden.
Zum Beispiel: manuelle Therapie zur Verbesserung der Beweglichkeit mit anschließender Stabilisation durch isometrische Anspannung der Streck- und Beugemuskulatur.

Dokumentation durch klinische Scores

Zur Qualitätskontrolle und späteren wissenschaftlichen Aufarbeitung bietet sich die Anwendung von klinischen Scores an. Allen gemeinsam ist die Subjektivität und Untersucherabhängigkeit ihrer Aussagen.
Weit verbreitet ist der HSS-Score (Hospital for Special Surgery) Es handelt sich um einen klinischen Score mit 62 % subjektiven und 38 % objektiven Kriterien, hauptsächlich mit dem Inhalt Schmerz, Gehstrecke, Treppensteigen, öffentliche Verkehrsmittel, Bewegungsausmaß, Muskelkraft, Flexionsdeformität, Instabilität (Alicea 2002).
Als Alternative kann der Score der Knee-Society nach Insall et al. (1989) dienen. Seine Anwendung ist häufig, es ist ein klinischer Score mit 75 % subjektiven und 25 % objektiven Kriterien. Es gehen Schmerz, Bewegungsausmaß, Stabilität, Gehstrecke und Treppensteigen ein.
Der Staffelstein-Score hat sich besonders in der Rehabilitationsphase bewährt. Es werden je 40 Punkte für Schmerz, Aktivitäten des täglichen Lebens und den Gelenkbefund (Beweglichkeit, Weichteil, Kraft) vergeben (Mitteldorf und Casser 2000).

Objektive (apparative) funktionelle Befunddokumentation

Die Objektivierung des postoperativen funktionellen Ergebnisses wird in Zukunft im Rahmen der Kontrolle der Ergebnisqualität noch mehr an Bedeutung gewinnen. Am Bewegungsapparat ist neben der morphologischen Kontrolle des Prothesensitzes (Röntgen) die Funktion der Muskulatur und die effiziente Abwicklung der Gelenkflächen des künstlichen Gelenkes von großer Bedeutung. Diese spielen auch in der sekundären und tertiären Prävention (Standzeit der Prothese) eine entscheidende Rolle.
In der Praxis haben sich bereits das EMG zur frühfunktionellen Kontrolle der Muskulatur und die 3D-Bewegungsanalyse zur Erkennung von funktionellen Gelenkbelastungen im späteren postoperativen Verlauf bewährt.

EMG

Im menschlichen Körper gibt es viele elektrische Impulse. Die elektrischen Signale werden durch die Nervenzellen geleitet und können durch Elektroden aufgenommen werden. Dies kann zur Messung der Muskelströme per EMG (Elektromyografie) ausgenutzt werden. Hierbei steigt der messbare elektrische Impuls mit zunehmendem Aktivitätsgrad des Muskels im Mikrovoltbereich. Dieser ist abhängig von der Muskelkraft und der Ansteuerung durch den motorischen Kortex.
Bei einer Schwellung oder Entzündung im Kniegelenk, kommt es neben vielen anderen Veränderungen auch zu Veränderungen der knieumgebenden Muskelaktionen. Selbst bei geringfügigen Irritationen und entzündlichen Veränderungen, nimmt die Spannung der Beinbeugemuskulatur zu. Die Streckmuskulatur lässt bei EMG-Messungen mit zunehmendem intraartikulärem Druckanstieg in ihrer Kontraktionsfähigkeit ab. Dadurch kommt es unweigerlich zu einer Veränderung der inneren Kniekinematik, die sich in der Bewegungsfunktion und speziell im Roll-Gleit-Verhalten bemerkbar macht.
Am Bewegungsapparat werden bisher nur wenige Messungen zur Darstellung des Muskelprofiles durchgeführt. Dadurch bleiben frühe Bewegungsstörungen verborgen, insbesondere die symmetrische (seitengleiche) Leistung der Muskulatur kann mit klinischen Methoden nicht genau überprüft werden. Hierzu kann das EMG wichtige Aussagen beitragen. Der Muskelstatus ist bei jedem Patienten und jeder Verletzung/Operation auf individuelle Weise gestört. Das EMG gibt uns einen Hinweis, wie die Therapie auf die jeweilige Funktionsstörung angepasst werden kann.
Ein zweiter großer Vorteil ist die Untersucherunabhängigkeit und die Reproduzierbarkeit der Methode. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit einer Therapiekontrolle und -optimierung. Beim Patienten nach Kniegelenkersatz werden in der Regel der M. vastus medialis und die ischiokrurale Muskulatur mittel EMG-Diagnostik untersucht.

3-dimensionale Bewegungsanalyse

Es gibt mehrere Möglichkeiten der 3-dimensionale Bewegungsanalyse, wobei hier die Methodik auf Ultraschallbasis dargestellt wird. Diese Technik basiert auf einer akustische Messmethode zur berührungslosen dreidimensionalen Ortsmessung. Grundlage dafür ist die Messung der Laufzeiten regelmäßig abgegebener Ultraschallimpulse. Die Ultraschallimpulse der am zum messenden Körper befestigten Sender, werden von fest im Raum installierten Empfängern registriert (Abb. 1).
Zur Messung des Kniegelenkes werden 2 Ultraschallsender je oberhalb und unterhalb des Kniegelenkes befestigt. Über die Laufzeiten werden die Abstände der Sender zu den Empfängern ermittelt. Diese werden EDV-gesteuert in rechtwinklige karthesische Koordinaten umgerechnet und online in den unterschiedlichen Projektionen grafisch auf dem Terminal dargestellt. Aus diesen Daten werden verschiedene Parameter errechnet: Kniegelenkwinkel, Winkelgeschwindigkeit, Winkelbeschleunigung und Roll-Gleit-Verhalten des Kniegelenkes.
Den ersten 3 Parametern sind die folgenden Charakteristika gemein: Die Kurven sollen regelmäßig, rhythmisch und rund sein. Dies spiegelt eine optimale Effizienz der arthro-neuro-muskulären Einheit wieder. Jede Abweichung bedeutet mehr Energieaufwand pro Schritt, besonders wenn es zu Beschleunigungsspitzen im Bewegungszyklus kommt. Neben diesen zyklischen Parametern gibt uns das Rollgleiten im Kniegelenk Aufschluss über die Kraftverteilung auf die künstliche Oberfläche.

Lagerungs- und Verbandstechniken

Der unmittelbare postoperative Verlauf hängt von der optimalen Lagerung und von den Verbandstechniken ab. Ziele der Lagerung und des Verbandes der unteren Extremität nach Kniegelenkendoprothetik sind: Verminderung/Vermeidung von Schmerz, Schwellung und Druckulzera sowie Erhalt der intraoperativ erreichten Streckfähigkeit.
Es gelten einfache Grundregeln für die Lagerung: Schmerzfreiheit bei maximaler Entstauung und möglichst strecknaher Position des Kniegelenkes. Die beste Lagerung ist immer ein guter Kompromiss. In den ersten Tagen kann die Lagerung in einer Schiene hilfreich sein, um möglichst unwillkürliche Bewegungen für das Kniegelenk (vor allen Dingen Rotation) zu vermeiden.
Durch Hochlagerung, Kompression und rezidivierende Kälteanwendung (Abschn. 4.2) können Schwellungszustände durch intraartikuläre Ergussbildungen und/oder Lymphabflussstauungen vermindert bzw. deutlich gebessert werden. Hierbei ist der postoperativ angelegte Kompressionsverband im Kornährenmuster des Beines die beste Grundlage. Der gut angepasste Kompressionsverband sollte bis zum ersten Verbandswechsel belassen werden. Dann kann klinisch entschieden werden, ob man auf Antithrombosestrümpfe, meistens der Kompressionsklasse I umsteigen kann. Kontraindikationen sind allenfalls allergische Reaktionen des Patienten auf das verwendete ATS-Material oder Durchblutungsstörungen, die durch die Kompression verstärkt werden könnten.

