Ätiologie, Pathogenese, Diagnostik und Therapieprinzipien
Akute Gefäßverschlüsse können durch verschiedene Ursachen entstehen:
Akute
embolische Verschlüsse haben ihre Ursachen zumeist in einer absoluten Arrhythmie bei
Vorhofflimmern, wenn sich intracardiale Thromben gebildet haben.
Aber auch
arterioarterielle Embolien treten auf: Thromben aus vorgeschalteten Aneurysmen spielen eine Rolle (insbesondere das Popliteaaneurysma neigt zu arterioarteriellen Embolien), Embolien aus arteriosklerotisch veränderten Gefäßen (Arteria Carotis-Bifurkation, Arteria femoralis superficialis im Adduktorenkanal) sind beschrieben und können als schmerzhafte Cholesterinembolien insbesondere die Endstrombahn verlegen (Dedow et al.
2002).
Arterioarterielle Embolien und arterielle Thrombosen können auch durch eine chronische Gefäßwandschädigung bei Engpaßsyndromen hervorgerufen werden, die eine eigene Entität unter den Gefäßwandschädigungen darstellen Die häufigeten Engpaßsyndrome sind an der oberen Extremität das Thoracic outlet Syndrom (durch Enge der vorderen oder hinteren Skalenuslücke, durch den zu engen Raum zwischen 1. Rippe und Schlüsselbein oder durch einen zu engen Raum zwischen dem Processus coracoideus und dem Musculus pectoralis minor),
und an der unteren Extremität das Entrapmentsyndrom der A. Poplitea), bei dem Muskelkontraktionen die Arteria poplitea rezidivierend komprimieren und zur Gefäßwandschädigung führen können. Zu den Engpass-Syndromen gehört auch das seltene Trunkus-coeliakus-Kompressionssyndrom (Dunbar-Syndrom) am Ligamentum arcuatum, das zu rezidivierenden Ischämie-Zeichen führen kann, aber extrem selten zu einem Verschluss des Trunkus führt.
Arterielle Embolien bei venösen Thrombosen sind im großen Kreislauf eine Rarität: Sie entstehen (mit Ausnahme der Lungenarterienembolie) nur bei Vorliegen eines Herzwanddefektes (Vorhof- oder
Ventrikelseptumdefekt).
Größere Emboli verlegen typischerweise eine Gefäßaufzweigung, da sich hier der Querschnitt des nachgeschalteten Gefäßes verringert. Am häufigsten sind die Aufzweigung der Arteria femoralis communis in die Arteria profunda femoris und die Arteria femoralis superficialis betroffen. Prinzipiell sind aber an allen Bifurkationen und Trifurkationen embolische Verschlüsse denkbar und zu behandeln.
Arterielle Thrombosen haben demgegenüber ganz andere Ursachen, die im Wesentlichen auf die Virchow'sche Trias zurückgehen: Veränderungen der Gefäßwand (Endothelläsion), Veränderungen der Fließlichkeit und Fließeigenschaften des Blutes (Stase) und Veränderungen der Blutgerinnung können Ursache einer arteriellen Thrombose sein. Während also bei einer arteriellen Embolie meistens ein intaktes Gefäß vorliegt, ist es bei einer arteriellen Thrombose zumeist erkrankt und damit Ursache für den Gefäßverschluß.
Dies erklärt die unterschiedlichen Lokalisationen der beiden Krankheitsbilder. Arterielle Thrombosen treten im Gegensatz zur Embolie nicht an Gefäßaufzweigungen auf, sondern in Provinzen, in denen die Gefäßwände besonders häufig geschädigt sind: Im Adduktorenkanal (Arteria femoralis superficialis), beim Thoracic outlet Syndrom in der Arteria subclavia), beim Gastrocnemius-Kompressionssyndrom in der Arteria poplitea.
Venöse Thrombosen, also der akute Verschluß eines venösen Blutleiters, äußern sich in einer Schwellung und lividen Verfärbung des betroffenen Körperteils oder Organes. Ihre Symptomatik ist mit Außnahme der seltenen Krankheitsbilder „Phlegmasia coerulea dolens“ und „Phlegmasia alba dolens“ weit weniger dramatisch als die eines arteriellen Verschlusses. Die Behandlung besteht vor allem in physikalischen (Hochlagerung, Kompression) und pharmakologischen Maßnahmen (Antikoagulation).
Der Thrombose ist in diesem Buch ein eigenes Kapitel gewidmet.
Eine seltene Ursache einer arteriellen Verschluss-Symptomatik können Gefäß-Verletzungen sein, eine Dissektion der Intima oder eine Gefäßdurchtennung.