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Autoantikörper gegen Desmosomen

Verfasst von: W. Stöcker
Autoantikörper gegen Desmosomen
Synonym(e)
Autoantikörper gegen Stachelzell-Desmosomen; Autoantikörper gegen Desmoglein; Autoantikörper gegen Interzellularsubstanz; Desmoglein-Autoantikörper
Englischer Begriff
desmoglein autoantibodies; prickle cell desmosomal antibodies
Definition
Autoantikörper gegen Bestandteile der Desmosomen (s. a. Autoantikörper bei bullösen Autoimmundermatosen) epithelialer Keratinozyten.
Funktion – Pathophysiologie
Zielantigene sind die Glykoproteine Desmoglein (Dsg) 1 und 3 – für den Zusammenhalt des epithelialen Zellverbandes wichtige, calciumabhängige Adhäsionsmoleküle (Cadherine). Unter anderem die materno-fetale Übertragbarkeit der Erkrankung deutet darauf hin, dass diesen Autoantikörpern eine pathogenetische Rolle zukommt.
Die Störung der Desmoglein-vermittelten Zell-zu-Zell-Kontakte durch Autoantikörper gegen Desmoglein bildet die pathophysiologische Grundlage für die beim Pemphigus zu beobachtende Blasenbildung der Haut bzw. Schleimhaut. In der Subkutis der betroffenen Hautareale befinden sich zahlreiche Plasmazellen, die Antikörper gegen Desmoglein sezernieren. Diese Antikörper durchdringen die Basalmembran und besetzen die Desmosomen im Epithel, wodurch diese ihre „Klebkraft“ verlieren: Es bilden sich intraepitheliale Blasen.
Untersuchungsmaterial
Probenstabilität
Autoantikörper sind bei +4 °C bis zu 2 Wochen lang beständig, bei −20 °C über Monate und Jahre hinweg.
Analytik
In vivo gebundene Antikörper werden durch direkte Immunfluoreszenz in den betroffenen Hautarealen dargestellt. Bei der Bestimmung der Serumantikörper dominieren die indirekte Immunfluoreszenz (Immunfluoreszenz, indirekte) und ELISA (Enzyme-linked Immunosorbent Assay).
Standardsubstrate für den indirekten Immunfluoreszenztest sind Primatenösophagus, -epidermis oder -zunge (s. Abbildungen), Verdünnung parallel 1:10, 1:100 und 1:1000. Intraepithelial findet sich bei einem positiven Ergebnis eine Fluoreszenz der „Interzellularsubstanz“: Eine meist wabenartige, teilweise granuläre, extranukleäre Anfärbung der Stachelzellen.
Autoantikörper gegen Desmosomen, indirekte Immunfluoreszenz mit Substrat Primatenösophagus:
Autoantikörper gegen Desmosomen, indirekte Immunfluoreszenz mit Substrat Primatenzunge:
Allerdings ist es schwierig, mit Gewebeschnitten zwischen Pemphigus foliaceus (Reaktion ausschließlich mit Dsg1) und Pemphigus vulgaris (Dsg3 allein oder Dsg1 und Dsg3) zu unterscheiden, zudem sind die Muster häufig durch unspezifische Reaktionen (z. B. durch Antikörper gegen Keratin) überlagert. Heute gehört die Verwendung rekombinanter Zellsubstrate zum Stand der Technik, je eines mit den maßgeblichen Zielantigenen Dsg1 und Dsg3. Beide werden in humanen Zelllinien synthetisiert, in denen sie posttranslational speziesgetreu und authentisch modifiziert werden. Gemeinsam mit den Gewebeschnitten bilden die transfizierten Zellen ein aussagekräftiges Mosaik, das eine Prima-vista-Diagnose in einem einzigen Testansatz erlaubt.
Entsprechende Antigene finden auch bei der Herstellung moderner ELISA-Reagenzien Verwendung. Dies führt zu Sensitivitäten von 96,0 (Dsg1) bzw. 100 % (Dsg3) bei Spezifitäten von 99,1 (Dsg1) bzw. 99,6 % (Dsg3).
Die Reagenzien sind gleichermaßen zur Primärdiagnostik, zur Beurteilung des Krankheitsverlaufs sowie zur Therapiekontrolle geeignet.
Referenzbereich – Erwachsene
Negativ.
Referenzbereich – Kinder
Negativ.
Indikation
Pemphigus vulgaris ist eine prognostisch ernste Erkrankung der Plattenepithel-tragenden Haut und Schleimhaut, die durch Akantholyse gekennzeichnet ist. Betroffen sind zumeist Erwachsene im Alter zwischen 30 und 60 Jahren, es können aber auch Neugeborene durch diaplazentare Übertragung von Antikörpern erkranken. Bei Pemphigus foliaceus liegen Autoantikörper gegen Dsg1 vor, bei Pemphigus vulgaris findet man entweder Autoantikörper gegen Dsg3 allein oder gegen beide, Dsg1 und Dsg3.
Zur Pemphigusgruppe gehören des Weiteren: Pemphigus vegetans, herpetiformis, erythematosus sowie paraneoplastischer, Medikamenten-induzierter und IgA-Pemphigus (Autoantikörper bei bullösen Autoimmundermatosen).
Interpretation
Patienten mit Pemphigus foliaceus weisen Antikörper gegen Dsg1 auf, die Blasenbildung ist auf die Haut beschränkt.
Bei Pemphigus vulgaris zeigen sich zu Beginn meist nur Autoantikörper gegen Dsg3, die Erkrankung manifestiert sich in diesem Stadium vorwiegend in der Mukosa. Im weiteren Krankheitsverlauf entwickelt jedoch über die Hälfte der Betroffenen auch Antikörper gegen Dsg1, wodurch dann die Epidermis ins Krankheitsgeschehen einbezogen wird. Der Antikörpertiter korreliert mit der Erkrankungsaktivität. Selten sind Antikörper gegen Dsg1 und Dsg3 auch nach Verbrennungen oder bei einem Arzneimittelexanthem nachzuweisen.
Literatur
Dähnrich C, Rosemann A, Probst C, Komorowski L, Schlumberger W, Stöcker W, Recke A, Rose C, Zillikens D, Schmidt E (2009) ELISA using ectodomains of desmoglein 1 and 3 expressed in HEK293 for sensitive and specific detection of pemphigus autoantibodies. In: Conrad et al (Hrsg) From pathogenesis to therapy of autoimmune diseases, Bd 6. Lengerich: Pabst Science Publishers, S 498–499
Mahoney MG, Wang Z, Rothenberger K, Koch PJ, Amagai M, Stanley JR (1999) Explanations for the clinical and microscopic localization of lesions in pemphigus foliaceus and vulgaris. J Clin Invest 103:461–468CrossRefPubMedPubMedCentral
Van Beek N, Rentzsch K, Probst C, Komorowski L, Kasperkiewicz M, Fechner K, Bloecker IM, Zillikens D, Stöcker W, Schmidt E (2012) Serological diagnosis of autoimmune bullous skin diseases: prospective comparison of the BIOCHIP mosaic-based indirect immunofluorescence technique with the conventional multi-step single test strategy. Orphanet J Rare Dis 7:49CrossRefPubMedPubMedCentral