Frühmobilisation

Nach komplikationslos verlaufener Operation ist die Mobilisation – je nach Alter und Gesamtzustand des Patienten – schon nach wenigen Stunden in der Regel möglich. Diese sog. postoperative Mobilisation wird schrittweise aufgebaut: Es beginnt mit Aktivierung der Wadenpumpe (Anziehen und Strecken des Sprunggelenkes). Dann folgt ein beidseitiges synchrones Beugen und Strecken der Kniegelenke, soweit es das operierte Knie zulässt. Der 3. Schritt mobilisiert den Patienten durch Aufrichten mit Stabilisierung des Kreislaufes an die Bettkante.
Es folgt das Stehen vor dem Bett und erste Schritte am Gehwagen unter der vom Operateur vorgegebenen Belastung. Die Mobilisation kann individuell und unter Einhaltung der entsprechenden Vorgaben von Tag zu Tag gesteigert werden. Nach jeder Mobilisation empfehlen sich mindestens 30 Minuten Pause. Ziel ist es, so schnell wie möglich mit 2 Unterarmgehstützen sicher auf ebener Erde und „auf der Treppe“ gehen zu können.
Ein weiterer Hauptbestandteil der frühen Rehabilitation ist die sog. CPM-Therapie („continuous passiv motion“), welche mehrfach täglich eingesetzt werden kann. Dabei sollte der Patient während der gesamten Behandlungszeit schmerzfrei sein. Unter dieser Kautele ist eine fraktionierte CPM-Therapie mit bis zu 4- bis 6-mal 30 Minuten besser als 2- bis 3-mal 1 Stunde.

Postoperative Physiotherapie und physikalische Therapie

Grundlagen

Ein großer Anteil des Erfolges einer Knieersatzoperation ist abhängig von der physikalischen Therapie. Die operative Versorgung entfernt die erkrankten knöchernen Anteile, synovektomiert und sorgt möglichst für achsgerechte Verhältnisse und eine ligamentär stabile Gelenksituation.
Das lange vor dem Eingriff schon gestörte muskuläre Gleichgewicht und die vorbestehende Reizung des Kapselbandapparates wird durch die OP im Sinne eines „second hit“ verstärkt. Dazu kommt die postoperative Schwellneigung des Gelenkes und/oder der gesamten Extremität. Auch die Nachbargelenke und die „gesunde“ Gegenseite werden passager mehr belastet. Nur genaue Kenntnis der motorischen Körperfunktionen ermöglichen den effektiven Einsatz aller physikalischen Therapiemaßnahmen.
Die Prothese ist ein Verschleißteil mit begrenzter Lebenserwartung. Schaffen wir optimale Belastungsbedingungen, können wir davon ausgehen, dass der operative Eingriff zu einer langen Standzeit führt. Jeder Patient bringt dabei individuelle Möglichkeiten mit, die sehr vom Vorleben abhängen: Wie sportlich war der Patient? Wie sind seine Hebelverhältnisse in Hüfte, Knie- und Sprunggelenk? Wie sehr wurde die Beinachse verändert? Wie lange war der Krankheitsverlauf vor dem Eingriff? Sind andere Gelenke betroffen? Welcher Zugang wurde gewählt? Gab es postoperative Komplikationen?
Inhalte der physikalischen Therapie sind zunächst die Reduktion von Symptomen, die für den Patienten primär limitierend sind. Dabei ist an erster Stelle der Schmerz zu nennen und in zweiter Linie die Bewegungseinschränkungen. Hier ist freie Streckung und mindestens 90° Beugung das mittelfristige Therapieziel. Darüber hinaus müssen Schwellung und Entzündung reduziert und die muskuläre Balance wiederhergestellt werden.
Über die Beseitigung der oben genannten Symptome hinaus, ist die Etablierung der optimalen Funktion eine Grundlage für die lange Standzeit der Knieprothese. Die bei dem Patienten bestehenden Symptome sind durch klinische Untersuchungen leicht zu eruieren. Dagegen muss die gestörte Funktion durch Funktionsmessungen festgestellt werden.
Das Ergebnis sollte eine Bewegung sein, die in jedem Falle regelmäßig, rhythmisch und rund (sinusförmig) ist.
Dies gilt nicht nur für die Bewegung in einem Gelenk, sondern auch für die Koordination von mehrgelenkigen Bewegungsketten, die in unserem Alltag die Regel sind.
Tipp
Bewegung fängt im Kopf an!
Die Aufgabe unseres Gehirns als Bewegungszentrale ist es eine effektive Bewegung zu etablieren. Dafür nutzt unsere Bewegungszentrale eine Vielzahl von Eindrücken, visueller, vestibulärer aber hauptsächlich somato-sensorischer Art. Die Muskulatur ist der am besten zu beeinflussende Teil des somato-sensorischen Systems. Daher ist die Muskulatur das Zielorgan der physikalischen Therapie.
Wir finden hier eine große Anzahl von Rezeptoren, die verschiedene Aufgaben haben:
  • Typ Ia, wie die primäre Muskelspindel, die Muskellänge und Veränderung kontrolliert;
  • Typ Ib, den Golgi Sehnenapparat, der für die Muskelspannungsoptimierung zuständig ist;
  • Typ II, die sog. sekundäre Muskelspindel, die einen weiteren Kontrollmechanismus für die Muskellänge darstellt;
  • Typ IIb, Spindelendungen, die für die Erfassung von tiefem Druck und Tiefensensibilität zuständig sind;
  • Typ III, freie Nervenendigungen sind für Schmerz, aber auch gleichzeitig für die Anpassung an Trainingseffekte/Therapieeffekte notwendig;
  • Typ IV, die reinen freien Nervenendigungen, die hauptsächlich Schmerz leiten.
In der Rehabilitation richten sich alle Maßnahmen nach dem Krankheitsfolgemodell der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Hier wird unterschieden zwischen Schädigung, Fähigkeitsstörung und letztendlich verbleibender Behinderung und Beeinträchtigungen (Impairment, Disability, Handicap).
Die Schädigungen, die wir rund um das Kniegelenk erfahren, sind vor allem muskuläre Veränderungen. Diese sind zugangsbedingte und reflektorische Muskelschwäche, insbesondere der Streckmuskulatur und reflektorische Verkürzung der Beinbeugemuskulatur. Intraoperativ kommt es aber auch zur Schädigung sowohl des Femurs als auch der Tibia. Die durchgeführte Synovektomie oder Teilsynovektomie führt zur vorübergehenden Schädigung der Produktion von Synovialflüssigkeit (quantitativ und qualitativ).
Verbliebenes Resthämatom führt zur konsekutiven Reizung der Gelenkkapsel und damit zur Störung der neuromuskulären Rückkopplung. Darüber hinaus bestehen Vorschädigungen und intraoperative Reizungen des Kapselbandapparates. Vor allem an Innenband, Außenband und den beidseitigen Retinacula patellae.
Die Fähigkeitsstörung (Disability) beinhaltet Störungen der Belastbarkeit der Fortbewegung und daraus resultierend der Selbstversorgung. Ein verbleibendes Handicap behindert vor allen Dingen die Wiederherstellung der physischen Unabhängigkeit der Mobilität und der Möglichkeit der sozialen Integration.
Disability und Handicap können nur durch ein stringentes, patientenindividuell abgestimmtes Rehabilitationskonzept vermieden werden.
Vornehmlichstes Ziel der physikalischen Therapie ist dabei die Wiederherstellung einer möglichst optimalen Funktion des operierten Gelenkes durch Beseitigung der „weichteiligen“ Begleitschädigungen an Muskeln und Kapsel-Bandstrukturen.

