Skip to main content

Vitamin C

Verfasst von: H. Jomaa
Vitamin C
Synonym(e)
Ascorbinsäure; l-(+)-Ascorbinsäure; 3-Oxo-L-Gulonsäure-γ-Lacton; (5R)-5-[(1S)-1,2-Dihydroxyethyl]-3,4-dihydroxy-5-hydrofuran-2-on; E 300
Englischer Begriff
vitamin C; ascorbic acid
Definition
Wasserlösliches Vitamin, das hauptsächlich mit pflanzlichen Nahrungsmitteln aufgenommen wird. Wirkt als unspezifisches Antioxidans und Radikalfänger, zusätzlich als essenzieller Kofaktor von Enzymen bei der Synthese von Noradrenalin, Adrenalin, mehreren Peptidhormonen, Kollagen und Carnitin sowie beim Abbau des Tyrosins. Weiterhin beteiligt an Systemen zur O2-abhängigen Genregulation und epigenetischen Modifikation des Chromatins. Ausgeprägter Mangel führt aufgrund gestörter Kollagensynthese zu Skorbut (bei Kindern auch bezeichnet als Moeller-Barlow-Krankheit).
Molmasse
176,12 g/mol (Ascorbinsäure).
Synthese – Verteilung – Abbau – Elimination
Ascorbinsäure entstammt dem Glukosestoffwechsel und kann von den meisten Tieren, nicht jedoch durch den menschlichen Organismus, synthetisiert werden. Aufgrund der sauren Endiolstruktur (pK = 4,2) liegt Ascorbinsäure bei physiologischem pH-Wert hauptsächlich als Ascorbatanion vor (s. Abbildung).
Die Abbildung zeigt Struktur und Reaktionen der Ascorbinsäure (aus: Heinrich et al. 2014):
Als physiologisches Reduktionsmittel geht Ascorbinsäure durch schrittweise Abgabe zweier Elektronen über das Ascorbylradikal in die oxidierte Form Dehydroascorbinsäure (DHA) über.
Vitamin C ist in den meisten Lebensmitteln enthalten. Hohe Konzentrationen finden sich in pflanzlichen Produkten, insbesondere in Hagebutten, Johannisbeeren, Sanddornbeeren, Kiwis, Paprika, Broccoli, Kohl, Spinat und Zitrusfrüchten. Aufgrund der Oxidationsempfindlichkeit und Wasserlöslichkeit können bei der Lagerung und Zubereitung erhebliche Verluste auftreten. In Lebensmittelen ist neben Ascorbinsäure auch Dehydroascorbinsäure enthalten, die volle Vitaminwirksamkeit besitzt.
Die intestinale Resorptionsrate von Ascorbinsäure beträgt bei einer Dosis von 200 mg ca. 80 %, bei 1000 mg nur noch ca. 50 %. Ebenso nimmt die Reabsorptionsrate in der Niere bei hohen Dosen ab. Die Gewebekonzentration von Ascorbinsäure ist in verschiedenen Organen unterschiedlich (Nebenniere: 550 mg/kg; Gehirn: 140 mg/kg; Leber: 125 mg/kg; Skelettmuskel: 35 mg/kg). Die Ausscheidung erfolgt renal als Ascorbinsäure, Dehydroascorbinsäure, Oxalsäure und andere Metaboliten.
Die Mechanismen der Resorption und Verteilung sind nicht vollständig bekannt. Beteiligt sind die Zwei-Natrium-Ascorbat-Kotransporter SVCT1 und SVCT2, kodiert durch die Gene SLC23A1 und SLC23A2. SVCT1 kommt auf Epithelzellen (u. a. in der apikalen Membran der Enterozyten) vor; SVCT2 zeigt weniger ausgeprägte Gewebespezifität. Dehydroascorbinsäure passiert Zellmembranen durch erleichterte Diffusion über Glukosetransporter (GLUT).
Funktion – Pathophysiologie
Ascorbinsäure besitzt unspezifische antioxidative Eigenschaften und wirkt als Radikalfänger. Außerdem ist Ascorbinsäure an verschiedenen enzymkatalysierten Reaktionen als Kofaktor beteiligt.
In der Nahrung enthaltene Ascorbinsäure verhindert die Oxidation von Fe2+ zu Fe3+ und verbessert dadurch die Eisenresorption im Duodenum. Bei nicht enzymatischen Reaktionen mit verschiedenen Radikalen wird Ascorbat in das relativ reaktionsträge Ascorbyl-Radikal umgewandelt (s. Abbildung). Das Ascorbylradikal wird enzymatisch zur Dehydroascorbinsäure reduziert. Außerdem können 2 Moleküle des Ascorbylradikals zu Ascorbat und Dehydroascorbinsäure disproportionieren. Dehydroascorbinsäure wird durch verschiedene biologische Redoxsysteme zu Ascorbat regeneriert.
Vitamin-C-abhängige Enzyme umfassen 3 Gruppen von Oxygenasen:
1.
Cu2+-haltige Monooxygenasen, die ein Atom eines O2-Moleküls in das Produkt einbauen und das andere durch stöchiometrischen Umsatz von Ascorbinsäure zu H2O reduzieren. Vertreter sind die Dopamin-β-Hydroxylase (Synthese von Noradrenalin und Adrenalin) und die Peptidylglycin-α-hydroxylierende Monooxygenase (Erzeugung der C-terminalen Amidgruppe der Peptidhormone Corticotropin-releasing-Hormon, Wachstumshormon-releasing-Hormon, Thyreotropin-releasing-Hormon, Oxytocin, antidiuretisches Hormon, α- und γ-Melanotropin, Gastrin-releasing-Peptid, Gastrin, Cholecystokinin, Calcitonin u. a.).
 
