Physikalisch-chemisches Prinzip
Enzymimmunoassays teilen sich in 2 große Kategorien auf: die heterogenen Assays, bei denen eine physikalische Phasentrennung obligat ist und der gebundene oder ungebundene markierte Reaktionspartner gemessen wird, sowie die homogenen Assays, bei denen keine Phasentrennung erforderlich ist und der freie Anteil des markierten Reaktionspartners in Gegenwart des gebundenen Reaktionspartners gemessen wird oder umgekehrt.
Eine andere Klassifizierung unterscheidet kompetitive Assays (
Immunoassay, kompetitiver), bei denen 2 Reaktionspartner (einer von ihnen die zu bestimmende Substanz) simultan oder nacheinander um einen dritten konkurrieren, und nicht kompetitive Assays (
Sandwich-Assay), bei denen die zu bestimmende Substanz von 2 Reaktionspartnern umfangen wird. Die Bindung an beide Reaktionspartner kann simultan (Einschrittassay) oder in 2 Schritten erfolgen.
Ferner werden Assays zum Antigen- von Assays zum Antikörpernachweis unterschieden.
Heterogene Enzymimmunoassays sind meistens als Festphasentests aufgebaut. Eine Komponente der Immunreaktion,
Antigen oder
Antikörper, ist an einen Träger fixiert: Röhrchenwand, Kugel, Magnetpartikel,
Mikrotiterplatte oder Membran. Der heterogene EIA beinhaltet mindestens 2 Arbeitsschritte: Der Antigen-Antikörper-Reaktion folgt die Enzym-Substrat-Reaktion. Klassische Form des Festphasentests ist der
Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA). Darüber hinaus kommen Chemilumineszenz-Immunoassays (CLIA) zum Einsatz, die u. a. auf magnetischen Beads als Festphase basieren. Die unmittelbare Nähe zwischen den mit Antigen beschichteten Beads und den Antikörper in der Lösung führt zu schnelleren Bindungsreaktionen und damit zu verkürzten Inkubationszeiten; weitere Vorteile sind eine hohe
Sensitivität und ein erweiterter
Messbereich im Vergleich zum ELISA. Bei heterogenen Flüssigphasenassays werden gebildete
Immunkomplexe von den ungebundenen Komponenten durch
Adsorption, Fällung,
Immunpräzipitation oder Affinitätsbindung abgetrennt. Heterogene Enzymimmuntests eignen sich zur Bestimmung von Substanzen mit sowohl niedriger (Haptene) als auch höherer Molekularmasse (Antigene, Antikörper). Das Messsignal ist bei diesen Assays direkt proportional zur Konzentration des zu bestimmenden Antigens oder Antikörpers.
Bei den
heterogenen, kompetitiven Enzymimmunoassays konkurriert das
Antigen der Probe mit einer definierten Menge markierten Antigens um die Bindungsstellen eines im Unterschuss vorliegenden spezifischen
Antikörpers, der an eine feste Phase gekoppelt ist. Während der Inkubation stellt sich ein Gleichgewicht zwischen markiertem und nicht markiertem Antigen ein. Je mehr natürliches Antigen die Probe aufweist, umso weniger markiertes Antigen wird gebunden. Bei einer weiteren kompetitiven Methode konkurrieren Festphase-gebundenes Antigen und Antigen der Probe um einen markierten Antikörper. Je weniger Antigen die zu untersuchende Probe enthält, umso mehr markierte Antikörper binden sich an das Festphase-fixierte Antigen (immunenzymometrischer Test). Auch in diesem Fall ist das Messsignal umgekehrt proportional zur Antigenkonzentration in der Probe.
Heterogene, nicht kompetitive Enzymimmunoassays werden auch als Sandwich-Enzymimmunoassays bezeichnet. Die wichtigste Form ist der ELISA, eine Sonderform der Capture-Assays: Hier wird das zu messende
Antigen (
Antigen Capture Assay) oder der zu bestimmende
Antikörper (
Antibody Capture Assay) der Probe zwischen 2 Antikörpern bzw. 2 Antigenen gebunden. Zur Antigenbestimmung wird das Antigen der Probe in einem ersten Inkubationsschritt mit einem an der festen Phase fixierten (Capture-)Antikörper zur Reaktion gebracht. Anschließend werden die ungebundenen Anteile der Probe mit einem Waschschritt entfernt. Je höher die Antigenkonzentration der Probe ist, umso mehr Antigen kann gebunden werden. Im nächsten Schritt reagieren die enzymmarkierten Antikörper mit den
Immunkomplexen an der festen Phase, und nach Beendigung der Reaktionszeit wird überschüssiger Marker mit einem Waschschritt entfernt.