Integratives Modell der Gelenkfunktion

Bewegung funktioniert nach einem integrativen Modell der Gelenkfunktion. Dabei ist Bewegung schlussendlich nur das Endprodukt einer langen Kette neuronaler Verschaltungen, die mit dem Bewegungswillen im Frontalhirn beginnt. Dann erfolgt die Weiterleitung in die prämotorischen und motorischen Areale des Großhirns. Multiple Verschaltungen mit assoziativen Zentren, dem Kleinhirn sowie dem limbischen System modellieren die Bewegung, bevor das Ereignis sichtbar ist.
Im Einzelnen ergibt sich Bewegung aus der organisierten Hemmung und Ansteuerung aller gelenkführenden Muskeln. Häufige Bewegungswiederholungen (z. B. beginnend mit kleinen Bewegungsausschlägen und geringer koordinativer und Kraftbelastung) führen zur Ausbildung von Bewegungsalgorithmen, die in einem Musternetzwerk verschaltet werden.
Dieses wird beeinflusst durch Drogen (auch Schmerzmedikamente) und durch entsprechende absteigende Signale. Afferenter Impulse, z. B. Trainingsreize optimieren das System durch positive Rückkopplung. Das Ergebnis wird an die Motorneurone weitergegeben und es entsteht das Bewegungsmuster. Dieses ist im Prinzip durch Rechts-Links-Symmetrie (wobei sich das „Gesunde“ dem „Kranken“ im Sinne einer pathologischen Symmetrie anpasst) und hohe Ausführungseffizienz bestimmt. Diese Effizienz zeigt sich nach außen messbar in Regelmäßigkeit, Rhythmik und Rundheit der Bewegung sowohl im betroffenen Gelenk als auch in den Nachbargelenken. Das ist die Grundlage für eine möglichst optimale, energiesparende Belastung des künstlichen Kniegelenkes (Abb. 2).
Das integrative Modell der Gelenkfunktion beinhaltet bezüglich der Formschlüssigkeit Vorgaben, die durch den Operateur bestimmt sind. Dazu gehören intakte knöcherne Lager und eine genaue Implantation sowie eine ausgewogene Balance der Ligamente und daraus resultierend ein ausgeglichener Spannungszustand der Faszien und der Kapsel.
Bei der Kraftschlüssigkeit setzt die physikalische Therapie ein. Hier werden optimale Muskelfunktionen gefordert. Diese bestehen aus ausdauernden isotonischen und koordinierten isometrischen Kontraktionen. Ermöglicht wird dies durch eine Optimierung der intramuskulären Abstimmung (Kontrolle und Optimierung durch EMG).
Ein weiterer Baustein ist die motorische Kontrolle. Diese bezieht sich vor allen Dingen auf die optimale Koordination zwischen den für das Gelenk und die angrenzenden Gelenke zuständigen Muskeln (intermuskuläre Optimierung). Dieses führt dann zur adäquaten Kraftübertragung auf die artikulären Strukturen im optimalen Punkt und ergibt die notwendige Verteilung der Belastung auf eine optimale Fläche.
Wie oben schon angesprochen, darf die neuronale Kontrolle nicht außer Acht gelassen werden. Physikalische Therapie in der Rehabilitation ist nur erfolgreich, wenn ein konstanter und akkurater afferenter Input der Mechanorezeptoren in den Gelenken und den das Gelenk umgebenden Strukturen sowie eine adäquate Interpretation des afferenten Inputs zu einer angemessenen motorischen Antwort führt. Ist dies nicht der Fall, sprechen wir von Ansteuerungsstörung. Diese ist klinisch häufig nicht nachweisbar und bedarf der funktionellen Messung (EMG-/Bewegungsanalyse).
Aus diesem integrativen Modell der Gelenkfunktion ergeben sich die nachfolgenden Therapiegrundsätze:
  • Stabilität erfordert motorische Kontrolle und die Formschlüssigkeit der passiven Komponenten.
  • Bewegung trägt die aktiven und neuronalen Komponenten, wie z. B. den emotionalen Antrieb in sich und beeinflusst die Stabilität.
  • Die passive Komponente wird durch passive Therapien, wie z. B. Gelenkmobilisation optimiert.
  • Motorische Kontrolle mit integrierter neuronaler Komponente wird über Tonusregulierung therapeutisch beeinflusst (Massagen/manuelle Therapie).
  • Die aktive Komponente der Gelenkfunktion wird über die Aktivierung getriggert (MTT, Stabilisation, mono-und multisegmental).
  • Der emotionale Antrieb (mit der neuronalen Komponente) wird über Körperwahrnehmung angesteuert (Kinästhetik, PNF).

Symptomatische physikalische Therapie

Neben der medikamentösen Schmerztherapie spielt die physikalische Therapie eine entscheidende Rolle (Abb. 3). Auch hier lässt sich die Aufteilung strukturbezogen verfolgen.
Die Möglichkeiten der physikalischen Therapie sind groß und für jeden Patienten kann die richtige Therapie zusammengestellt werden. Aus Krankengymnastik, medizinischer Trainingstherapie, Wassertherapie, Mechanotherapie, Thermotherapie und Elektrotherapie kann der betreuende Arzt und Therapeut zusammen mit dem Patienten (therapeutisches Team) die individuelle Lösung finden.
Wichtig ist, dass die gesunde Seite immer mittrainiert wird. Der Körper strebt nach Symmetrie und die gesunde Extremität passt sich der kranken an!
Ausgehend von einer vor allen Dingen muskulären Schmerzsituation hilft die Mechanotherapie mit ihren funktionell lockernden Methoden wie die klassische Massage oder die Triggerpunktbehandlung nach Marnitz (Gutenbrunner und Glaesener 2007).
Krankengymnastisch können Funktionsmassagen, vorsichtige mit kleinen Bewegungen arbeitende manuelle Therapie an den betroffenen, dem Muskel zugehörigen Gelenken sowie die Querdehnung der Muskulatur und die progressive Muskelrelaxation nach Jacobsen zum Einsatz kommen.
Unter Thermotherapie werden alle Kälte- und Wärmeanwendungen zusammengefasst. Unter der Vorstellung eines akuten Ereignisses, sollten im Bereich der Muskulatur eher Kälteanwendungen stattfinden. Dies ist jedoch sehr abhängig vom Gefühl des Patienten und von seinem bisherigen Therapieerfahrungen.
Der Vorteil bestimmter Kälteanwendungen ist die Herabsetzung der Nervenleitgeschwindigkeit und die damit verminderte Schmerzempfindlichkeit. Wird die Kälte mit Druck kombiniert, kommt es zu reflektorischer Öffnung aller Gefäßsysteme (venös, arteriell und lymphatisch) und in dem betroffenen Bereich der Muskulatur, zu einer gewollten vermehrten Durchblutung, verbessertem Abtransport von Schlackestoffen über alle Gefäßsysteme.
Bei eher chronischen Verläufen hilft Fango oder heiße Rolle, je nachdem ob großflächig oder punktuell Wärme zugeführt werden soll. Problematisch ist die leichtere Ansprechbarkeit der Muskelspindel, die nach der Behandlung zu unkontrollierten Muskelverspannungen führen kann.
In der Elektrotherapie ist bei liegenden Implantaten Hochvolt zur Behandlung der Muskulatur bei Schmerzen und Verspannung indiziert. Unterhalb der Schmerzgrenze könnten in der medizinischen Trainingstherapie die Antagonisten der verspannten Muskulatur trainiert werden. Dies führt reflektorisch zu einer Detonisierung der Muskulatur der Agonisten.