2.
Fe2+-haltige Dioxygenasen, die beide Atome eines O2-Moleküls in das Produkt einbauen. Ascorbinsäure ist nicht direkt am Reaktionsmechanismus beteiligt, sondern verhindert durch Rückreduktion von Fe3+ zu Fe2+ eine oxidative Inaktivierung des Enzyms. Vertreter sind die am Tyrosinabbau beteiligten Enzyme 4-Hydroxy-Phenylpyruvate-Dioxygenase und Homogentisinsäure-1,2-Dioxygenase.
 
3.
Fe2+-haltige Dioxygenasen, die α-Ketoglutarat als Cosubstrat benötigen. Ein Atom eines O2-Moleküls wird in das Produkt eingebaut, das andere wird durch Umsatz des α-Ketoglutarats in Succinat und CO2 verbraucht. Ascorbinsäure dient ebenfalls dazu, Fe2+ im reduzierten Zustand zu halten. Vertreter sind die an der Kollagensynthese beteiligte Prolyl-4-Hydroxylase, Prolyl-3-Hydroxylase und Lysylhydroxylase; außerdem die an der Carnitinsynthese beteiligte N-Trimethyl-L-Lysin-Hydroxylase und γ-Butyrobetain-Hydroxylase. Die HIF-Prolylhydroxylase (HPH) hydroxyliert O2-abhängig die α-Untereinheit des Hypoxie-induzierten Faktors (HIF) und ist damit an der O2-abhängigen Genregulation beteiligt. „Ten-eleven translocation“-(TET-)Methylcytosin- Dioxygenasen sind beteiligt am Austausch von 5-Methylcytosin gegen Cytosin in der DNA; Dioxygenasen mit einer Jumonji-C-(JmjC-)Domäne dienen der Demethylierung von Lysin- und Argininresten in Histonen. Damit spielt Vitamin C eine Rolle bei epigenetischen Modifikationen des Chromatins.
 