Beim Einschrittassay werden die maßgeblichen Reaktanden simultan inkubiert – entweder die Antigenprobe zusammen mit den enzymmarkierten
Antikörpern und den Festphase-fixierten Antikörpern oder der zu bestimmende Antikörper mit den markierten Antikörpern und dem an die feste Phase fixierten
Antigen. Anschließend werden ungebundene Anteile der Probe weggewaschen, und man lässt die Enzym-katalysierte Farbreaktion ablaufen.
Es existiert eine Vielfalt von Varianten nicht kompetitiver Enzymimmunoassays: Beim μ-Capture-Assay wird speziesspezifisches IgG, das gegen den Fc-Teil des IgM gerichtet ist, an die feste Phase gekoppelt. Hier verankert sich das IgM der Probe. Davon binden die Antigen-spezifischen IgM-Moleküle zugesetztes korrespondierendes
Antigen. Zur Messung der gebundenen Antigenmenge wird ein gegen das Antigen gerichteter, enzymmarkierter IgG-Antikörper hinzugegeben, danach wird gewaschen, und man lässt die Farbreaktion ablaufen (das Antigen kann auch direkt markiert werden, ein Inkubationsschritt wird gespart). Vorteile des μ-Capture-Assay: geringere Antigenabschwächung im Vergleich zur direkten Antigen-Bindung an die Festphase, keine Störung durch
Rheumafaktoren. Nachteil: Für jeden Parameter ist ein spezielles Markierungsreagenz erforderlich, man kann nicht mehrere Analyte im selben Tropfen untersuchen.
Homogene Enzymimmunoassays erfordern keine Phasentrennung, alle Komponenten der Immun- und Substratreaktion sind in Lösung. Bei EMIT (
Enzyme-multiplied Immunoassay) konkurriert das enzymmarkierte Reagenzantigen mit dem unmarkierten
Antigen der Probe um begrenzt zur Verfügung stehende Antikörperbindungsstellen. Dabei ist das enzymmarkierte Antigen in freier Form entweder enzymatisch aktiv und wird nach Antikörperbindung inaktiviert oder umgekehrt. Als Messsignal dient die Änderung der enzymatischen Aktivität. Das Messsignal verhält sich hier proportional oder umgekehrt proportional zur Konzentration des Antigens in der Probe. Beim Inhibitor-labelled EIA ist das Antigen an den Inhibitor eines
Enzyms gekoppelt.
Antikörper gegen das Antigen
blockieren den Inhibitor, sodass dieser den Substratumsatz des Enzyms nicht hemmen kann. Zugabe des Antigens (Probe) entfernt den korrespondierenden Antikörper vom Inhibitor, der nun den Substratumsatz des Enzyms hemmt. Das Messsignal verhält sich hier umgekehrt proportional zur Konzentration des Antigens in der Probe. Bestimmt werden können mit diesen EIA-Techniken vorwiegend Antigene mit niedriger Molekularmasse (Haptene). Bei den immunchromatographischen EIA ist der spezifische Antikörper für das zu bestimmende Antigen an eine feste Phase, z. B. Celluloseacetatfolie, gebunden. Werden die antigenhaltige Probe und das enzymmarkierte Antigen auf die Folie getropft, konkurrieren beide um die begrenzte Anzahl immobilisierter Antikörper und binden sich an diese. Der ungebundene Anteil enzymmarkierten Antigens wandert aus der Reaktionszone, und seine
katalytische Aktivität wird durch Substratzugabe bestimmt. Sie ist direkt proportional zur Antigenkonzentration der Probe. Diese Technik gestattet vor allem die Bestimmung von Antigenen mit großem Molekulargewicht.