Physikalische Therapie bei ligamentären Schmerzen am Kapselbandapparat

Die auch durch Operationsinstrumente gedehnten Bandstrukturen verursachen zumeist Schmerzen an den tibialen und femoralen Bandansätzen. Zur Behandlung in der direkt postoperativen Phase ist die Krankengymnastik die wichtigste Therapieform. Dabei kommen verschiedenste manuelle Techniken zur Anwendung (Abb. 4). Propriozeptives Training sollte von Anfang an mit eingebaut werden. Insbesondere sollten auch die häufig verkürzte Beinbeugemuskeln gedehnt werden.
Die führende „Elektrotherapie“ beim Kapselbandschmerz ist der Ultraschall. Er kann einen periartikulären Schmerz (z. B. Periost Tibia, Ansatz und Verlauf M. tibialis anterior) senken, sollte aber nicht im Bereich der eingebrachten Prothetik eingesetzt werden.
Die Phonophorese kombiniert mit Hochvolt und Ultraschall ist eine Möglichkeit entzündungshemmende und schmerzstillende Dermatopika leichter durch die Haut zu transportieren (prothesenfern).
In der Massage hat gelenknah die Querfriktion eine hohe Wirksamkeit. Ziel ist es die Fibrinverklebungen im entzündlichen Gebiet zu lösen und die lokale Durchblutung zu verbessern. Das schmerzende Band oder der schmerzende Kapselanteil wird quer zur Faserrichtung tiefenmassiert.
Die Massage nach Marnitz hilft Triggerpunkte in der Muskulatur zu behandeln, um den Muskelzug auf den Kapselbandapparat zu reduzieren.
Für die Thermotherapie von Kapselbandstrukturen gilt dasselbe wie bei der für die Muskulatur. Eher akute Veränderungen sollten mit Kälte, eher chronische mit Wärme behandelt werden. Ziel ist die Senkung der Nervenleitgeschwindigkeit und die Steigerung der lokalen Durchblutung.

Physikalische Therapie bei postoperativer Bewegungseinschränkung

Unterschiedlich ausgeprägte präoperative Gelenkdestruktionen liefern unterschiedliche postoperative Bewegungseinschränkungen und erfordern eine individuelle Therapie (Abb. 5). Es macht hat daher Sinn, schon präoperativ die verkürzten und für die Bewegungseinschränkung mitverantwortlichen Strukturen zu identifizieren.
Letztendlich sind bei der postoperativen Mobilisationsbehandlung alle Formen der Krankengymnastik in unterschiedlichen Kombinationen sinnvoll. Dazu gehören vor allem postisometrische Relaxation, PNF (propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation), CPM („continuous passiv motion“), ADL-Training (ADL, „activities of daily living“) und Gangschulung.
In der MTT (medizinische Trainingstherapie) wird in die eingeschränkte Bewegungsrichtung geübt und damit der Antagonist trainiert. Bei Flexionseinschränkung im Kniegelenk erfolgt das Training der Beinbeuger zunächst im offenen System, d. h. mit Gewichtsbelastung über den Unterschenkel ohne Kraftübertragung über die Fußsohle. Im 2. Schritt folgt dann auch die symmetrische Kräftigung beider Bewegungsketten (Beugung und Streckung) im geschlossenen System auf der Beinpresse oder auf dem Ergometer. Bei noch nicht optimaler Flexion kann hier durch Nutzung einer verkürzten Pedalkurbel (ab ca. 70° Flexion möglich) frühzeitig auch mit einem gleichzeitigen Ausdauer- bzw. Herz-Kreislauf-Training begonnen werden.
Die Mechano- und die Thermotherapie sind als zusätzliche Maßnahmen der Verbesserung der Beweglichkeit geeignet. Bei der Terriermassage handelt es sich um eine Massage der reflektorisch verspannten Muskulatur, in Abhängigkeit von der Gelenkstellung.
Die klassische Massage arbeitet detonisierend am verspannten Muskel. Ist die Ursache der Bewegungseinschränkung eine Schwellung im Gewebe, kann diese über Lymphdrainage (nach Thromboseausschluss) abgebaut werden.
Auch die Chirotherapie kann eine Verbesserung der Schmerzsituation erreichen. Am Knie ist dies häufig bei Blockierungen des Wadenbeinköpfchens möglich. Hilfreich kann eine Infiltrationstherapie auf neuraltherapeutischer Grundlage oder eine Schmerzpunktinfiltrationen sein.

Physikalische Therapie bei muskulärer Schwäche und Atrophie

Ärztlich sind stützende Maßnahmen (z. B. Bandagen oder Orthesen) und Gehhilfen abzuwägen, um vorübergehend die Belastung zu minimieren und dem muskulären Zustand anzupassen.
Die physikalische Therapie bei muskulären Atrophien umfasst vor allen Dingen die MTT mit Krafttraining, Ausdauertraining und Koordinationstraining. Die Grundregel ist: Kontraktion der Muskulatur nur unter der Schmerzschwelle.
In der Krankengymnastik sollte mit Energietechniken und Vojta beim Grad 0–1, mit Isometrie ab Kraftgrad 2 gearbeitet werden. Ansonsten empfiehlt sich, so früh wie möglich der Versuch mit PNF koordinativ in die Diagonale zu arbeiten.
Manuelle Stabilisation segmental und übersegmental sind im weiteren Verlauf eine wichtige Therapie. Ein Kompensationstraining soll dem Patienten helfen, andere Muskelgruppen für die geschwächte Muskulatur einzusetzen.
Mit der Elektrotherapie kann die Faradisation des innervierenden Nervs oder der betroffenen Muskulatur durchgeführt werden. Für den ambulanten Bereich haben sich Muskelstimulationsgeräte wie z. B. das Polystim bewährt. Hochvolt kann als reine Spannungsapplikation beim Implantat auch als Muskeltrigger eingesetzt werden.
Im Wasser wird unter Abnahme der Körperschwere frühzeitig ein Ausdauertraining z. B. Aquajogging durchgeführt. Dabei werden auch die koordinativen Möglichkeiten verbessert (Abb. 6).