Vitamin-C-Mangel wird beobachtet bei ausgeprägt einseitiger Ernährung, Alkoholismus, schwerer Malabsorption, Tumorkachexie sowie bei Dialysepatienten und Kindern, die mit abgekochter Kuhmilch ernährt werden. Unterversorgung ist mit gegen andere Ursachen schwer abzugrenzenden Symptomen verbunden wie Müdigkeit, Appetitverlust, erhöhte Körpertemperatur und erhöhte Infektbereitschaft.
Skorbut als Krankheitsbild eines massiven Mangels tritt in Einzelfällen (Anorexia nervosa, soziale Isolation) auch in den entwickelten Ländern auf. Symptome sind Gingivitis, perifollikuläre Hämorrhagie, petechiale Blutungen, Blutungen im Bereich der Gelenke, gestörte Wundheilung und Ecchymosen. Als frühe Zeichen gelten Gelenkveränderungen mit Bewegungseinschränkungen. Ätiologisch ist v. a. die gestörte Kollagensynthese von Bedeutung.
Polymorphismen des SLC23A1-Gens können zu erniedrigten Vitamin-C-Spiegeln in Blut und Gewebe bei erhöhter renaler Ausscheidung führen. SLC23A2-Genpolymorphismen haben wenig Einfluss auf die Plasmaspiegel, können aber durch erniedrigte Gewebespiegel das Krankheitsrisiko erhöhen.
Die empfohlene Tageszufuhr liegt bei 20 mg für Säuglinge unter 1 Jahr, 110 mg für erwachsene Männer, 95 mg für erwachsene Frauen, 105 mg für Schwangere und 125 mg für Stillende. Vor der Einnahme von >1 g/Tag wird wegen der prinzipiellen Gefahr der Bildung von Calciumoxalatsteinen gewarnt.
Untersuchungsmaterial – Entnahmebedingungen
Plasma, Serum, 24-Stunden-Sammelurin.
Präanalytik
Die Haltbarkeit von Vitamin C in nicht stabilisierten Proben bei 4 °C beträgt maximal 3 Stunden. Daher sollte die Entnahme mit Röhrchen, die einen Stabilisator enthalten, vorgenommen werden, oder die Zugabe des Stabilisators (z. B. Metaphosphorsäure) sollte kurz nach der Entnahme erfolgen. Im Serum und im Plasma, bei −20 °C bis zu 3 Wochen. Versand von Proben nur tiefgefroren.
Analytik
Neben fotometrischen Bestimmungsmethoden stehen HPLC mit UV-, elektrochemischer oder massenspektrometrischer Detektion.
Referenzbereich – Erwachsene
Gesamt-Vitamin C (Ascorbinsäure + Dehydroascorbinsäure) im Plasma: 4–15 mg/L (23–85 μmol/L). Vitaminmangel bei Konzentrationen <2 mg/L (11 μmol/L). Urinausscheidung von Ascorbinsäure (Erwachsene): 8–27 mg/24 Stunden.
Referenzbereich – Kinder
Nicht verfügbar.
Indikation
Fehl- und Mangelernährung, parenterale Ernährung, Präskorbut, Skorbut, Moeller-Barlow-Krankheit, Hämodialyse.
Interpretation
Plasma- oder Serumspiegel von Ascorbinsäure unter 2 mg/L sind als manifeste Mangelsituation zu interpretieren, Spiegel von 2–3 mg/L als latente Mangelsituation. Spiegel über 3 mg/L sind akzeptabel, bei optimaler Vitaminzufuhr werden Vitamin-C-Konzentrationen von 4–15 mg/L gefunden.
Diagnostische Wertigkeit
Die Konzentration von Vitamin C im Plasma/Serum zeigt eine Abhängigkeit von der Zufuhr. Die Konzentration im Urin hat eine eingeschränkte Aussagekraft zum Versorgungsstatus, da die renale Elimination nicht linear verläuft.
Literatur
Bässler KH, Golly I, Loew D et al (2007) Vitaminlexikon, 4. Aufl. Urban und Fischer, München
Biesalski HK (2016) Vitamine und Minerale. Thieme, StuttgartCrossRef
Camarena V, Wang G (2016) The epigenetic role of vitamin C in health and disease. Cell Mol Life Sci 73:1645–1658CrossRefPubMedPubMedCentral
Du J, Cullen JJ, Buettner GR (2012) Ascorbic acid: chemistry, biology and the treatment of cancer. Biochim Biophys Acta 1826:443–457PubMedPubMedCentral
Figueroa-Méndez R, Rivas-Arancibia S (2015) Vitamin C in health and disease: its role in the metabolism of cells and redox state in the brain. Front Physiol 6:397CrossRefPubMedPubMedCentral
Heinrich PC, Müller H, Graeve L, Löffler G, Petrides PE (Hrsg) (2014) Biochemie und Pathobiochemie, 9. Aufl. Springer, Heidelberg
McCormick DB, Klee GG (2001) Tietz fundamentals of clinical chemistry, 5. Aufl. WB Saunders, Philadelphia