Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese
Die
Angiosarkome (Synonyme:
Hämangiosarkom, Endothelioma malignum
, Hämangioendotheliom
, Reticulosarcoma angioblasticum
) stellen die bekannteste und häufigste Tumorentität unter den malignen endothelialen Gefäßneubildungen dar.
Angiosarkome sind neben dem Rhabdomyosarkom der häufigste maligne Tumor des Herzens mit einem Häufigkeitsmaximum zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Hier überwiegt das männliche Geschlecht (2:1).
In einer Zusammenstellung von 366
Angiosarkomen zeigte sich, dass 1/3 der Tumoren in der Haut, 1/4 im Fettgewebe und der übrige Anteil in soliden Organen manifestiert war (Tab.
1) (Enzinger und Weiss
2001).
Haut | 121 | 33 |
Weichteilgewebe | 89 | 24 |
Mamma | 30 | 8 |
Leber | 31 | 8 |
| 20 | 6 |
Milz | 16 | 4 |
Herz und große Gefäße | 10 | 3 |
Orbita | 10 | 3 |
Pharynx | 13 | 4 |
Andere | 26 | 7 |
Gesamt | 366 | 100 |
Mit dem monoklonalen
Antikörper D2–40, der Lymphgefäßendothelien positiv markiert und in Blutgefäßendothelien negativ bleibt, lassen sich
Lymphangiosarkome und
Hämangiosarkom
e auch immunhistologisch differenzieren. Diese ergänzt die Differenzierung beider Entitäten, die zuvor rein klinisch unterschieden wurden: das
Lymphangiosarkom ist durch sein Auftreten bei vorbestehendem chronischen
Lymphödem, z. B. nach Axilla-Dissektion (Stewart-Treves-Syndrom) definiert. Dabei ist möglicherweise gar nicht das chronische Lymphödem, sondern die Radiatio nach operiertem
Mammakarzinom der pathogenetisch entscheidende Faktor. 50 % der kutanen
Angiosarkome bei Frauen mit Radiatio nach Mammakarzinom weisen kein Ödem und keinen Lymphstau auf (Billings et al.
2004).
Hämangiosarkome treten unabhängig von einem chronischen Lymphödem auf und sind in ihrer Lokalisation nicht auf die Brustwand und die obere Extremität beschränkt.
Die Unterscheidung hat bislang keinen Einfluss auf die Therapie gehabt. Lokal begrenzte Tumoren sollten der operativen Resektion zugeführt, fortgeschrittene Tumoren kombiniert operiert und adjuvant chemotherapiert werden. Im Einzelfall kann auch eine Radiatio erfolgversprechend sein.
Auch
Angiosarkome anderer Regionen können
strahleninduziert sein (z. B. bei Zervix-, Uterus- und
Ovarialkarzinom sowie nach M. Hodgkin) und entstehen dann innerhalb des Bestrahlungsfeldes. Da das Zeitintervall häufig über 10 Jahre beträgt, ist eine exakte Anamneseerhebung bei diesen Patienten äußerst wichtig. Auch
alloplastische Materialien (Schrapnell, Knochenwachs, Polyesterfasern u. a.) wurden als ursächlich für die Entstehung von
Angiosarkomen beschrieben (Jennings et al.
1988).
Das kutane
Angiosarkom betrifft meist ältere Menschen, wobei das männliche Geschlecht bevorzugt betroffen ist. Als prädisponierender Faktor wird hier auch die
UV-Exposition diskutiert (el-Sharkawi
1997).
Die histologische Bestimmung des Abstandes zu den Abtragungsrändern (R-Klassifikation) kann grundsätzlich schwierig sein, da gut differenzierte Anteile eines
Angiosarkoms gleichartig aussehen können wie Normalgefäße.
Auch in palliativer Intention kann durch eine Operation eine Lebensverlängerung möglich sein.
Nach R0-Resektion kann eine adjuvante Chemotherapie sinnvoll sein. Auch neoadjuvante Therapiekonzepte sind versucht worden, eine definitive Wertung kann hierzu jedoch nicht gegeben werden.
Bei Vorliegen von Fernmetastasen kann zusätzlich zur Operation eine
Radiatio, ggf. als Second-line-Therapie eine
Chemotherapie versucht werden (Brennan et al.
2001). Jedoch ist der Stellenwert der Radiatio, ggf. als
simultane Radiochemotherapie in kurativer oder palliativer Intention individuell zu erwägen. Im palliativen Therapiekonzept kann durch die Chemotherapie ein kurzfristiges Ansprechen erreicht werden, das allerdings nicht zu einer Verlängerung der Überlebenszeit führt. Die publizierten Studien zum Einsatz der Chemotherapie bei
Angiosarkomen basieren auf Mesna, Doxorubicin, Ifosfamid und Dacarbazin.
Bei inoperablen Patienten besteht prinzipiell die Indikation zur systemischen Chemotherapie. Wegen der geringen Fallzahl in den einzelnen Berichten sind definitive Vorschläge für ein optimales Chemotherapiekonzept nicht möglich.
Eine strukturierte Nachsorge ist nicht definiert. Doch empfiehlt sich langfristig eine sonographische Kontrolle des Lokalbefundes zunächst in halbjährlichen Abständen, nach 5 Jahren in jährlichen Abständen.
Im Fall eines Rezidivs ist zunächst zu prüfen, ob durch einen erneuten chirurgischen Eingriff eine R0-Resektion erreichbar ist. Diese Situation sollte vor dem Hintergrund einer guten Palliation immer angestrebt werden. Sofern eine R0-Resektion operativ nicht erreichbar ist, kann eine palliative Chemotherapie begonnen werden. Jedoch ist der Stellenwert der Chemotherapie im Rezidiv nicht gesichert.