Physikalische Therapie bei Schwellungen „rund ums Knie“

Die Schwellung ist eines der Hauptsymptome nach Knieendoprothetik. Dabei ist zwischen intraartikulären (z. B. Gelenkerguss) und extraartikulären Ursachen für die Schwellung (u. a. postoperative Weichteilschwellung, Lymphödem) zu unterscheiden. Meist ist das endoprothetisch versorgte Kniegelenk über die gesamte Rehabilitationsphase regelhaft über mehrere Wochen leicht geschwollen und überwärmt. Dies kann auch zum Verlust der intraoperativ gewonnen Beweglichkeit führen und bedarf daher immer einer entsprechend gezielten Therapie.
Eine Differenzialabklärung der Schwellung steht immer am Anfang der Therapie.
Bei deutlichem intraartikulären Gelenkerguss ist die Punktion ein wesentlicher diagnostischer und schmerzstillender Faktor, reicht aber alleine aufgrund der immer begleitend auftretenden reflektorischer Reaktionen (z. B. reflektorische Schwäche des Kniestreckapparates, Tonuserhöhung der Beugemuskulatur) nicht aus.
Im Vordergrund stehen abschwellende/schmerzlindernde Medikamente und damit das breite Spektrum der Antiphlogistika.
Die physikalische Therapie bei Schwellung ist sehr wirkungsvoll und besteht vor allem aus der Mechanotherapie mit Lymphdrainage und kompressiven Verbänden. Sind die Schwellungen rückläufig, kann auch mit maschineller Lymphdrainage, wie z. B. mit Hydroven weitertherapiert werden.
In der Thermotherapie führt die Kältetherapie, als elektrotherapeutische Maßnahme kommt frequenzmodulierte Hochvolttherapie in Frage.
In der Krankengymnastik sollte so früh wie möglich mit einem Bewegungstraining zur Aktivierung der Muskelpumpe begonnen werden, was gleichzeitig als Antithrombosetraining anzusehen ist. Antithrombosestrümpfe (Kompression), Hochlagern und mehrfach tägliche Kühlpackungen sind assistierende Maßnahmen (Abb. 7)

Funktionelle physikalische Therapie

Grundlagen

Das Kniegelenk ist ein band- und muskelgeführtes Gelenk, bei dem zwei sehr unterschiedlich konfigurierte Oberflächen miteinander kommunizieren. Dabei ist die Oberfläche des Femurs deutlich größer als die der Tibia. Daraus resultiert als innere Kniegelenkkinematik eine Kombination aus Rollen und Gleiten.
Die Bewegungsmöglichkeiten des Kniegelenks sind Beugung und Streckung sowie Rotation nach innen und nach außen. Das Knie spricht in typischer Weise auf Erkrankungen an. Die Streckmuskulatur, die entwicklungsgeschichtlich jünger ist, neigt zur Abschwächung. Mit zunehmendem Druck in der Gelenkkapsel (u. a. durch Ergussbildung) geht zunächst die Kraft des Vastus medialis, dann des Vastus lateralis, dann des Rectus femoris und dann des Intermedius langsam verloren.
Die Beugemuskulatur neigt als entwicklungsgeschichtlich ältere Muskulatur zur Verkürzung bei intra- und periartikulären Prozessen.
Rein biomechanisch gesehen geht das Kniegelenk beim Gang durch eine Stand- und Schwungphase. Eine initiale strecknahe Stellung des Kniegelenks beim Fersenkontakt, geht über in eine Beugung unter Körperlast in eine Endstreckung beim Zehenabdruck (10–20°). Dann wird eine Schwungphase von 50–60° eingeleitet. Mit der 3D-Ganganalyse kann die dynamische Funktion der operierten Extremität sehr gut quantitativ erfasst und im Vergleich zur Norm bewertet werden (Abb. 8).
Ein weiteres quantitatives Messverfahren zur Beurteilung der muskulären Funktion nach knieendoprothetischer Versorgung ist die Oberflächen-EMG-Diagnostik. Als Rehabilitationsziel gewünscht ist eine gleichmäßige Muskelinnervation von rechter und linker Seite auf hohem Niveau und über die gesamte Zeit des Gangzyklus. Danach sollte eine Muskelrelaxation auf die zu Beginn vorherrschenden Ruhetonuswerten erfolgen.
Erfasst werden können im EMG Links-/Rechtsdifferenzen über 20 %, ein unterschiedliches Timing des muskulären Anspannens, ein unterschiedliches Abfallen des Kontraktionsniveaus und mangelndes Entspannen nach Kontraktion („Nachfeuern des angespannten Muskels“).
Die funktionelle Testung erfolgt mittels EMG nach Elektrodenanlage (Oberflächen-EMG) wie folgt: Der Patient führt eine definierte Bewegung aus: Streckung und Beugung beider Knie im Hängesitz für den Vastus medialis und Beugung und Streckung beider Kniegelenke in Bauchlage für die ischiokrurale Muskulatur. Die Ausführung sollte mit geringer Anstrengung und mit größtmöglichem Bewegungsausmaß erfolgen.
Die Auswertung erfolgt durch qualitative Betrachtung der muskulären Ansteuerung in der konzentrischen, exzentrischen und in der Bewegungsumkehrphase. Zusätzlich abgeleitete Impulse stehen für zentrale und intramuskuläre Ansteuerungsstörungen.
Aus der Analyse der EMG-Kurven (Abb. 9) lassen sich für die funktionelle Rehabilitation konkrete Handlungsempfehlungen ableiten. Dabei ist zu beachten, dass die Beinbeuger immer einen messbaren Tonus haben und regulierend auf die Kniestreckung einwirken, während die Streckmuskulatur während der Beugung komplett abschaltet.
Da die betroffene Kniebeugemuskulatur nach Eingriffen oder Schädigung am Kniegelenk eher zur Verkürzung neigt, sollte diese bei Mehrfeuerung im Funktionstest, immer gedehnt werden. Durch exzentrisches Training (Belastung des Muskels unter Verlängerung) kann dadurch die Aktion der Beinbeuger in der Streckphase verbessert werden.
Für die Streckmuskulatur gilt: Kräftigen der weniger stark feuernden Muskelgruppe. Koordinatives Training für stark unregelmäßig feuernde Muskelaktionen. Der Fokus liegt je nach Störung vermehrt im konzentrischen oder exzentrischen Training oder in der Beübung der Bewegungsumkehrphase.

Funktionelle Physikalische Therapie nach 3D-Bewegungsanalyse

Therapeutisch wichtig sind die Standphasenstörungen. Neben dem Verlust von Regelmäßigkeit, Rhythmik und Rundheit (Sinus) der Kurven gibt es individuell unterschiedliche Störungen im Standphasenverlauf:
  • keine Standphasenamplitude,
  • zu kleine Standphasenamplitude,
  • Knie bei Fersenkontakt gebeugt,
  • Knie bei Zehenabdruck gebeugt.
Störungen der Standphase führen zu unphysiologischer Kraftverteilung und höherer Beschleunigungsbelastung pro Schritt. Der Patient braucht für jeden Schritt mehr Energie.
Funktionelle physikalische Therapie der Standphasenstörungen
Zur Reetablierung der optimalen Standphase, sollte ein Standphasentraining durchgeführt werden.
Standphasentraininig
1.
Aufteilung der Standphase in einzelne Phasen
  • Beüben Fersenkontakt strecknah
  • Beüben Lastübernahme
  • Beüben Übergangsphase zur Schwungphase
  • Training als Einzelwiederholungen
 
2.
Zusammengesetzt als Umkehrphasentraining
Strecknah Fersenkontakt mit nahezu gestrecktem Kniegelenk, Übergang zur Lastaufnahme oder von der Lastaufnahme Übergang zur Endstreckphase oder von der Endstreckphase Übergang in die Schwungphase oder von der Schwungphase Übergang in den Fersenkontakt mit nahezu gestrecktem Kniegelenk.
 
