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Methamphetamin

Verfasst von: T. Arndt
Methamphetamin
Synonym(e)
Crystal, Crystal Speed, Dextro-Methamphetamin, Meth, Methamphetamin, D-Methamphetamin, N-Methylamphetamin, Metamfetamin
Englischer Begriff
methamphetamine
Definition
Methamphetamin ist im engeren Sinn das (S)-(+)-N-Methyl-1-phenylpropan-2-amin Stereoisomer aus dem Racemat von (S,R)-(±)-Methamphetamin.
Struktur, Molmasse
Übliche Handelsformen sind das flüssige (S)-(+)-Methamphetamin (syn. D-Methamphetamin, C10H15N, Molmasse 149,23 g) bzw. in weit größerem Ausmaß das kristalline Hydrochlorid (S)-(+)-Methamphetamin-HCl (syn. D-Methamphetamin-HCl, C10H15N-HCl, Molmasse 185,69 g).
Wirkung
(S)-(+)-Methamphetamin hat eine ca. 4- bis 5-fach stärkere pharmakologische Wirkung als sein (R)-(-)-Isomer. Seine anregende, leistungssteigernde und Hunger unterdrückende Wirkung wurde lange Zeit pharmazeutisch genutzt, u. a. als Aufputschmittel in der sog. „Panzerschokolade“ im Zweiten Weltkrieg oder als Antidepressivum und Appetitzügler, z. B. als Pervitin, das von 1938–1988 verfügbar war.
Verbreitung
In den letzten Jahren wurden besonders aus dem Grenzgebiet zur Tschechischen Republik (einem der europäischen Schwerpunkte der illegalen Methamphetaminproduktion) steigende Mengen von Methamphetamin sichergestellt. Es handelt sich dabei um z. T. besonders reine Produkte mit hohem Wirkstoffgehalt, die als Crystal Meth gehandelt werden.
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Das hohe Suchtpotenzial, ausgeprägte toxikologische Wirkungen und wiederholte Todesfälle nach Crystal-Meth-Konsum lösten ein weit über die Fachkreise hinausgehendes, anhaltendes Interesse an diesem Wirkstoff aus.
Wurden unter Pervitinmedikation 3–5 mg Methamphetamin (täglich max. 30 mg) oral eingenommen, werden über den typischen nasalen Applikationsweg von Crystal Meth 80–100 mg/Strich (bei Abhängigen 1,0–1,5 g) konsumiert. Dieser Applikationsweg sowie i.v. Injektionen und Rauchen führen, unter Umgehung der ersten hepatischen Metabolisierung (First-Pass-Effekt), zu einer direkten Anflutung hoher Mengen von Wirkstoff im Zentralnervensystem, was für die ausgeprägten psychischen und physischen Schäden durch Crystal-Meth-Abusus verantwortlich gemacht wird.
Metabolite von Methamphetamin sind Amphetamin, p-Hydroxy-Methamphetamin (Pholedrin), Norephedrin, möglicherweise Cathin (alle pharmakologisch wirksam) und weitere Deaminierungs-, Hydroxylierungs- und Konjugationsprodukte (Abb. 1).
Ausscheidungsform und -dauer im Urin sind stark pH-abhängig: normaler 24-Stunden-Urin: bis 43 % Methamphetamin, 4–7 % Amphetamin; saurer 24-Stunden-Urin: 76 % Methamphetamin, 7 % Amphetamin; alkalischer 24-Stunden-Urin: 2 % Methamphetamin, 0,1 % Amphetamin (Baselt 2014).
Halbwertszeit
Mittlere Plasma-Eliminationshalbwertszeit 10 Stunden (6–15 Stunden), mittlere Urin-Eliminationshalbwertszeit ca. 23 Stunden (Baselt 2014).
Untersuchungsmaterial
Blut, Urin, Haare, Mundflüssigkeit, Schweiß, Gewebe.
Probenstabilität
Im Plasma 12 Stunden bei Raumtemperatur, 48 Stunden bei 4 °C und 21 Stunden bei −20 °C. Unter Fluoridzusatz nahm die Blutkonzentration um 18 % innerhalb von 3 Monaten und 31 % innerhalb eines Jahres ab. Stabilität im Urin 6 Monate bei Raumtemperatur und 2 Jahre bei 4 °C bzw. –20 °C (Baselt 2014).
Analytik
Immunoassay (Teststreifen oder mechanisierte Immunoassays für die Amphetamingruppe oder (S)-(+)-Methamphetamin); GC-MS, LC-MS, LC-MS/MS, LC-TOF-MS.
Referenzbereich
Nicht nachweisbar; (therapeutischer Bereich bis 0,1 mg/L), toxisch ab 0,15 mg/L, komatös-letal ab 1–18 mg/L oder 40 mg/L (Schulz et al. 2012).
Indikation
Interpretation
Pharmaka, die zu Methamphetamin abgebaut werden, wie z. B. das Anti-Parkinson-Pharmakon Selegilin, können zu analytisch richtig positiven, aber bzgl. Methamphetamin-Missbrauch falsch positiven Analysenergebnissen führen.
Eine Differenzierung der Stereoisomere von (S,R)-(±)-Methamphetamin bzw. (S,R)-(±)-Amphetamin erfolgt gewöhnlich nicht, könnte aber z. B. bei einer Selegilinmedikation zur Aufklärung beitragen, da Selegilin zu (R)-(-)-Methamphetamin, nicht aber (S)-(+)-Methamphetamin abgebaut wird.
Bewertung
Zu Auswirkungen und Behandlung von Methamphetamin-Missbrauch siehe die S3-Leitlinie „Methamphetamin-bezogene Störungen“ unter www.aezq.de. Methamphetamin ist in Kategorie II des Betäubungsmittelgesetzes gelistet und damit verkehrs-, aber nicht verschreibungsfähig.
Literatur
Arndt T, Stemmerich K (2016) Pseudonorephedrin (Cathin) – Ein Amphetamin-Metabolit? Toxichem Krimtech 83:159–161
Baselt RC (2014) Disposition of toxic drugs and chemicals in man, 10. Aufl. Biomedical Publications, Seal Beach, California
Schulz M, Iwersen-Bergmann S, Andresen H, Schmoldt A (2012) Therapeutic and toxic blood concentrations of nearly 1000 drugs and other xenobiotics. Crit Care 16:R136CrossRefPubMedPubMedCentral