3.
Variation der technischen Umsetzung
  • Zeitlupentraining mit möglichst langsamer Ausführung der Übungsaufgabe
  • Bei motorischer Beherrschung dieser Übung, zusätzlich Gewichtsbelastung, bei muskulären Defiziten oder
  • verstärkte Koordinationsbelastung mit Übungen auf instabilen Untergründen, bei koordinativ bedingten Störungen
  • Koordination und Kraft können beim Fortgeschrittenen kombiniert werden
  • Dann erst Steigerung der Bewegungsgeschwindigkeit
  • Steigerung des Bewegungsumfanges erst langsam dann schneller
 
Funktionelle physikalische Therapie für die Beinachsenstabilität
Vorgehensweise wie beim Standphasentraining, jedoch jetzt genaueres Augenmerk auf Einhaltung der Beinachse in Bezug auf Rotation und Seitstabilität:
  • Zunächst langsame Übungsausführung und Aufteilung der Übung in einzelne Phasen, dann Training der Übergangsphasen, dann des gesamten Ablaufes, erst in Zeitlupe, dann entweder mit externem Widerstand oder höheren koordinativen Anforderungen.
  • Dann gegebenenfalls Kombination aus Koordination und Kraft, dann erst Steigerung der Bewegungsgeschwindigkeit und/oder Bewegungsumfang.
  • Bei Hypomobilität zusätzlich manuelle Therapie des Kniegelenkes und des Hüftgelenkes mit Entkopplung Wirbelsäule/Becken und Detonisierung desTractus iliotibialis.
Funktionelle physikalische Therapie des Gleitens im Kniegelenk
Ausgehend von dem Beugewinkel, ab dem der Gleitanteil zunimmt, sollte ein Krafttraining zunächst mit kleinen Bewegungsausschlägen im Sinne eines Umkehrphasentrainings begonnen warden. Es gilt eine Steigerung der Kinästhetik und ein Bewusstwerden der jeweiligen Stellung des Kniegelenks im Raume zu schaffen:
  • Steigerung: zusätzliche externe Krafteinleitung, vom Kraftausdauertraining bis zum submaximalen Krafttraining,
  • Steigerung der koordinativen Beanspruchung,
  • Kombination aus Kraftausdauer und Koordination oder submaximaler Kraft und Koordination,
  • Steigerung des Bewegungsweges in Richtung des zunehmenden Gleitanteiles.
Funktionelle physikalische Therapie des negativen Rollens
Das negative Rollen ist ein Rollen gegen die Bewegungsrichtung und damit die schädlichste Bewegung für die Kniebinnenstrukturen.
Ausgehend von der Überlegung, dass das negative Rollen eine Zwangsbewegung des Kniegelenkes durch Bewegungseinschränkung auch im Rotationsbereich ist, sollte beginnend in dem Kniegelenkwinkelbereich, in dem das Rollen in das negative Rollen oder Gleiten und in negatives Rollen übergeht, eine manuelle Therapie auch in der Rotation (innen und außen) durchgeführt werden.
Da die Rotation ein elementarer Bestandteil der Kniebewegung ist und sich über den gesamten Bereich der Kniebeuge streckt, sollte die manuelle Therapie alle 10° Kniebeugung in Rotation wiederholt werden. Im Anschluss an die manuelle Therapie kann eine Tonisierung und eine Therapie wie bei der Therapie des Gleitanteiles erfolgen (Abb. 10).

Belastungs- und Sportfähigkeit

Ermüdung – Regeneration – Leistungssteigerung

Jede der oben beschriebenen Therapien ist nur effektiv durch eine optimale Abfolge von Belastung und Regeneration. Dies gilt im besonderen Maße auch für die Belastungs- und Sportfähigkeit in jedem postoperativen Zeitraum.
Neben medizinischem Fachwissen sind sport- und trainingswissenschaftliche Grundlagen zu berücksichtigen. Viele äußere Parameter haben erheblichen Einfluss auf die benötigte Regenerationszeit. Dazu gehören der Trainingszustand, Begleiterkrankungen und postoperativer Verlauf. Ein weiterer Faktor ist die Motivation und der psychische Zustand. Der Mensch ist bis ins hohe Alter trainierbar. Langsamere Reparaturvorgänge im Alter erfordern aber längere Regenerationszeiten.
Ein Problem in der Rehabilitation, im Sport und in den Aktivitäten des täglichen Lebens (ATL) ist es die adäquate Belastung zu finden. Therapieren, Bewegen, Belasten ohne zu ermüden ist ein wichtiger Grundsatz. Bewegungsanalysen haben gezeigt, dass es unter medizinischer Trainingstherapie auch beim Kraftausdauertraining zu gesteigerter Gelenkbelastung kommen kann, ohne dass Stoffwechselparameter oder das Gefühl des Patienten dies anzeigen. Um das zu vermeiden, sollte am Anfang nur vorsichtig gesteigert werden.

Wieviel Regeneration braucht die Struktur/der Patient?

Regeneration kann in Abhängigkeit von der Gewebeart unterschiedlich sein. Es ergeben sich spezifische Ansätze für die Muskulatur, das Herz-Kreislauf-System oder für die passiven Stabilisatoren unseres Bewegungsapparates.
Das plastischste Organsystem in Bezug auf Leistungsadaptation ist die Muskulatur. Schon nach einer Therapie in der MTT sind durch bessere Abstimmung der einzelnen Muskelfasern (intramuskuläre) und der einzelnen Muskeln untereinander (intermuskuläre) Trainings-Therapieeffekte messbar (EMG, Bewegungsanalyse). Es bedarf einer stetigen Steigerung für weitere Therapieeffekte.
Das Herz-Kreislauf-System braucht längeres und regelmäßigeres Training, um Leistungsanpassungen zu zeigen. Am langsamsten stellen sich Sehnen und Bänder auf neue Anforderungen an den Bewegungsapparat ein. Dies liegt daran, dass es sich um bradytrophes Gewebe handelt. Diese passiven Strukturen sind es auch, die in der Rehabilitation die häufigste Ursache für Überlastungssymptome darstellen.
Keine Leistungssteigerung ohne Belastung!
Mit der Thematik Regeneration ist das Prinzip der Leistungssteigerung eng verbunden. Leistungssteigerung erfahren wir nur durch vermehrte Belastung mit entsprechendem Energieverbrauch.
Neben der unterschiedlichen Adaptation der einzelnen Gewebe, ist es die Energiebereitstellung, die eine Leistungssteigerung überhaupt erst möglich macht. Im Prinzip haben wir zwei große Energieträger, Kohlehydrate und freie Fettsäuren. Sie lösen sich praktisch gegenseitig in der Energieversorgung ab.
Die Kohlehydrate sind die akuten Energielieferanten. Wenn die Speicher erschöpft sind, nutzt der Körper zunehmend die in freien Fettsäuren gespeicherte Energie und es treten Verschiebungen im Wasser- und Elektrolythaushalt auf. Die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme der Patienten sollte darauf in der Rehabilitationsphase abgestellt sein. Deshalb wird von Diäten während der Rehabilitation abgeraten.
Rehabilitation mit dem Ziel der Leistungssteigerung heißt aber nicht nur angeleitetes Training. Die durch die Behandlung erreichte Erweiterung der Bewegungsfähigkeit muss vom Patienten auch wieder selbst aktiv benutzt und in seine Bewegungsmuster integriert werden. Ansonsten geht die erreichte Verbesserung wieder verloren („Use it or lose it“). Das neuromuskuläre Anbahnen innerhalb der Behandlung und die Vermittlung geeigneter Eigenübungen an den Patienten sind essenzieller Teil des Gesamt-Rehakonzeptes (Roesch-Löhr und Beyer 2008).

Empfohlene Sportarten

Egal für welche empfohlene Sportart man sich entscheiden, wichtig ist, dass ein sportartentsprechendes und ein allgemeines Ausgleichstraining begleitend durchgeführt wird. Für jede Sportart braucht es unterschiedliche Fähigkeiten.
Die sportlichen Grundfähigkeiten sind Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit und Koordination. Training hilft die sportartspezifischen Anforderungen (Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination) zu realisieren und damit den Lieblingssport belastungsärmer und mit mehr Freude durchzuführen.
Prinzipiell braucht es alle diese Fähigkeiten im Sport im unterschiedlichen Maße. Je anfälliger der Bewegungsapparat ist, desto mehr müssen diese Fähigkeiten ausgebildet sein. In Untersuchungen zu Sportwissenschaft und Rehabilitation, ist die Koordination als wichtigste Fähigkeit bewertet.
Bei der Ausübung von Sportarten sollte nie der Leistungsgedanke im Vordergrund stehen. Der Spaß an der Bewegung und der vorbeugende Charakter der Sportart stehen an erster Stelle.
Sport sollte als Hobbysport und nicht als Leistungssport durchgeführt werden. Das bedeutet regelmäßiges trainieren (ca. 2- bis 3-mal pro Woche, nicht mehr als eine Stunde) ohne erschöpfende Belastung.
Einhaltung sportwissenschaftlicher Grundregeln
  • Aufwärmprogramm vor Aufnahme der Sportart
  • Abkühlprogramm mit Dehnen der hauptsächlich belasteten Muskulatur nach Durchführen der Sportart
  • Nie in Ihren körperlichen Leistungsgrenzbereich gehen und ermüdend belasten. Ausreichend Pausen einhalten. Dadurch werden Verletzungsgefahr und Überlastungsgefahr vermindert
  • Technische Beherrschung der Sportart
  • Ersten Schritte bis zu einem guten technischen Standard mit einem Trainer beschreiten
  • Anpassung der sportlichen Betätigung an die Umweltbedingungen (Wetter!?) und den körperlichen und geistigen Zustand (Konzentrationsschwäche, Erkältung o. ä.)
  • Sportartenempfehlungen sind letztendlich nur Hinweise. Es hängt sehr viel davon ab, wie sehr die Hauptmuskulatur und Ausgleichsmuskulatur trainiert sind
Egal wie hoch der Risikofaktor einer Sportart ist, er kann nicht mit einer hohen Präzision, sondern nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit das Belastungsrisiko der Sportart widerspiegeln. Eine ganz wichtige Voraussetzung ist dabei das gerade bei Sportarten mit erhöhter Sturzgefahr und den daraus folgenden Verletzungsmöglichkeiten eine größtmögliche Vernunft und Voraussicht von Sporttreibenden erwartet wird.
Eine zusätzliche Unterscheidung in Anfänger, Fortgeschrittene und Leistungssportler lässt die Einschätzung der Überlastungsgefahr noch genauer werden:
1.
Anfänger: In diese Gruppe gehört jeder, der eine Bewegung neu erlernt. Dies tut man am besten mit einem ausgebildeten Trainer. Der sollte den Sport als Leistungssportler beherrschen und einen Trainerschein haben (didaktische Schulung). Am Anfang kommen noch viele Fehlbewegungen vor, die eine zusätzliche Überlastungsgefahr darstellen. Je nach Schwierigkeit und Talent ist das Anfängerdasein nach 6–12 Monaten regelmäßigen Trainings (mindestens 2- bis 3-mal/Woche) beendet.
 
2.
Fortgeschrittene: Die Grundlagen der jeweiligen Sportart werden beherrscht und die motorischen Feinheiten trainiert. Die Überlastungsgefahr nimmt bei regelmäßigem Training bis auf einen persönlichen Tiefststand ab. Wurde länger als 1 Monat pausiert, steigt die Überlastungsgefahr wieder an. Langsamer Trainingsbeginn!!
 
3.
Leistungssportler: Der Athlet trainiert täglich und nimmt an Wettkämpfen teil. Als Endoprothesenträger sollte man keinen Leistungssport betreiben.
 
Tipp
Wer Sport will braucht Training: Es gibt nichts Gutes, es sei denn man tut es!!
Nicht empfehlenswert sind alle Sportarten mit hohem Impact (schnellen Richtungswechseln, vielen Sprüngen, extreme Gelenkausschläge), wie
  • Kontakt- und Mannschaftssportarten, z. B. Fußball, Basketball, Volleyball, Handball, Hockey, Eishockey, Rugby, American Football,
  • alle Kampfsportarten,
  • Badminton und Squash,
  • Geräteturnen,
  • Gewichtheben,
  • Fechten,
  • Alpinski auf „Buckelpiste“, Snowboarden.
Empfehlenswert sind alle Sportarten, die regelmäßige, rhythmische und runde Bewegungsabläufe ohne große Beschleunigungen und Rotationen im Knie fordern, wie
  • Schwimmen,
  • Wandern und Walken (am besten mit Stöcken und vorheriger Stilschulung durch Trainer),
  • Radfahren (eher flache Strecken und gute Gangschaltung, damit die Trittfrequenz bei 60–70/min gehalten werden kann),
  • Fitnesstraining (Kraftausdauertraining, 15–20 Wiederholungen, langsame Trainingsgeschwindigkeit, kein Muskelkraft-Maximaltraining),
  • Aerobic und Gymnastik.
Zu den bedingt geeigneten Sportarten zählen (Fortgeschrittenen-Status)
  • Golf, gegebenenfalls mit Einschränkungen im Schwung (Rotationsbelastung),
  • Joggen,
  • Tennis, Tischtennis,
  • Skilanglauf, Alpinski (ohne Maximalbelastung),
  • Reiten,
  • Surfen,
  • Rudern,
  • Inlineskaten, Rollschuh-, Schlittschuhlaufen.

Was ist eigentlich …? (Tipps und Tricks)

Folgende Übersicht soll helfen Untersuchungsverfahren und Behandlungsprinzipien besser zu verstehen.
Übersicht
  • Borgskala
    Subjektive Einschätzung des Anstrengungsempfindens (RPE, rate of perceived exertion) von 6–20 (sehr, sehr leicht =7; sehr, sehr schwer =19). Grundlage der Therapiesteigerung in der MTT und näherungsweise Bestimmung der Herzfrequenz (Skalenwert x10) bei dynamischer Arbeit
  • Cryotron
    Kältetherapie mit CO2, minus 72 °C und 50 bar Druck
  • Elektrotherapie
    Diadynamische Ströme (Bernhard):
    • Niederfrequenter Wechselstrom mit sensiblen vegetativen Effekten und mit analgesierendem und hyperämisierendem Effekt. Nutzt nur eine Halbwelle eines interfrequenten gleichgerichteten Wechselstroms
    • CP-Strom nach Bernhard (Court Période): stark analgesierend und resorptionsfördernd im Wechsel 50/100 Hertz
  • Faradisation
    Therapeutische Anwendung niederfrequenter Reizströme zur Muskelkräftigung
  • Interferenzstrom
    • Mittelfrequenztherapie: analgesierend, hyperämisierend und resorptionsfördernd. Schwebungsstrom als Folge der Interferenz zwischen 2 Wechselstromwellen. Dadurch ergeben sich an- und abschwellende Intensitäten
    • Nach Nemec: gute sensible Verträglichkeit, Senkung des Hautwiderstandes, kann auch über Metallimplantaten verwandt werden
  • Iontophorese
    Nutzung eines konstanten galvanischen Gleichstroms zur transkutanen Applikation von ionisierten oder undissoziierten Dermatopika
  • NMES
    Neuromuskuläre elektrische Stimulation. Elektrische Stimulation des peripheren Nervensystems. Muskelstimulation durch direkte Aktivierung der Motoneurone im gemischten peripheren Nerven zum Eigentraining (siehe Faradisation)
  • Tens
    Transkutane elektrische Nervenstimulation. Analgesieverfahren durch niederfrequente Impuls- und Gleichströme zur Heim- und Selbstbehandlung
  • Ultraschall
    Sonderform der Mechanotherapie. Schallschwingung auch als Impulsschall mit variablen Wattstärken, wirken wie hochfrequente Vibrationen und sind durchblutungsfördernd, schmerzlindernd und gewebelösend
  • Phonophorese
    siehe auch Iontophorese. Transportiert Dermatopika als Ankopplungsmittel durch die intakte Haut an den Krankheitsherd
  • Simultantherapie
    Gleichzeitige Anwendung von Ultraschall und Elektrotherapie. Auch als Phonophorese durchführbar
  • Hochvolt
    Reizung mit sehr kurzen Impulsen und hoher Spannung. Gleiches Wirkspektrum wie herkömmliche Reizströme. Schmerzlinderung, Durchblutungsverbesserung. Vorteil gegenüber dem normalen Reizstrom, keine Verätzungen sowie Behandlung über Metallimplantaten sind möglich. Es besteht eine gute sensible Verträglichkeit.
  • E-Technik nach Hanke
    Behandlungsmethode auf neurophysiologischer Grundlage. Durch die Entwicklung kinesiologische Technik, können angeborene motorische Basismuster aus den ersten Lebensjahren reaktiviert werden. Ziele sind Umprogrammierung der pathogenen Belastungssituationen, Korrektur von muskulären Dysbalancen, exzentrische Dehnung verkürzter Strukturen, Koordinations- und Innovationsschulung
  • Manuelle Therapie
    Korrigiert mittels spezieller Grifftechniken artikuläre Dysfunktionen bei Hyper- und Hypomobilität und daraus resultierende schmerzhafte Affektion der Weichteilgewebe
  • Cyriax
    Einteilung der Störung des Bewegungsapparates in Strukturschäden. Die Befunderhebung lokalisiert die Schädigung an den Strukturen des Bewegungsapparates. Danach erfolgt die Therapie im Gebiet der Schädigung (Kausaltherapie)
  • Maitland
    Durch primär passive Bewegungen wird der Stütz- und Bewegungsapparat untersucht, behandelt und beurteilt. Im Mittelpunkt stehen dabei oszillierende passive Bewegungen, die innerhalb der Mobilisation angewandt werden.
  • Kaltenborn-Evjent
    Behandlung nach der Konkav-Konvex-Regel als Grundlage für das Verstehen des Bewegungsverhaltes im Gelenk. Prüfen des Gelenkspiels, Nutzung von Traktion und Kompression der Gelenkpartner. Bei allen manualtherapeutischen Maßnahmen, kommt es zur Stimulation der Mechanorezeptoren
  • Kraftgrad nach Kendall
    • 0 Keine Kontraktionsmöglichkeit
    • 1 Eine leichte Muskelkontraktion ist fühlbar, Bewegung nicht möglich
    • 2 Sehr schwache Muskelkraft, es kann nur unter Ausschluss der Schwerkraft bewegt werden
    • 3 Schwache Muskelkraft, volles Bewegungsmaß ohne Widerstand gegen die Schwerkraft möglich
    • 4 Leicht reduzierte Muskelkraft, das volle Bewegungsausmaß ist gegen mäßigen Widerstand möglich
    • 5 Normale Muskelkraft, volles Bewegungsmaß gegen starken Widerstand möglich und wird gehalten
  • Massagetherapie
    Manuelle Behandlung mit dosiertem Druck, Zug oder anderen mechanischen Reizen, die lokale oder Fernreaktionen auslösen
  • Funktionsmassage nach Evjent
    Bearbeiten der Muskulatur während der Dehnung, mehrmaliges schmerzfreies Hin- und Herbewegen im Gelenk, während der Dehnbewegung Muskeln mit Handballen gegen Knochen drücken und im Faserverlauf nach proximal schieben
  • Marnitz
    Schlüsselzonenmassagen, werden unter Dehnung der betroffenen Muskulatur mit lokalen, kleinen kreuzförmigen Friktionen im Sinne einer manuellen Tiefenmassage am „Störfeld“ durchgeführt
  • Terrier
    Manipulativmassage, kombiniert kleinflächige Massage mit passiver Muskeldehnung, passiver Gelenkmobilisation und Gelenkspieltechniken
  • Nervenmobilisation (Butler, Maitland, Elvay)
    Standardisierter Spannungstest, um Dehnfähigkeit und Mobilität gegen das umliegende Gewebe bzw. Adhäsion der Nerven zu untersuchen und durch Gelenkmobilisation, Dehnung, Querfriktion, Funktionsmassage unter geringer nervaler Vorspannung oder auch durch abschnittsweise Mobilisierung der Nerven zu behandeln.
  • PNF
    Propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation. Koordinierung physiologischer Bewegungsabläufe, Abbau pathologischer Bewegungsmuster, Normalisierung des Muskeltonus, Muskelkräftigung, Muskeldehnung durch Einübung 3-dimensionaler PNF-Pattern, die sich an Bewegung aus Alltag und Sport orientieren
  • Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen
    Aktive Muskeldetonisation durch Training der Wechselbeziehung zwischen psychischer und muskulärer Spannung
  • Übende Verfahren
    Biofeedbackverfahren mit verschiedensten Indikationen. Schulung der Kinästhetik und der Hirn-Muskelverbindung über EMG oder auch der Schwerpunktverlagerung über die Bodenreaktionskräfte
  • Vojta
    Neurophysiologisch orientiertes Behandlungssystem zur Wiederherstellung angeborener physiologischer Bewegungsmuster, die durch Traumata verloren gegangen sind. Unter anderem durch Einbettung von Muskeln, die bisher in einem pathologischen Ersatzmuster oder gar nicht gearbeitet haben in physiologische Bewegungsketten.

Fazit für die Praxis

Die postoperative Rehabilitation ist ganz essentiell für das funktionelle Outcome nach Primärimplantation und/oder Wechsel einer Knieendoprothese. Für die quantitative Erfassung dieser erzielten Funktion sollten moderne Methoden wie EMG und 3D-Ganganalyse angewendet werden. Nur so kann auch in der Rehabilitation eine Evidenz erzielt werden, um einerseits bestimmte Behandlungsmethoden zu bewerten und andererseits diese auch zu verbessern.
Literatur
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